Lange wurde über die Jugendarbeit auf dem Siegburger Brückberg debattiert – jetzt steht dort ein Zirkuswagen. Diese Angebote gibt es für Kinder.
SiegburgNach Streit um Jugendarbeit steht statt Bahnwaggons ein Zirkuswagen auf dem Brückberg
Mit einem Strahlen im Gesicht und einem freundlichen „Hallo!“ betreten die Kinder den Zirkuswagen auf dem Siegburger Brückberg in der Arndtstraße. Es sind viele Stammgäste, die Sirvan Eryigit immer montags bis freitags von 14 bis 17 Uhr begrüßt.
Eigentümer des Wagens ist die Stadt Siegburger, das Evangelische Jugendwerk ist Träger des Angebots für Kinder. Pedalos, Bagger, Stelzen und andere Spielmaterialien stehen vor dem Wagen bereit, drinnen gibt es Brettspiele, Bastelmaterialen und weiteres.
Seit Anfang Januar hat der Zirkuswagen seine Türen geöffnet, willkommen sind Kinder bis 10 Jahre. „Aber ich schmeiße hier keinen raus. Letztens waren 13-jährige bei mir, die haben dann nächstes Mal ihre kleinen Schwestern mitgebracht“, erzählt Eryigit, die von allen nur Momo genannt wird. Der Spitzname, den sie seit Kindheitstagen trägt, kommt aus dem gleichnamigen Roman von Michael Ende. Die äußerliche Ähnlichkeit zu der Hauptfigur war der Grund.
Siegburg-Brückberg: Zirkuswagen wird regelmäßig von OGS-Kindern besucht
Einige OGS-Kinder kämen laut Eryigit nach Schulschluss hierhin, aber auch Vorschulkinder in Begleitung der Eltern würden das Angebot nutzen. „Für uns ist das super praktisch! Die Kinder kommen mal von zu Hause raus, haben ein bisschen Abwechslung und werden von Momo auch sehr gut angesprochen“, berichtet Monika Rempel, eine der Eltern. Für sie und ihre Kinder sei der Zirkuswagen fußläufig zu erreichen.
„Momo, ich liebe dich! Ich weiß schon, dass ich morgen wiederkomme“, sagt eines der Kinder. Viele bunte Basteleien oder gemalte Bilder, die dort entstehen, landen als Andenken vorne auf der Eingangstür. Bei den Bastelarbeiten kommen durchaus kreative Werke zustande. Die Kinder arbeiten mit wertfreien Materialien, wie etwa Parfüm- oder Pralinenverpackungen. Ein Kind hat daraus eine Schatztruhe gebastelt und ganz vorsichtig hier rausgetragen, berichtet Eryigit.
Sicherer Raum: Gemütliche Atmosphäre sorgt für Rückzugsort
Das oberste Gebot im Zirkuswagen ist die Freiheit, jeder darf das machen, was er oder sie möchte. Seine Kinder hier „abzuladen“, ist allerdings nicht erlaubt. „Letztens hat ein Vater seine Kinder hier abgegeben und wollte gehen. So geht das nicht." Die Aufsichtspflicht müsse immer gewährleistet sein, betont die Erzieherin: entweder muss ein Elternteil dabei sein oder die Lehrkräfte der Ganztagsschule diesen Anspruch erfüllen.
Doch der Zirkuswagen sei laut Eryigit auch ein Rückzugsort. Die gemütlich eingerichtete Spielecke biete den Kindern einen geschützten Raum, in dem sie auch Probleme ansprechen können. Die Grundlage sei laut Eriygit gegenseitiger Respekt, man solle ganz man selbst sein. „Die Kinder öffnen sich auch, da gilt es dann zuzuhören“, so die Erzieherin.
Angebot noch bis Ende März
Deswegen sei es auch wertvoll, wenn Kinder ohne Eltern Zeit auf dem Gelände verbringen. Ohne die seien die Kleinen nämlich viel freier. „Die Eltern greifen oftmals zu sehr ins Spielgeschehen ein. Man muss die Kinder einfach mal machen lassen“, so Eryigit.
Die Erzieherin ist sonst mit dem Spielmobil der Stadt Siegburg auf den verschiedenen Spielplätzen unterwegs. Zurzeit hat das Spielmobil allerdings Pause, der Zirkuswagen ist noch bis Ende März geöffnet.
Im Sommer 2019 rollte der Zirkuswagen erstmals auf den Michaelsberg: Dort war der Wagen Teil der jährlichen Zukunftswerkstatt, aber auch sonst gab es dort regelmäßige Angebote. Anfang Juni 2023 wurde der Zirkuswagen auf dem Spielgelände neben dem Bolzplatz auf dem Brückberg aufgestellt.
Vorangegangen war ein politischer Streit um die Jugendarbeit in dem Siegburger Stadtteil. Der Jugendhilfeausschuss hatte für die Jugendarbeit in zwei ausrangierten Eisenbahnwaggons gestimmt, was aber insbesondere von der schwarz-grünen Mehrheit im Rat abgelehnt wurde.
CDU und Grüne hatten sich auch nicht mehr inhaltlich mit einer anderen Anordnung der Waggons auseinandergesetzt, die Sonja Boddenberg, Leiterin des Kinderheims in Wolsdorf, vorgestellt hatte, und die den Bedenken von Anwohnern entgegengekommen wäre.
Stattdessen hatte sich insbesondere die CDU die Argumente der Gegner zu eigen gemacht, darunter Kosten von 500.000 Euro für die Waggons samt Infrastruktur – eine Zahl, die die Stadtverwaltung bestritten hatte –, und eine angebliche Unterschriftenliste der Waggongegner, die im Rathaus allerdings nicht vorlag.