Wegen eines nicht bezahlten Knöllchens landete ein Troisdorfer vor Gericht. Er hatte bei seinem gepfändeten Auto die Ventilwächter entfernt.
ProzessAuto wegen Knöllchen-Schulden gepfändet – Troisdorfer ignoriert „Ventilwächter“
Ein vor eineinhalb Jahren verhängtes Knöllchen kommt einen 52-Jährigen teuer zu stehen. Er ignorierte sämtliche Zahlungsaufforderungen und Mahnungen der Stadt Troisdorf, die schließlich sein Auto pfändete. Doch selbst die angebrachten „Ventilwächter“ hielten ihn nicht auf. Wegen Pfandkehr musste sich der Angeklagte nun vor dem Siegburger Amtsgericht verantworten.
Richterin Seda Sabiye Ataer hatte Mühe, den Redeschwall des Angeklagten zu unterbrechen. Der stritt eine böse Absicht ab, dass er losgefahren sei mit dem Wagen sei ein Missverständnis gewesen. Als nach nur wenigen Hundert Metern die Reifen platt waren, habe er das Auto nur zurückbringen wollen vor seine Haustür. Deshalb besorgte er sich andere Reifen und wechselte die blockierten.
Angedrohte Pfändung seines Fahrzeugs nahm der Troisdorfer offenbar nicht ernst
Diese lägen samt den Ventilwächtern noch bei ihm, gab der Bürgergeldempfänger an. Er habe Kontakt gehabt mit der Stadt und auch mitgeteilt, dass er das Bußgeld für zu schnelles Fahren nicht begleichen könne: „Wenn man nicht zahlen kann, kann man es nicht, so einfach ist das“, sagte der vierfache Vater. Durch seine Verzögerungstaktik wuchs das 60-Euro-Knöllchen aus dem Dezember 2022 durch Mahngebühren auf 259,30 Euro im März 2023 an.
Die zu dieser Zeit angedrohte Pfändung seines Fahrzeugs nahm er offenbar nicht ernst, das geht aus der Vollstreckungsakte der Stadt Troisdorf hervor, in der sich auch Vermerke über mehrere Telefonate mit dem säumigen Schuldner und der E-Mail-Verkehr befinden.
Das soll keineswegs ein freundlicher Austausch gewesen sein, so die Einschätzung des Ordnungsamtes. Ja, auch für geringe Beträge könne ein wesentlich wertvollerer Gegenstand wie ein Fahrzeug gepfändet werden, das hatte die Behörde dem 52-Jährigen auf Nachfrage mitgeteilt. Und ihn aufgefordert, den Kfz-Brief im Original vorzulegen.
Der Troisdorfer Vollstreckungsbeamte konnte das gepfändete Kfz nicht auffinden
Der Angeklagte wollte mittels eines handgeschriebenen Kaufvertrags beweisen, dass er nur Halter sei, das Auto gehöre seinem Bruder. Erfolglos. Vor Gericht spielte das keine Rolle: Der Tatbestand der Pfandkehr gilt auch für fremde, bewegliche Sachen.
Ende Juni 2023 hatte der Vollstreckungsbeamte die gelben Knöpfe an den Reifenventilen angebracht, die zum Platten führen, wenn der Pkw bewegt wird. Als der städtische Mitarbeiter am 4. Juli das Kfz abtransportieren wollte, um es zu verwerten, war dieses nicht auffindbar. Dann folgte die Anzeige der Stadt Troisdorf, die ihr „besonderes Interesse an der Strafverfolgung“ betonte.
Erst Mitte Februar 2024 konnte der Wagen sichergestellt werden. Der Angeklagte gab sich uneinsichtig, eine solche Kleinigkeit könne man doch auch anders klären. Dass der Staatsanwalt ihn als kriminell bezeichnete, empfinde er als Beleidigung. „Sie neigen dazu, sich rauszureden“, sprach ihm die Richterin ins Gewissen.
Seine absolute Mittellosigkeit nehme sie ihm nicht ab: „Sie haben schließlich auch Sprit gekauft.“ Sie zählte die Vorstrafen des Angeklagten auf, der 2016 wegen Steuerhinterziehung, 2020 wegen vorsätzlicher Insolvenz und Verstoßes gegen die Buchungspflicht und 2023 wegen Körperverletzung zu Geldstrafen verurteilt worden war. „Ich habe nichts gemacht“, sagte der Angeklagte, der offenbar früher selbständig war. Er habe nur alles schleifen lassen.
Heute lebe er von 1163 Euro, müsse davon 750 Euro Miete zahlen, so der Geschiedene, die Kinder leben bei seiner Frau, sie erhalte Unterhaltsvorschuss vom Jugendamt. Bei der Stadt Troisdorf ist laut Aktenlage noch mehr offen als das Blitzer-Bußgeld: Sie wartet noch auf 25.000 Euro Gewerbesteuern, die der Angeklagte nicht gezahlt hat.
Das Amtsgericht verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 10 Euro, die 600 Euro könne er auf Antrag in Raten zahlen, sagte der Staatsanwalt und ergänzte: „Auch die Staatsanwaltschaft kann pfänden.“ Außerdem muss er die Kosten des Verfahrens tragen, die in der Regel unter 200 Euro liegen. Ist bei ihm nichts zu holen, muss er die Strafe absitzen, 60 Tage in Haft.