Im Prozess gegen einen 35-Jährigen, der im August 2022 einen anderen Mann mit zehn Schüssen verletzte, ist das Urteil gefallen.
Urteil35-Jähriger muss nach Schüssen vor Troisdorfer Bar sechs Jahre in Haft
Die Szene brachte manchen im Publikum zum Lächeln: Ein Vater durfte sein Töchterchen herzen, das ihm seine Frau zur Anklagebank gebracht hatte. Das war für den 35-Jährigen aus Troisdorf wohl der einzige Moment des Glücks an diesem Donnerstagvormittag, denn dann verkündete das Schwurgericht sein Urteil.
Er wurde wegen versuchten Totschlags, gefährlicher Körperverletzung, gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und Verstoßes gegen das Waffengesetz zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt.
Der Angeklagte nahm den Richterspruch mit Zorn zur Kenntnis, konnte sich kaum beruhigen und fiel dem Vorsitzenden Richter bei der Urteilsbegründung wiederholt ins Wort.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Boxer am späten Abend des 31. August vergangenen Jahres in der Kölner Straße in Troisdorf mit einer Pistole auf einen ehemaligen Freund (46) geschossen hat, der in einem Auto saß.
Acht bis zehn Schüsse wurden abgegeben, das Opfer wurde durch ein Projektil in beide Unterschenkel getroffen. Weitere Projektile schlugen in dem weißen Audi des Opfers ein, in Wohnungen, ein Schaufenster und in die Ölleitung eines geparkten Lkw. Der Schwurgerichtsvorsitzende Klaus Reinhoff sprach von einem „Ausbruch von Gewalt“ mitten auf einer belebten Straße.
Schießerei in Troisdorf: Verteidiger kündigte Rechtsmittel an
Der Angeklagte gab acht bis zehn Schüsse ab.Mehrere Patronen schlugen in benachbarte Häuser ein.
Warum? Die Antwort gab der Richter: Es ging um verletzte Ehre. Die früheren Freunde trafen in einer Shisha-Bar aufeinander, stritten zunächst über eine Frau, prügelten sich in der Küche.
Danach vereinbarten die Männer, sich wenig später erneut zu treffen, um die Angelegenheit zu klären. Einer gegen einen, möglicherweise beide mit Waffen.
Schießerei in Troisdorf: Aussage des Opfers war erfunden
Laut Anklage soll der 35-Jährige dort gegen 23 Uhr gewartet haben; als der andere vorfuhr, soll der Angeklagte die Fahrertür geöffnet und zweimal mit einer Pistole auf den Fahrer gezielt haben, doch es habe sich kein Schuss gelöst. Der Staatsanwalt hatte sich auf die Aussage des Opfers gestützt. „Doch das war nicht so!“, stellte die Kammer fest, der 46-Jährige habe das erfunden.
Nach Überzeugung der Richter hat sich die Sache vielmehr so zugetragen: Der Angeklagte wartete zur verabredeten Zeit an der Bar, das spätere Opfer musste mit seinem Wagen an der Ecke Kölner Straße/Hohenzollernstraße stoppen, um einem anderen die Vorfahrt zu gewähren; das bestätigte ein Zeuge.
Als der Wagen wieder anfuhr, feuerte der 36-Jährige los, weil er geglaubt habe, der andere wolle ihn überrollen. Er habe nur das Auto stoppen wollen, nicht aber auf den Fahrer gezielt, erklärte er.
Die Richter nahmen ihm das nicht ab, denn nach der Aussage des Zeugen sei der Audi langsam gefahren, der Fahrer habe beide Hände am Steuer gehabt, konnte mithin keine Waffe in der Hand gehabt haben. Das sei versuchter Totschlag, spätestens mit den Schüssen. Reinhoff: „Diese Aggression, die Sie entfalten, ist erschreckend!“
Das Opfer hatte von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Der Verteidiger des Angeklagten, Carsten Rubarth, kündigte Rechtsmittel gegen das Urteil an.