Der Druck auf die Stadt Troisdorf steigt. Der Bund muss mehr Munition für die Ukraine produzieren.
„So bizarr“FDP-Politikerin wütet in ARD-Tagesthemen gegen Troisdorf wegen Rüstungsfirma
„Dass sich hier das Schicksal der Ukraine entscheidet“, moderiert Tagesschau-Sprecher Ingo Zamperoni den Beitrag über den Rüstungsstandort Troisdorf im Rhein-Sieg-Kreis an. Allerdings lenkt Zamperoni im nächsten Satz auch schon wieder ein: „Das ist wohl ein wenig zu hochgegriffen.“
Dennoch wurden die Pläne für eine große Rüstungsfabrik vor den Toren Kölns bei den Tagesthemen am Montagabend (4. Dezember) im ARD ausführlich besprochen.
ARD-Sprecher Ingo Zamperoni über Rüstungsfirma in Troisdorf: „Munition wird dringend gebraucht“
Der Beitrag machte dabei um die mögliche Bedeutung des Standorts sowie der hier geführten Debatte keinen Hehl. Zamperoni weiter: „Denn zumindest zeigt sich im nordrhein-westfälischen Troisdorf, wie sich Deutschlands globales Engagement und die regionalen Interessen von Kommunen manchmal entgegenstehen.“
Tatsächlich sorgen die Pläne für das Areal zwischen Mauspfad und Rathaus in Troisdorf für reichlich Sprengstoff. Auf dem ehemaligen Werksgelände der Dynamit Nobel AG (DN) soll eine große Rüstungsfabrik entstehen – oder ehrlicherweise „noch größere“, denn auf dem Gelände sind bereits zwei Rüstungsunternehmen angesiedelt.
Eine der beiden Firmen, die Diehl Defence mit Sitz in Überlingen am Bodensee, will nun das restliche Areal erwerben, um Munition herzustellen, „die gerade in der Ukraine so dringend gebraucht wird“, hebt ARD-Sprecher Zamperoni hervor.
ARD-Tagesthemen: Troisdorf ist „traditionell ein Rüstungsstandort“
Die Bundesregierung steht hinter den Plänen der Diehl Defence. Doch Troisdorfs Bürgermeister Alexander Biber sieht das Rüstungs-Vorhaben skeptisch. Viel lieber wolle man hier neue Wohnungen bauen, die im Ballungsraum Köln-Bonn ebenfalls „dringend gebraucht“ werden.
Der Beitrag in den ARD-Tagesthemen macht den argumentativen Druck auf Troisdorf in der Sache deutlich, denn die Stadt „ist traditionell ein Rüstungsstandort“, so der Bericht von Ingrid Bertram.
Bertram spielt damit auf Alfred Nobel an, der mit seiner Firma bereits vor 125 Jahren erstmals Dynamit und Sprengstoffe herstellte und testete.
Rüstungsfirma Diehl Defence setzt Troisdorf mit Verteidigungsfähigkeit Deutschlands gleich
Doch Troisdorf will seine Tradition offenbar hinter sich lassen. Bei dem fraglichen Areal handele es sich um ein „Filetgrundstück“, auf dem nicht nur Menschen sich niederlassen, sondern auch Firmen Arbeitsplätze schaffen wollen, betont Biber gegenüber der ARD.
Diehl Defence, ein Global Player in der Rüstungsindustrie, hält sich bedeckt. In einer Stellungnahme, die den Tagesthemen vorlag, stellt das Unternehmen jedoch kurzerhand die Verteidigungsfähigkeit der Bundesrepublik mit dem Standort Troisdorf in einen direkten Zusammenhang:
Während Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius in einer Bundestagsdebatte generalisierend hervorhob, der Druck auf Deutschland bei der Lieferung von Munition sei groß, geht Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) auf direkten Angriffskurs mit Troisdorf.
FDP-Politikerin mit scharfer Kritik an Troisdorf in den ARD-Tagesthemen
Bund und Länder müssten in der Rüstungsfrage ineinandergreifen, so Strack-Zimmermann sinngemäß in dem Bericht der Tagesthemen. Deshalb sei es „so bizarr“, dass die deutsche Munitionsbeschaffung nun „an einer Kommune scheitert“, so die FDP-Politikerin mit Blick auf Troisdorf.
Der zunehmende Druck auf Troisdorf macht sich unterdessen doch bei den Entscheidungsträgern bemerkbar und sorgt für mildere Töne als noch zu Beginn.
Rüstungsfirma in Troisdorf: Lenkt Bürgermeister Biber ein?
Bürgermeister Alexander Biber zur ARD: „Ich könnte mir ganz gut vorstellen, dass wir uns mit der Firma Diehl Defence darauf einigen können, dass die Stadt Troisdorf Eigentümer dieser Flächen wird. Dass wir aber langfristige Mietverträge, wie dies bisher auch Praxis war, weiterführen.“
Gespräche mit der Rüstungsfirma soll es laut ARD-Bericht bald geben. Ergebnis natürlich offen. Doch dass Troisdorf seine Tradition so schnell ablegen wird, wie vielleicht von vielen Bewohnerinnen und Bewohnern gewünscht, scheint aktuell in weite Ferne gerückt.