Das sagt der Vorsitzende des Betriebsrats zur aktuellen Situation bei der RSVG.
Beschäftigte am LimitStreit über monatelange Ausfälle bei der RSVG in Rhein-Sieg
Wer für die Fahrt zur Arbeit oder zur Ausbildung auf die Busse der Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft (RSVG) angewiesen ist, muss viel Geduld mitbringen. Immer wieder verspäten sich Fahrten, regelmäßig fallen Verbindungen aber auch komplett aus. Aus einem theoretischen 20-Minuten-Fahrplantakt wird dann ganz schnell ein 40-, wenn nicht sogar ein 60-Minuten-Takt.
„Aufgrund Personalmangels kann der Regelfahrplan nicht bewältigt werden“, lässt die Geschäftsführung des Verkehrsunternehmens regelmäßig von der RSVG-Pressestelle verkünden, zuletzt Ende Juni. Außerdem komme es aufgrund von kurzfristigen Krankmeldungen zusätzlich zu Ausfällen, so heißt es aus der RSVG-Zentrale in Troisdorf-Sieglar.
„Nicht kurzfristige Krankmeldungen sind das Problem, sondern ein erheblicher Personalmangel“, sagt Savvas Papazoglou, der Vorsitzende des RSVG-Betriebsrates. Weil die Politik im Rhein-Sieg-Kreis den öffentlichen Nahverkehr als Teil der Verkehrswende attraktiver machen wolle, sei die Fahrleistung der Busse durch neue Verbindungen und einen engeren Fahrplantakt in den vergangenen Jahren sprunghaft gestiegen.
RSVG-Busse fahren deutlich mehr Kilometer durch Rhein-Sieg
Um 900.000 Kilometer zum Fahrplanwechsel im Dezember 2022, und weitere 500.000 Kilometer seit April dieses Jahres. Und auch mit dem Fahrplanwechsel im Dezember dieses Jahres werde die Zahl der gefahrenen Kilometer weiter deutlich wachsen. „Leider ist die Zahl unserer Fahrerinnen und Fahrer nicht entsprechend mitgewachsen“, beklagt der Betriebsratsvorsitzende. 340 Mitarbeitende im Fahrdienst seien deutlich zu wenig.
Die Folge sei eine erhebliche Mehrbelastung des Personals. „Der Arbeitgeber hält sich schlichtweg nicht an den Tarifvertrag“, sagt auch Kenan Millihuzin auf Anfrage der Redaktion. Der 46-Jährige ist Gewerkschaftssekretär bei Verdi und berät den im vergangenen Jahr neu gewählten Betriebsrat. Der hatte eine von einem früheren Betriebsrat unterzeichnete Betriebsvereinbarung aufgekündigt, die laut Millihuzin „deutlich zuungunsten der Arbeitnehmer ausfiel“.
Konkret geht es dabei um die zulässigen Fahrzeiten pro Monat. 169 Stunden dürfen die Busfahrerinnen und Busfahrer der RSVG durchschnittlich fahren. „Seit der Vereinbarung sind es 185“, sagt Millihuzin. Als Verhandlungen über Neuregelungen scheiterten, sei schließlich eine Einigungsstelle angerufen worden. Seit mittlerweile neun Verhandlungstagen sucht Frederik Brand, stellvertretender Direktor des Kölner Arbeitsgerichts, nach einer Lösung in dem Konflikt – bislang noch ohne Erfolg.
RSVG widerspricht den Angaben des Betriebsrates
Die RSVG widerspricht den vom Betriebsrat gemachten Angaben bezüglich der Dienstzeiten. „Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit beträgt 39 Stunden und ein Dienst ist durchschnittlich 7,8 Stunden lang. Diese Vorgaben werden eingehalten und entsprechen den tariflichen Vereinbarungen“, schreibt Unternehmenssprecherin Melanie Matyschok auf Anfrage. Natürlich gebe es Schwankungen – „wichtig ist aber, dass der Durchschnitt eingehalten wird.“
Auf die Frage, ob sich derzeit Überstunden bei den Busfahrerinnen und Busfahrern der RSVG häuften, fällt Matyschoks Antwort unmissverständlich aus. „Nein“, schreibt die Unternehmenssprecherin.
Auch die hohe Zahl der Abgänge sei falsch. Mitarbeiter seien vor dem Renteneintritt verpflichtet, das Arbeitsverhältnis selbst zu kündigen. „Diese Kündigungen hat der Betriebsrat einbezogen, sodass diese Zahl den tatsächlichen Kündigungen widerspricht“, schreibt die RSVG-Sprecherin.
Elf Kündigungen seien seit dem vergangenen Jahr ausgesprochen worden. „Davon sind es sieben Eigenkündigungen und vier Kündigungen während der Probezeit, da die Leistung nicht unseren Erwartungen entsprach.“ Zehn bis 15 Fahrer würden der RSVG derzeit fehlen. Bei der Ausbildung gebe es Unterstützung von einer ortsansässigen Fahrschule.
Gewerkschaft und Betriebsrat, die den Personalmangel deutlich höher beziffern, hoffen, dass sich die Politik stärker in die Auseinandersetzung einschaltet. „Seit die Medien intensiver über unsere Probleme berichten, werden Politiker von Fahrgästen auf das Thema angesprochen, das bekommen wir mit“, sagt Papazoglou. Da Vertreter der Kreispolitik im RSVG-Aufsichtsrat vertreten seien, hätten sie Einfluss auf die Unternehmenspolitik.
Bislang nicht im Aufsichtsrat der RSVG vertreten sind dagegen die Beschäftigten. Das müsste sich ändern, wenn die Zahl der Beschäftigten die Marke von 500 übersteigt. Auch dieser Umstand könnte eine Rolle spielen, wenn das Fahrpersonal nicht im nötigen Umfang aufgestockt werde, mutmaßt man bei Gewerkschaft und Betriebsrat.