Die Frage, ob die neue Wache am alten Standort oder auf den Flächen auf der Zange gebaut werden, ist noch immer nicht geklärt. Die Zeit drängt.
RaumnotNeue Wache für Siegburger Feuerwehr muss entstehen – Zwei Standorte stehen zur Debatte
Gott zur Ehr, dem nächsten zur Wehr ist das hehre Motto aller Brandbekämpfer, doch in der Kreisstadt brauchen die Retter selbst dringend Hilfe. Die Feuer- und Rettungswache am Neuenhof ist den Anforderungen einer modernen Wehr nicht mehr gewachsen. Ein Neubau muss her, entweder am alten Standort oder auf Flächen auf der Zange, die eigentlich als Gewerbegebiet entwickelt werden soll.
Co-Dezernent Bernd Lehmann verdeutlichte im Rat, dass die Zeit dränge und die Verwaltung eine Machbarkeitsstudie für das Feld Zange II brauche, um Fortschritte zu machen. Damit fand er allerdings bei der schwarz-grünen Ratsmehrheit kein Gehör: CDU-Fraktionschef Jürgen Becker bestand darauf, man solle zunächst untersuchen, ob sich nicht doch der Altstandort Neuenhof eigne, um schneller zu einem Neubau zu kommen, da sich auf der Zange ein solches Vorhaben sicher nicht vor 2030 realisieren lasse.
„Fatales Signal“ für die Feuerwehr
Eine andere Ansicht vertrat der Technische Beigeordnete Stephan Marks, der eine Eröffnung 2027/28 für realistisch hält. Matthias Horn (FDP) kritisierte, der wichtige Neubau werde immer weiter vertagt, Frank Sauerzweig (SPD) sprach von einem „fatalen Signal“ für die wichtige Institution Feuerwehr.
Feuerwehrchef Torsten Becker bot auf Anfrage der Redaktion eine Besichtigung der mehr als 40 Jahre alten Wache an. Und der Zahn der Zeit hat ordentlich genagt: Gleich vor dem Haupteingang findet sich abgeplatzter Beton an einer Treppe.
Für einen neu angeschafften Anhänger zur Waldbrandbekämpfung ist schon kein Platz mehr, der musste im Keller unterkommen. Die Umkleidespinde im Flur des Haupttrakts und in der Fahrzeughalle sind Becker ein Dorn im Auge. „Die haben da eigentlich gar nichts zu suchen.“ Die beiden Löschgruppen Innere Stadt und Wolsdorf haben sich gemütliche Aufenthaltsräume mit Theken eingerichtet. Aber: „Für 30 Mann pro Löschgruppe sind die viel zu klein.“
Viele Raumdecken weisen feuchte Stellen auf, das gesamte Gebäude, insbesondere das einfache Dach, sei von modernen energetischen Anforderungen weit entfernt. Vor dem Einsatz wird rangiert „Wir platzen aus allen Nähten“, schildert Becker sein drängendstes Problem: Die Fahrzeughalle müssen sich Drehleiter Tanklöschfahrzeuge, Rüstwagen und Co mit dahinter geparkten Anhängern teilen. Ein Reserve-Rettungswagen ist in der Werkstatt abgestellt. Wird etwas dringend gebraucht, müssen die Vehikel erst rangiert werden.
Rettungsdienst als „Sorgenkinder“
Grund zur Besorgnis gibt ihm die Entwicklung bei den hauptamtlichen Kräften: Deren Zahl wird binnen kurzer Zeit von 65 auf rund 90 steigen – Hintergrund sind neue Bedarfspläne und nicht zuletzt Anforderungen des Landes an die Wehr. Regelrechte Sorgenkinder sind für Becker die Kollegen im Rettungsdienst.
Derzeit sind diese in einer Containeranlage im Hof untergebracht und leisten ihre 24-Stunden-Dienste in kleinen, kargen und unpersönlich gestalteten Räumen. „Die wohnen praktisch hier“, sagt der Wehrleiter. Eigentlich könne man mit Mitarbeitern so nicht umgehen. Auch der Ausbildungsraum sei zu klein für die Anforderungen. Nötig wurde das Provisorium wegen Corona, da Rettungsdienst und Feuerwehr nicht mehr auf so engem Raum zusammenarbeiten konnten.
Platz könne nur durch Bau in die Höhe erreicht werden
Allerdings ist ein paar Meter weiter eine weit größere Containeranlage mit zwei Etagen bereits in Arbeit, die in Kürze den Betrieb aufnehmen kann. Für eine Erweiterung am Neuenhof liege eine Planung bereits vor. Um die Nutzfläche von 11.000 auf 16.000 Quadratmeter zu erhöhen, müsse in die Höhe gebaut werden, was das direkt angrenzende Wohngebiet verschatten könnte.
Auch am Bau einer Lärmschutzwand von sechs Metern Höhe werde man nicht vorbeikommen. Ein grundsätzliches Problem sei, außer dem dichten Verkehr in der Innenstadt, dass es nur eine Ausfahrt gebe. Auf der Zange, wo aus Gründen des Hochwasserschutzes ein Meter Erde aufgeschüttet werden müsse, gebe es nicht nur reichlich Platz für die Feuerwehr: „Das Technische Hilfswerk hat die gleichen Probleme wie wir.“
Malteser und DLRG auch in Not
Und auch die Malteser und die DLRG bräuchten ein neues Domizil. Alle würden an der Isaac-Bürger-Straße von der nahe gelegenen B56 profitieren, die schnelle Anfahrten ermögliche. Dazu sind allerdings neue Gerätehäuser in den Stadtteilen wichtig. Vor kurzem wurde eines in Kaldauen eröffnet, das von der Löschgruppe Stallberg mitgenutzt wird.
Gebraucht werden noch Gerätehäuser in Wolsdorf/Innere Stadt, Brückberg und auch in Braschoß. Wolsdorf und Innere Stadt könnten auf dem Parkplatz am Kleiberg unterkommen. Am liebsten wäre Becker, dass auch der Radweg vom Michelsberg hinunter zur Frankfurter Straße/Bahnhof schnell realisiert werde, um den es ziemlich ruhig geworden ist: „So wie in den 50er Jahren“ könnten dann die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr sehr viel schneller bei ihrer Löschgruppe sein als mit dem Auto.
Die Wehr in Zahlen
Ehrenamtlich engagieren sich in der Siegburger Feuerwehr rund 125 Mitglieder, in der Jugendfeuerwehr 80 Kinder und Jugendliche. Hauptberuflich sind 45 Beamte und 25 Angestellte sowie 18 Notärzte beschäftigt. Jährlich fallen rund 1000 Feuerwehr- 10.000 Rettungsdiensteinsätze an. Der Fuhrpark umfasst 35 Fahrzeuge, zehn Abrollbehälter und zehn Anhänger. Die Planung der Wache begann 1975, nach zwei Jahren Bauzeit wurde 1979 Einweihung gefeiert. (ah)