Stromausfall im Rhein-Sieg-KreisViele Betroffene waren über Nina-App nicht erreichbar
Rhein-Sieg-Kreis – Drei Stunden Schlaf, mit der Feuerwehr über die Dörfer und immer wieder Kontakt zum Krisenstab beim Rhein-Sieg-Kreis und in der eigenen Verwaltung, die mit Notstromgeräten arbeitete. So verbrachten die Rathauschefs von Much und Ruppichteroth, Norbert Büscher und Mario Loskill, sowie Bürgermeisterin Nicole Berka (Neunkirchen-Seelscheid) die Zeit des großen Stromausfalls am Wochenende. Am Montag zogen sie ebenso wie Landrat Sebastian Schuster eine Bilanz, und die war durchaus mit Lob und Dank gespickt.
Das Krisenmanagement habe „über Gemeindegrenzen hinaus funktioniert“, stellte Schuster fest. Dennoch gebe es Anlass, über Verbesserungen nachzudenken. So müssten Versorger über alternative Systeme nachdenken, „die im Falle eines Ausfalls greifen“. Das gelte auch, wenn Westnetz am Wochenende alles getan habe, um die Menschen in den Berggemeinden wieder mit Strom zu versorgen.
Tausende hatten keinen Internet-Zugang
Alarmiert worden waren die Menschen am Freitagabend über die Nina-App. Allerdings waren zahlreiche Betroffene nicht erreichbar. Erika und Lothar Machmer aus Neunkirchen-Seelscheid etwa waren von Freitagabend bis Samstag gegen 22.45 Uhr ohne Internetverbindung, auch auf dem Handy. Also hätten sie sich weder über die sozialen Medien informieren noch Warnmeldungen über Nina empfangen können. Anrufen konnten sie selbst nicht, aber einige Telefonate kamen an.
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Später funktionierten SMS. „Was nutzt die beste Warn-App, wenn die Betroffenen nicht erreicht werden können?“, fragte Machmer. Von der Telekom möchte er wissen, ob es nicht möglich wäre, den Funkverkehr und den Internet-Zugang per Notstrom verfügbar zu halten. Die Nachbarschaft habe dieselben Erfahrungen gemacht.
In Ruppichteroth seien Feuerwehrleute mit ihren Einsatzwagen im Schritttempo durch die Dörfer gefahren, berichtet Bürgermeister Loskill, der selbst so unterwegs war. Das DRK hatte in der Grundschule vorsorglich eine Notunterkunft eingerichtet. Lautsprecherdurchsagen seien nur für den Fall geplant gewesen, dass eine weitere Nacht ohne Strom gedroht hätte, erklärte Loskill.
Bis zuletzt hätten Aggregate bereitgestanden, um notfalls die letzten Dörfer zu versorgen. Er sei froh gewesen, dass ab Freitagabend knapp 40 Prozent des Gemeindegebietes mit Strom aus dem oberbergischen Waldbröl versorgt worden seien.
Much verteilte Flugblätter im Informationen
Flugzettel mit Informationen für den Notfall hatte die Gemeinde Much am Samstag in die Briefkästen der Altenheime verteilt. Dort gab es Hinweise auf die Infopunkte der Feuerwehr und auf die von Hilfsorganisationen eingerichtete Notunterkunft.
Für die drei Altenheime und die Lebenshilfe hatte die Gemeinde Notstromaggregate organisiert. Wie viele Aggregate von Feuerwehren, THW, weiteren Hilfsorganisationen und dem Versorger Westnetz im Einsatz waren, konnte Rita Lorenz von der Pressestelle des Kreises nicht nachhalten. Auch sei nicht bekannt, wie viele Maschinen im Kreis bereitgehalten würden.
