Innovation aus der Region: Der „Digitale Produktpass“ der Firma R-Cycle aus Troisdorf hilft bei der Umsetzung eines hocheffizienten Recyclingprozesses.
Digitaler ProduktpassWie Recycling vom Rhein-Sieg-Kreis aus revolutioniert werden könnte
Kunststoff hat viele Vorteile für Industrie und Verbraucher: Er ist hygienisch, stabil und vielseitig form- und einsetzbar. Zum Problem wird er jedoch, wenn er unsortiert im Abfall landet und nicht wiederverwertet werden kann.
Anders sieht es bei Abfällen aus Glas oder Papier aus. Sie haben eine hohe Recyclingquote und können von anderen Materialien getrennt werden. Dem Kunststoff hingegen wird seine Vielseitigkeit zum Verhängnis: Er lässt sich nur schwer von unbrauchbaren Anteilen trennen und ist nach einmaligem Gebrauch oft am Ende seines Lebenszyklus.
Der digitale Produktpass von R-Cycle
R-Cycle, eine unternehmensübergreifende und internationale Initiative mit Sitz in Troisdorf, hat sich dieses Problems angenommen und bietet mit seiner Technologie eine Chance für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft. Mitbegründet wurde R-Cycle vom Troisdorfer Unternehmen Reifenhäuser, ist aber unabhängig und wird von 30 weiteren Unternehmen getragen.
Die Technologie würde bei ihrer Umsetzung wie folgt funktionieren: R-Cycle speichert bereits bei der Herstellung alle relevanten Informationen über das Kunststoffprodukt. Es entsteht ein Datensatz, der zum Beispiel die verwendeten Materialien, die Lieferanten und auch die Recyclingfähigkeit enthält.
Jedes Produkt erhalte so einen Ausweis, einen „digitalen Produktpass“. Er basiere auf einem offenen Standard von GS1, ebenfalls Partner von R-Cycle und vor allem bekannt für den Barcode im Handel. GS1 Germany hat seinen Sitz in Köln.
Durch den offenen Standard soll das System weltweit einsetzbar sein. Das erhöhe die Chance, dass es sich durchsetze. „R-Cycle ist mit jedem System oder jeder Produktionsanlage vernetzbar, von Folien- oder Spritzgussmaschinen über Verarbeitungs-, Druck- und Abfüllmaschinen bis hin zu Abfallsortier- und Recyclinganlagen“, erläutert Benedikt Brenken, Direktor von R-Cycle.
R-Cycle und das starke Netzwerk
R-Cycle ist wiederum selbst Teil eines Partnernetzwerks: Die Initiative Holygrail 2.0 der AIM – European Brand Association mit Sitz in Brüssel – treibt das Thema Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe europaweit voran. Dazu sollen alle Kunststoffprodukte mit speziellen Markierungen – sogenannten digitalen Wasserzeichen – versehen werden, die in das Druckbild der Verpackung integriert werden. Sie bedecken die gesamte Oberfläche der Verpackung, ohne das Design zu stören.
Die Kölner Steinert GmbH bringt ihre Erfahrung im Bau und Vertrieb von industriellen Sortieranlagen in das Projekt R-Cycle ein. Sie entwickelt Sensorsortiersysteme, die unterschiedlichste Wertstoffe erkennen, sortieren und recyclebar machen. In den neuesten Modellen kommen Hyper Spectral Imaging (HSI) Kameras in Kombination mit KI-gestützter Software zur Objekterkennung zum Einsatz. In solch einer Sortieranlage könnten spezielle Kameras die Markierungen mit hoher Geschwindigkeit erfassen – auch wenn das Produkt beispielsweise zerrissen oder verschmutzt ist.
Anhand der ausgelesenen Produktpass-Daten würden die recyclebaren Verpackungen erkannt und korrekt sortiert. Die sortenreinen Kunststoffe könnten dann zu hochwertigem Rezyklat (recycelter Kunststoff) verarbeitet werden.
Der Datensatz helfe den Herstellern auch, ihre eigenen Prozesse zu optimieren. So müsse beispielsweise die Reduktion des CO2-Fußabdrucks nicht mehr manuell berechnet werden. Gesetzliche Vorgaben wie die „Erweiterte Herstellerverantwortung“ (EPR) der EU könnten einfacher erfüllt werden. Der „Digitale Produktpass“ bilde laut R-Cycle die Grundlage eines hocheffizienten, datengetriebenen Recyclingprozesses.
Die Chance auf eine funktionierende Kreislaufwirtschaft
Die Kreislaufwirtschaft – auch „Circular Economy“ genannt – ist das Leitbild des Projekts. Dabei geht es darum, Produkte so weit wie möglich wiederzuverwenden, ähnlich wie in einem biologischen Kreislauf, in dem kein Abfall entsteht.
Unterstützt wird dies durch den Aktionsplan der Europäischen Kommission (CEAP), einem Baustein der europäischen Agenda für nachhaltiges Wachstum. Dabei wird der gesamte Lebenszyklus von Produkten wie Kunststoffverpackungen in einen Kreislauf integriert, um eine maximale Wiederverwertbarkeit und Ressourcenschonung zu erreichen.