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AusstellungFensterprofile aus Troisdorf eroberten den Weltmarkt

Lesezeit 3 Minuten
Ein historisches Buntglasfenster vor einem modernen Dachfenster; im Hintergrund ein historisches Herrenhaus mit Sprossenfenstern.

Eine kleine Kulturgeschichte des Fensters erzählt das Troisdorfer Museum für Stadt- und Industriegeschichte – in der Ausstellung „Innovation made in Troisdorf – 70 Jahre Kunststoff-Fenster“

Die neue Ausstellung im Museum für Stadt- und Industriegeschichte Troisdorf widmet sich einmal mehr einer bedeutenden Entwicklung der Kunststoffindustrie

Eigentlich könnte Troisdorf mit Stolz und breiter Brust herumlaufen, findet Dr. Pauline Liesen, die Leiterin des Museums für Stadt- und Industriegeschichte Troisdorf (Musit). Schließlich hätten viele wichtige Erfindungen der Kunststoffgeschichte hier ihre Wurzeln. Mit der neuen Ausstellung „Innovation made in Troisdorf – 70 Jahre Kunststoff-Fenster“ rücken die Museumsverantwortlichen eine der wohl bedeutendsten Entwicklungen in den Blick.

Troisdorfer Kuratorin erzählt die Kulturgeschichte des Fensters

Nicht weniger als eine Kulturgeschichte des Fensters hat Kuratorin Bernadette Fischer dafür zusammengestellt; schließlich kämen „Erfindungen nicht aus dem luftleeren Raum“. Und so stellt sie den Rauchabzug, die früheste übliche Öffnung eines Hauses abgesehen von dessen Tür, in die lange Reihe von Entwicklungen, in denen Technik und Kultur eine Verbindung eingehen. Denn immer haben Verarbeitungs- und Produktionstechniken für Fenster auch Einfluss gehabt auf die Architektur.

Zwei Frauen schauen durch ein nachgebautes Fenster. Sie haben die Arme auf der gepolsterten Fensterbank abgestützt.

Kuratorin Bernadette Fischer (links) und Museumsleiterin Dr. Pauline Liesen führten vorab durch die Ausstellung, die am Freitag, 11. Oktober, um 18 Uhr eröffnet wird.

Der Hamburger Fensterbauer Heinz Pasche legte in den 50er Jahren den Grundstein für den Welterfolg aus Troisdorf: Pasche, der Fensterprofile von Kloeckner-Mannstaedt bezog, wollte die Rahmen besser vor der salzhaltigen Seeluft oder gar Gischt schützen. Seine Idee einer Ummantelung trug er bei DN vor – und das mit Erfolg: 1953 meldete er das erste Patent an, 1954 gingen die Fenster in die Produktion.

Das neue Produkt traf auf einen hungrigen Markt: Der Bauboom der 50er Jahre verlangte nach vielen Fenstern; die zunehmend leichter werdenden Fenster unter dem Namen Mipolam Elastik machten auch eine neue Architektur möglich. Unterdessen reiste der Erfinder Heinz Pasche um die Welt, um Fensterbauer zu schulen und seine Entwicklung zu vermarkten. Die neuen Prototypen entstanden zunächst noch in seiner Garage. Nach nur zehn Jahren kam mit dem Trocal 100 das weltweit erste ausschließlich aus Kunststoff gefertigte Fenster auf den Markt.

Mit dem Kunststoff zog auch ein neues Lebensgefühl in Häuser und Wohnungen

„Mit uns können Sie das Streichen streichen“, warben die Hersteller für das pflegeleichte Produkt. Dass damals aber nicht nur in die Fenstertechnik der Kunststoff einzog, macht die Troisdorfer Schau ebenfalls deutlich: Mit elektrischen Geräten und Arbeitsplatten aus Resopal drückte sich hier, so Museumsleiterin Liesen, ein neues Lebensgefühl aus.

Zwei Männer knien neben dem Schaubild einer Produktionsanlage.

Rainer Hardtke (links) und Thomas Korp vom Kunststoffmuseumsverein brachten das Fließbild in die Ausstellung ein.

Dass die Technik im Fenster ebenso wie die kulturgeschichtliche Seite der Kunststoffindustrie so gut anschaulich gemacht werden können, verdanke das Musit dem Verein Kunststoff-Museum Troisdorf, betonten Kuratorin Fischer und die Museumsleiterin Liesen: Männer wie Thomas Korp und Rainer Hardtke aus dem Vereinsvorstand hätten dafür gesorgt, dass auch materielle Zeugnisse erhalten blieben.

Dazu gehört ein sogenanntes Fließbild, das einerseits den Entstehungsprozess der Fensterprofile sehr anschaulich erklärt und andererseits selbst – vor vielen Jahren bei einem Abriss in Sicherheit gebracht – ein Zeugnis der langen DN-Geschichte ist. Eine Geschichte, zu der nicht nur bekannte Welterfolge zählen, wie Hardtke und Korp bei der Vorbesichtigung der Schau erzählten: Das Projekt eines sich selbst im Körper zersetzenden Operationsfadens stoppten die Verantwortlichen relativ kurz vor der Marktreife. Der Käufer der Entwicklung wurde wenig später Weltmarktführer.

Die Ausstellung im Musit auf Burg Wissem, Burgallee, wird am Freitag, 11. Oktober, um 18 Uhr eröffnet.