Neue Ausgabe der HeimatblätterSiegburger NS-Geschichte ist noch nicht aufgearbeitet
Siegburg – Geschichtliche Zeugnisse finden sich manchmal vor der Haustür. Und dennoch ist die Recherche unter Umständen sehr mühsam. Das hat auch Elisabeth Knauer erfahren, die für die neue Ausgabe der Heimatblätter des Rhein-Sieg-Kreises die umfangreichste und, so Jan Gerull, Siegburger Stadtarchivar und mit Kreisarchivarin Claudia Arndt der Redaktionsleiter, „spannendste Arbeit“ beigetragen hat. „Was vom »1000-jährigen Reich« übrig blieb“ ist ihr Aufsatz überschrieben, der den „Bauten aus der nationalsozialistischen Zeit in der Siegregion“ gewidmet ist.
„Es ist noch nicht vorbei“ hätte der Titel auch lauten können, berichtete Knauer bei der Vorstellung des 88. Bandes der Heimatblätter im Stadtmuseum. Immer wieder sei sie bei ihrer Recherche auf „ das große Schweigen“ gestoßen. Denn der ideologischen Befrachtung wie auch dem späteren Umgang mit den Bauten hatte ihr Hauptaugenmerk gegolten.
Autorin setzt ein dickes Ausrufezeichen
Das Theater am Park in Eitorf hat die Henneferin dafür in den Blick genommen, die Siegburger Autobahnraststätte, die Autobahnbrücke bei Aegidienberg, die Thingstätte bei Herchen und schließlich das heutige buddhistische Institut in Waldbröl. Mit einem Reinigungsritual hätten die heutigen Nutzer das einstige Kdf-Hotel vom Ungeist befreit, erfuhr die Historikerin; bis heute gebe es dennoch internationale Gäste, die das Haus nicht betreten. „Zuschütten, abreißen“ seien Impulse angesichts der Thingstätte bei Herchen gewesen, „nur nix damit zu tun haben“. Ein Kunstprojekt mit Schülern und einem amerikanischen Performance-Künstler sollte hier den Ort „dekontaminieren.“
Dass man nach dem Krieg händeringend intakte Gebäude suchte, kann die Autorin gut verstehen. Dass man aber beim ehemaligen HJ-Heim in Eitorf, zunächst Schule und heute das Theater am Park, die Historie nie zum Thema machte, die ehemaligen Schüler, mit denen sie Kontakt aufnahm, von der Vorgeschichte nichts wussten, und dass noch 1989 der damalige Bürgermeister bei der Einweihung des umgebauten Theatersaales davon sprach, das Theater sei als „erste gemeindliche Turnhalle“ geplant gewesen – dahinter setzt sie ein dickes Ausrufezeichen.
Weit weniger problematisch ist die von Dietmar Pertz aufgearbeitete Geschichte der evangelischen Notkirche in Rheinbach, die sich als erste evangelische Kirche im Ort in ein ganzes Bauprogramm für die wachsende evangelische Bevölkerung Deutschlands einfügte. Marianne Viechtbauer ging der Geschichte Straßfelds weiter nach, ohne für die Behauptung, es sei „esu alt wie Kölle“, allerdings Belege zu finden. Der vielfältigen Verwendung des Lüftelberger Tons hat sich Walter Dick forschend und schreibend angenommen; das „Hercher Marckbuch“, ein Dokument zur Nutzung der Wälder an der Sieg, stellt Helmut Fischer vor.
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Dass auch die neue Ausgabe wieder interessant bebildert ist, ist unter anderem Hans Warning zu verdanken, der für seinen Beitrag über die „Besatzungen nach dem Ersten Weltkrieg“ historische Aufnahmen der Waldschenke „Forest Inn“ oder der Siegburger „Rue du Kaiser“ aufgetan hat. Schließlich hat auch Jan Gerull selbst zur Feder gegriffen und „30 Jahre Stadtmuseum“ zum Thema gemacht.
Aus den Unterlagen zu Sitzungen des städtischen Kulturausschusses hat er nicht nur Überlegungen zur Konzeption des Hauses, die Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Exponaten und die archäologischen Arbeiten beim Bau nachgezeichnet, sondern selbst noch Neues erfahren: Um das Museum zu bekommen, musste die Stadt Siegburg damals die Erweiterung des Finanzamts an der Mühlenstraße bauen. Erst dann konnten die Beamten das Haus am Markt räumen.
Die Heimatblätter sind im örtlichen Buchhandel sowie im Stadtmuseum Siegburg zum Preis von 12 Euro erhältlich. Nach Bestellung per Mail – agv@siegburg.de – sendet der Geschichts- und Altertumsverein für Siegburg und den Rhein-Sieg-Kreis den Band auch versandkostenfrei zu.