Notration sollte für zehn Tage reichen
20 Liter Wasser, zweieinhalb Kilo Obst
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe empfiehlt zur Vorbereitung auf den Katastrophenfall, einen Vorrat an Getränken und Lebensmitteln für zehn Tage anzulegen. Also pro Person:
20 Liter Wasser3,5 Kilogramm (kg) Getreide, Getreideprodukte, Brot, Kartoffeln, Nudeln und Reis4 kg Gemüse, Hülsenfrüchte2,5 kg Obst, Nüsse2,6 kg Milch, Milchprodukte1,5 kg Fisch, Fleisch, Eier oder Volleipulver0,357 kg Fette, Ölenach Belieben: Zucker, Süßstoff, Honig, Marmelade, Schokolade, Jodsalz, Fertiggerichte wie Ravioli, getrocknete Tortellini, Fertigsuppen, Kartoffeltrockenprodukte wie Kartoffelbrei, Mehl, Instantbrühe, Kakaopulver, Hartkekse, Salzstangen. (rvg)
Radio mit Batteriebetrieb ist hilfreich
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe rät neben genügend Lebensmitteln für zehn Tage auch zu einem batteriebetriebenen Rundfunkgerät inklusive Reservebatterien, einer Hausapotheke und ausreichend Hygieneartikeln wie Toilettenpapier, Seife, Zahnbürste, Zahnpasta, Campingtoilette, Haushaltspapier, Müllbeutel, Desinfektionsmittel und Haushaltshandschuhen. (rvg)
Kerzen, Streichhölzer, Campingkocher
Bei einem Energieausfall, wie jetzt geschehen, sind die folgenden Dinge von großem Nutzen: Kerzen, Teelichter, Streichhölzer, Feuerzeug, Taschenlampe mit Reservebatterien, Camping-, etwa ein Spiritus- oder Gaskocher mit Brennmaterial, Heizgelegenheit und Brennstoffe. Das BBK empfiehlt, einen solchen Vorrat langsam aufzubauen und ihn „leben“ zu lassen. Das bedeutet, dass er in den Alltag integriert ist und immer wieder verbraucht sowie ausgetauscht wird, damit die Lebensmittel nicht über das Mindesthaltbarkeitsdatum gelagert werden.
Eine ausführliche Info mit Checklisten gibt es unter der Rubrik „Warnung und Vorsorge“ im Internet. (rvg)
Noch am Samstag hat Alexander Laufenberg aus Much-Kreuzkapelle ein Notstromaggregat besorgt. „Bei uns hat die Nachbarschaft gut funktioniert“, schilderte er. Drei Gasflaschen hatte er aus dem Baumarkt mitgebracht, damit seine Nachbarn ihre Gasgrills zum Kochen nutzen konnten.
Die Polizei hatte bis Samstag um Mitternacht verstärkt Kräfte in Much, Neunkirchen-Seelscheid und Ruppichteroth zusammengezogen. Diese fuhren nicht nur Objekte an, bei denen Alarm ausgelöst wurde, sondern zeigten auch Präsenz, um Plünderungen vorzubeugen.
Zudem waren sie laut Polizeipressesprecher Stefan Birk Ansprechpartner für die Bürger an zentralen Orten wie Tankstellen. Unter anderem war eine Einsatzhunderthundertschaft der Landeseinsatzbereitschaft in den Kreis gekommen. Zudem wurde ein Sonderkontrolleinsatz heruntergefahren, um die Kräfte im vom Stromausfall betroffenen Gebiet einzusetzen.
Genaue Ursache für den Stromausfall ist weiter offen
Weiterhin unklar ist, was eigentlich zu dem Kurzschluss im Umspannwerk Hasenbach in Neunkirchen geführt hat. Techniker des Versorgers Westnetz waren auch am Montag in dem Umspannwerk bei der Arbeit. Vor zweieinhalb Jahren fiel schon einmal der Strom in Much, Ruppichteroth und Neunkirchen-Seelscheid aus. Etwa 3000 Menschen waren über Nacht ohne Energieversorgung. Im März 2019 war der Grund für den großflächigen Stromausfall allerdings klar: Sturmtief Eberhard war übers Land gezogen und hatte dafür gesorgt, dass 30 Trafostationen ausfielen.