AboAbonnieren

Reifenhäuser in BergheimBeschäftigte protestieren in Troisdorf gegen Werkschließung

Lesezeit 3 Minuten
Acht Männer und zwei Frauen vor einem Werkstor mit einem Protest-Transparent der IG Metall. Rechts im Vordergrund steht ein Fernseh-Kameramann.

Vor dem Werkstor protestierten Beschäftigte und Gewerkschaft am Montagmittag gegen die Schließungspläne.

Gegen die Auflösung des „Blown Film“-Werks in Troisdorf-Bergheim regt sich Widerstand. Zur Kundgebung der IG Metall kamen indes nur wenige Betroffene.

Mit einer Kundgebung hat die IG Metall auf die Ankündigung der Troisdorfer Firma Reifenhäuser reagiert, den Standort der Tochtergesellschaft „Blown Film“ im Industriegebiet Bergheim zum Jahreswechsel aufzulösen (wir berichteten). Die Beschäftigten waren am Montag aufgerufen, in ihrer Mittagspause vor das Werktor in der Hertzstraße zu kommen.

IG Metall beklagt eine Deindustrialisierung in Deutschland

Die Schließungsabsicht stehe symptomatisch für die Deindustrialisierung in Deutschland, sagte der 1. Bevollmächtigte und Geschäftsführer der IG Metall Bonn-Rhein-Sieg, Michael Korsmeier. Ein weiteres Beispiel sei das drohende Aus von ZF in Eitorf, wo es um fast 600 Arbeitsplätze gehe.

„Industrielle Güter und Dienstleistungen sind das Herzstück der deutschen Wirtschaft, sie garantieren den Wohlstand unseres Landes“, heißt es in einem Elf-Punkte-Papier der Gewerkschaft „für ein modernes, innovatives und gerechtes Industrieland“. Von den Arbeitgebern werden Investitionen an den bestehenden Standorten an Stelle von Schließungen gefordert.

Ein Firmenschild des Unternehmens Reifenhäuser vor einer Halle, das zum Teil von Pflanzen überwuchert ist.

Den Standort an der Hertzstraße im Industriegebiet Bergheim will Reifenhäuser schließen.

Bei „Blown Film“ werden Maschinen für die Herstellung von Kunststoff-Folien gebaut. Reifenhäuser plant die Verlagerung der Arbeit, die in Bergheim geleistet wird, auf die beiden anderen „Blown Film“-Werke in Worms und Troisdorf-Sieglar.

Von den bis 80 betroffenen Beschäftigten in Bergheim folgten am Montag nur wenige dem IG-Metall-Aufruf. Trillerpfeifen lagen bereit, blieben aber stumm. Lediglich sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter versammelten sich hinter dem neuen Transparent, das Korsmeier mitgebracht hatte. Aufschrift: „Zukunft oder Widerstand! 100 % Reifenhäuser – 100 % Tarif“.

Mitarbeitende haben im Juni noch eine Prämie bekommen

Montags seien weniger Kolleginnen und Kollegen im Werk, hieß es zu der geringen Beteiligung. Die Rede war aber auch von Angst vor negativen Folgen, wenn man sich an dem Protest beteilige. Bis auf ein Mitglied, das sich nach wenigen Minuten wieder zurückzog, blieb auch der Betriebsrat der IG-Metall-Aktion fern.

Klar zum Ausdruck kam vor dem Werktor indes die Verärgerung und Verwunderung, die der Schließungsplan der Konzernleitung in der Belegschaft ausgelöst hat. Verärgert ist man wegen der späten Information; verwundert, weil „dieser Standort doch immer gute Zahlen geschrieben“ habe. Noch im Juni hätten die Mitarbeitenden eine Prämie für das Erreichen der Umsatzziele bekommen.

Ende vergangener Woche hatte ein Unternehmenssprecher mitgeteilt, dass man sich mit dem Betriebsrat in Gesprächen über die detaillierte Ausgestaltung der Auflösung in Bergheim befinde. Mit dem Schritt wolle sich das Unternehmen strategisch für stabiles Wachstum und Profitabilität mit Blick auf die Marktanforderungen ausrichten.

Auf Anfrage äußerte sich am Montagnachmittag der Betriebsrat: „Der Betriebsrat bedauert die Entscheidung der Geschäftsführung sehr, auch wenn ein Teil der Belegschaft in den Hauptsitz nach Sieglar verlagert wird.“ Diese Entwicklung treffe die Kolleginnen und Kollegen in Bergheim, „die nun mit großer Unsicherheit in die Zukunft blicken“, schwer. „Wir hoffen auf konstruktive Gespräche mit der Geschäftsleitung und setzen uns dafür ein, dass faire und sozialverträgliche Lösungen gefunden werden.“

Betriebsrat und IG Metall wollen mit Innovationsprozess das ZF-Werk in Eitorf retten

Eine andere Strategie fordert die IG Metall. Korsmeier sprach den Innovationsprozess an, den Gewerkschaft und Betriebsrat für das ZF-Werk in Eitorf angestoßen haben. Mit Konzern-Unterstützung hat dort die Arbeitnehmervertretung die Grantiro-Gruppe, ein Bündnis aus Industrie-Experten, Innovationsmanagern und Sanierern, beauftragt, Alternativen zur spätestens 2027 auslaufenden Stoßdämpfer-Produktion zu suchen. „Wir haben die Menschen, die Hallen und die Maschinen“, sagte Korsmeier. „Warum machen wir hier nicht auch einen Innovationsprozess?“