Sea EyeSeenotrettungsorganisation hat eine Ortsgruppe in Troisdorf
Troisdorf – Etwa 15 000 Menschen haben die Schiffe der Organisation Sea Eye in den fünf Jahren seit der Gründung im Jahr 2015 im Mittelmeer retten können. Wie viele Menschen in dieser Zeit ertrunken sind, nachdem sie vor Krieg und Verfolgung geflüchtet sind, weil sie ein besseres Leben erhofften, das kann niemand genau sagen.
Damit es nicht noch mehr werden, hat sich in Troisdorf eine Ortsgruppe der Seenotretter gegründet. „Jedes Leben zählt“ ist das Motto der Organisation, deren Unterstützer in 14 Ortsgruppen bundesweit, aber auch in Österreich, Frankreich und Luxemburg aktiv sind. „Es muss mehr passieren“, appelliert Hans Werner Meurer, doch sind derzeit alle staatlichen Hilfsmaßnahmen eingestellt.
Regelmäßig beuge die Europäische Union Recht, sagt Meurer, der sich durch jüngste Berichte bestätigt sieht: Statt die Menschen von seeuntüchtigen Booten zu retten, würden diese von Schiffen der Europäischen Grenzschutzagentur Frontex durch gezielten Wellenschlag zurückgedrängt. Das wollen Meurer und seine Mitstreiter Christina Owezarek-Prag und Achim Bayer nicht länger hinnehmen.
Im März dieses Jahre gründeten sie die Sea-Eye-Ortsgruppe. Sie machen sich dafür stark, dass die Stadt Troisdorf zu den bisher rund 170 „sicheren Häfen“ stößt; Kommunen, die sich bereit erklären, Geflüchtete aufzunehmen. Bei ihrem Einsatz zählen sie durchaus auch auf die besondere Beziehung der Stadt zur Seenotrettung: Mit Rupert Neudeck und seiner Frau Christel lebten schließlich die „Urväter“ der zivilen Seenotrettung in der Stadt; Rupert Neudeck starb im Mai 2016.
Jetzt wollten die drei Bergheimer, die sich bereits seit vielen Jahren kennen, eigentlich durchstarten. „Und dann schießt uns Corona dazwischen“, sagt Achim Bayer. Nicht nur, dass viele Veranstaltungen abgesagt sind, bei denen sie um Unterstützung durch neue Mitglieder hätten werben und über die Arbeit von Sea Eye informieren wollen. Die Köpfe der Menschen seien auch voll mit deren eigenen Themen, hat Christina Owezarek-Prag beobachtet. „Leute, die sich nicht nur um ihr Geld sorgen, geraten da in den Hintergrund.“
Dabei machten sich auch zu Zeiten der Pandemie täglich Menschen auf den Weg, um über die „tödlichste Seeroute der Welt“ nach Europa zu kommen, machen die Gründer der Ortsgruppe geltend. Darauf wollen sie den Blick lenken. Dass Mitte September 26 Flüchtlingsboote vor der italienischen Insel Lampedusa ankamen, das war, sagt Hans Werner Meurer bitter, „keine Meldung mehr wert“.
Mitglieder gesucht
Rund 80 Personen bewerben sich im Durchschnitt regelmäßig, um als Mitglied der Crew auf eine Rettungsmission ins Mittelmeer zu fahren – mehr als genug, um die Alan Kurdi zu besetzen. Gesucht werden allerdings weitere Mitglieder für die Ortsgruppe Troisdorf.
Infoveranstaltungen und Aktionen zum Spendensammeln wollen die drei Gründer mit möglichst vielen Mitstreitern auf die Beine stellen, Benefizkonzerte und Infostände bei öffentlichen Veranstaltungen sind geplant. „Wir sorgen dafür, dass die Themen Menschenrechte, Menschenwürde und Rechtsstaatlichkeit immer auf der Tagesordnung bleiben“, teilen die Gründer mit.
Am Samstag, 31. Oktober, sind die Gründer von „Sea Eye“ Troisdorf vor dem Bioladen Findus in Bergheim anzutreffen. Kontakt zur Gruppe per E-Mail. (dk)
133 Männer, Frauen und Kinder konnte die Besatzung des Sea-Eye-Rettungsschiffs Alan Kurdi in dieser Zeit retten, doch nun haben die italienischen Behörden das Schiff, wie schon mehrfach zuvor, erneut am Auslaufen gehindert. Lange Mängellisten würden dafür immer wieder vorgelegt, berichten die drei Aktivisten. „Die beziehen sich aber oft auf sanitäre Standards für Vergnügungsfahrten“, berichtet Christina Owezarek-Prag. Dabei gehe es doch darum, „dass die Leute am Leben bleiben“.
Hoffnung setzt man in den Reihen von Sea Eye dagegen auf ein neues, viertes Schiff: Größer wird es sein und besser in Schuss. 70 ehrenamtliche Mitstreiter sind gerade in einer Werft dabei, das Schiff herzurichten. 25 000 Euro gibt das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR dazu. Wo das Schiff liegt, verrät Hans Werner Meurer nicht: „Es gab da Anfeindungen.“ Auch die Troisdorfer haben schon erlebt, dass ihr Einsatz nicht nur Unterstützung erfährt. „Wohl formuliert, aber beinhart“ war die Reaktion auf eine erste Postwurfsendung vor wenigen Monaten.
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Bewusstsein schaffen für das Thema und Spenden sammeln für die trotz des großen ehrenamtlichen Einsatzes teuren Missionen wollen die drei Mitglieder der Ortsgruppe. 60 000 Euro kostet jede Fahrt der Alan Kurdi ins Rettungsgebiet – wenn sie denn überhaupt fahren kann: „Im Moment fährt kein Verein“, berichtet Meurer, alle Schiffe auch anderer Organisationen seien von den Behörden festgesetzt worden.
Boote mit Flüchtlingen hingegen seien immer unterwegs, sagt Christina Owezarek-Prag. Unabhängig davon, ob, wie oft behauptet, Seenotrettungsschiffe sie erst dazu ermutigten. „Die Menschen fahren los, weil sie darin die einzige Möglichkeit sehen, ihr Leben zu retten.“