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„Mich packt das Jagdfieber“Dieser Privatdetektiv überwacht Beschäftigte im Homeoffice

Lesezeit 4 Minuten

Der Privatdetektiv Andreas Simon aus Siegburg, seit 38 Jahren im Geschäft, hat einen Zuwachs an Aufträgen durch die Corona-Krise.

  1. Immer mehr Unternehmen engagieren den Siegburger Privatdedektiv Andreas Simon.
  2. Denn sie zweifeln daran, dass ihre Mitarbeiter im Homeoffice auch wirklich das tun, wofür sie bezahlt werden.
  3. Ein Trend, den auch die jüngste Randstad-Studie belegt.

Siegburg – Klassischer Fall von dumm gelaufen: Ein Mann kauft vormittags Bretter und Schrauben im Baumarkt, baut sich zu Hause ein Carport. Und wird dabei vom Siegburger Privatdetektiv Andreas Simon beobachtet. Denn der wackere Heimwerker hätte eigentlich im Homeoffice sitzen und Büroarbeit erledigen sollen. Längst kein Einzelfall. Arbeitnehmer, die Rasen mähen, Wäsche im Garten aufhängen, einkaufen statt ihren Job zu machen – das komme im Homeoffice häufig vor, sagt Simon. Seine Detektei am Brückberg verzeichnet in der Corona-Krise steigende Auftragszahlen.

Begründeter Verdacht

Immer mehr Unternehmen engagieren den Siegburger, weil sie daran zweifeln, dass ihre Mitarbeiter im Homeoffice auch wirklich das tun, wofür sie bezahlt werden. Ein Trend, den die jüngste Randstad-Studie belegt: 45 Prozent der Chefs in deutschen Unternehmen glauben nicht daran, dass ihre Mitarbeiter zu Hause genauso zuverlässig arbeiten wie im Büro.

Die Rechtslage

Arbeitgeber dürfen Beschäftigte nur überwachen lassen, wenn ein konkreter Verdacht vorliegt. Das geht aus dem Paragraph 32 des Bundesdatenschutzgesetzes hervor. So ist die Erhebung von Daten – etwa Fotografieren – erlaubt, „wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist“.

Liegt der Verdacht auf eine Straftat vor, dürfen personenbezogene Daten nur erhoben werden, wenn „die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung zur Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung nicht überwiegt“. Und: Die Überwachung muss verhältnismäßig sein. Das private Umfeld steht unter besonderem Schutz. (fc)

dejure.org

„Es ist aber nicht so, dass jetzt willkürlich Mitarbeiter beschattet werden“, sagt der Siegburger Detektiv (siehe „Die Rechtslage“). „Es gibt in der Regel einen begründeten Verdacht.“ Zum Beispiel, wenn sich Kunden beschweren, weil der Notdienst oder die Hotline einfach nicht zu erreichen sind. „Telefondienste werden oft ins Homeoffice ausgelagert“, berichtet Simon. „Das kann auch gut funktionieren – muss aber nicht.“ 38 Jahre als Detektiv hätten ihm gezeigt: „Die Menschen brauchen eine gewisse Kontrolle.“ Diszipliniert von zu Hause zu arbeiten sei viel schwieriger, als ins Büro zu gehen: „Dann sieht man den Korb Wäsche und so manch’ anderes, das noch getan werden muss.“

Beschattung über mehrere Tage

Die Überwachung von Arbeitnehmern mache 70 bis 80 Prozent seiner Aufträge aus, berichtet Simon: Wenn geargwöhnt werde, dass im Homeoffice nicht wie vertraglich vereinbart gearbeitet werde; wenn der Verdacht bestehe, dass krank gefeiert werde; wenn Diebstähle bemerkt wurden. Aber auch die Überprüfung von Versicherungsschäden und Unterhaltsstreitigkeiten zwischen Ex-Eheleuten füllen sein Auftragsbuch. Acht bis zehn freie Mitarbeiter beschäftigt der 57-Jährige, der seine Dienste in ganz Deutschland anbietet. Über mehrere Tage beschatten er und seine Mitarbeiter die sogenannte Zielperson und verfolgen sie außer Haus auf Schritt und Tritt.

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Akribisch führen sie Buch über das, was sie sehen, wobei sie sich natürlich an die Gesetze halten müssen: Das Fotografieren zum Beispiel hinter einer hohen Hecke oder mit einer Drohne ist verboten. So hilft manchmal nur das Klingeln an der Tür, wenn sie in Erfahrung bringen wollen, was der oder die Beobachtete denn nun wirklich zu Hause macht. „Aber das geht nur einmal, drei Tage hintereinander können wir nicht klingeln, dann schöpft die Zielperson doch Verdacht. Selbst mit einer noch so guten Legende.“

„Mich packt das Jagdfieber!“

Ob der Bericht des Detektivs zur Abmahnung oder gar zur fristlosen Kündigung führt, erfährt Simon meist gar nicht. Für ihn ist der Fall mit dem Bericht, den er an seinen Auftraggeber übergibt, erledigt. „Ich sehe das ganz emotionslos, eigentlich wie ein Gutachter, der auch nur Fakten dokumentiert“, sagt Simon. Auch wenn er schon das ein oder andere Mal darüber nachdenke, was wohl aus einem Fall geworden ist, Mitleid habe er nicht. Eher im Gegenteil: „Mich packt das Jagdfieber. Ich will den kriegen!“

Der nächste Auftrag ist immer nur einen Telefonanruf entfernt. Ob er fast mitten in der Nacht los muss, um jemanden in der Frühschicht zu observieren, ob er einen Außendienstler quer durch die Republik verfolgen oder den ganzen Tag im Auto sitzen und ein Haus beobachten muss, das erfährt er meist nur wenige Stunden vor dem Einsatz.

Deshalb sei er Privatdetektiv geworden, erzählt der gelernte Kfz-Mechatroniker begeistert. „Die Abwechslung, das Neue haben mich gereizt. In der Autowerkstatt arbeiten, das war mir zu langweilig.“