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Tod durch SterbefastenSo erlebte Angelika Grosch die Zeit nach dem Tod ihres Mannes

Lesezeit 3 Minuten

Ein Karton voller Erinnerungen: Angelika Grosch hat die Veröffentlichungen gesammelt, darunter auch die Zeitungsanzeige zum Jahresgedächtnis.

  1. Ein Jahr ist seit dem Tod von Klaus Grosch aus Troisdorf vergangen.
  2. Das Sterbefasten sei damals für ihn die einzige Möglichkeit gewesen, sein Leben selbstbestimmt zu beenden, bevor ihn seine tödliche Krankheit ALS zu völliger Hilflosigkeit verdammte.
  3. Seitdem entschied das Bundesverfassungsgericht, Sterbehilfe zuzulassen. Seine Witwe sprach mit uns über die vergangenen Monate.

Troisdorf – Als Angelika Grosch den Hörsaal betrat, blickte sie ins Gesicht ihres verstorbenen Mannes: „Seine Todesanzeige war mit dem Beamer riesig groß an die Wand geworfen worden“, erzählt die 70-Jährige. Das Sterbefasten, Klaus Groschs Weg, sein Leben zu beenden, bewegte die Bonner Medizinstudenten, die Professoren, die zahlreichen Zuhörer der öffentlichen Vorlesung und viele Menschen in ganz Deutschland. So erlebt es Angelika Grosch auch heute noch, ein Jahr nach seinem Tod. Und es bewog vielleicht auch das Bundesverfassungsgericht zu seinem Urteil, Sterbehilfe zuzulassen. „Es kam für meinen Mann zehn Monate zu spät“, sagt die Witwe.

Klaus Grosch, der frühere Fregattenkapitän, der Familienvater, der unternehmungslustige, einst sportliche Mann, hatte ALS. Eine tückische, unheilbare Krankheit, die Muskeln bilden sich fortschreitend zurück, der Mensch kann nicht mehr gehen, sitzen, kauen, sprechen, schreiben.

Antrag für tödliches Medikament wurde abgelehnt

Sein Antrag zum Erwerb eines tödlichen Medikaments beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte war abgelehnt worden – auf Direktive des Bundesgesundheitsministeriums. „Ich bin nicht verbittert, aber ich klage an – unseren Staat, der es mir verweigert hat, in Würde zu sterben“, so stand es in der Todesanzeige, die Klaus Grosch selbst verfasst hatte.

Nach dieser Zeitung berichteten viele andere Medien über das Schicksal des Troisdorfers, Tageszeitungen bundesweit, auch der Spiegel und der WDR. Das Bundesinstitut hatte zuvor auch alle anderen Anträge von Sterbenskranken abgelehnt, ablehnen müssen, ergaben die Recherchen.

Diese Praxis stoppte das Bundesverfassungsgericht mit dem Urteil vom 26. Februar: Der Paragraf 217 verstoße gegen das Grundgesetz, so die obersten Verfassungshüter. „Die Freiheit, sich das Leben zu nehmen, umfasst auch die Freiheit hierfür . . . Hilfe zu suchen und Hilfe . . . in Anspruch zu nehmen“, dieses Zitat aus dem Urteil steht in der Gedenkanzeige, die seine Frau und seine Tochter Nadja ein Jahr nach seinem Tod schalteten.

„Endlich können die Menschen in Würde sterben“

„Jetzt endlich können die Menschen in Würde sterben.“ Angelika Grosch faltet die Hände im Schoß, ihre Stimme ist fest, in den Augen schwimmen Tränen. Die Urteilsverkündung im Februar hatte sie weinend vor dem Fernseher verfolgt.

Die Nacht zum 18. April war die schwerste. Sie war hellwach, ging erst gegen 2.40 Uhr ins Bett, „ich habe mich dann 'rübergeheult bis um 3 Uhr“ – vor exakt einem Jahr um diese Zeit hatte die Schwester auf der Palliativstation des Troisdorfer Krankenhauses sie geweckt, am siebten Tag des von Ärzten begleiteten Sterbefastens war ihr Mann verhungert und verdurstet, Todesursache: Organversagen.

Angelika Grosch spricht in der Uni Bonn

Den ersten Jahrestag verbrachten Mutter und Tochter gemeinsam, kamen auf einem Spaziergang an einer Kuh vorbei, „die muhte und muhte“, beschreibt es die Witwe. Sie gebar ein Kälbchen, schleckte es ab. „Leben kommt, Leben geht.“

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So schwer sei die Trauerarbeit, sagt Angelika Grosch, die immer wieder zum Kamin blickt, auf die vielen Fotos ihres Mannes. Doch sie will sich nicht verkriechen, hält Kontakt zu Freunden, Nachbarn, zu ihrem Chor. Und sie spricht über ihre persönlichen Erfahrungen in den schwierigen Monaten von der Diagnose bis zum Freitod. „Mich haben Menschen angerufen, die ich gar nicht kannte“, einige Kontakte blieben. Sie besucht das Trauercafé im Troisdorfer Krankenhaus, sprach auf einer Veranstaltung im Siegburger Café Tod. Und auch im Hörsaal der Bonner Uni. „Als die Diskussion begann, stand ich als Erste auf.“ Ihre Botschaft: „Sterbefasten ist nichts für Weicheier.“