Amphetamin unterm Fahrersitz77-jähriger Drogenkurier blieb Landgericht Bonn fern
Bonn/Rheinbach – Dass Alter nicht vor Dummheit schützt, das belegt diese Geschichte. Auch nicht die Sorgen und Nöte, die ein 77-jähriger Ruheständler wohl hatte, weil er mit seinen mageren Altersbezügen den Lebensabend nicht mit Anstand finanzieren konnte. So verdingte sich der Handelsvertreter, der – um seine Rente aufzubessern – nebenberuflich Spielautomaten instand setzte, als Drogenkurier. Ein Schweizer Dealer hatte ihm ein verlockendes Angebot gemacht. Für eine Drogenfahrt über die holländische Grenze wurden ihm 3000 Euro geboten. Der Rentner konnte der Verlockung nicht widerstehen.
Europäischer Haftbefehl
Im Mai 2021 zog es den Schweizer schließlich mit seinem PKW, einem Rover 75, nach Norden. Er ließ sich den Stoff geben, verstaute ihn unter dem Fahrersitz und steuerte Richtung Heimat. Auf der A 61 indes war Schluss. Drogenfahnder zogen den Senior aus dem fließenden Verkehr, lotsten ihn auf die Raststätte Peppenhoven bei Rheinbach und fanden die Tüte mit 492 Gramm Amphetamin.
Bis zu seiner Verhandlung saß der nicht vorbestrafte Senior-Kurier drei Monate in Untersuchungshaft. Das Amtsgericht Euskirchen ließ im August 2021 Milde walten und verurteilte ihn wegen Einfuhr von Drogen sowie Beihilfe zum Handel treiben zu zwei Jahren Haft, noch mit Bewährung. Der Haftbefehl wurde aufgehoben – und den Schweizer auf freiem Fuß zog es unverzüglich und ohne weiteren Aufenthalt in seine Heimat, sicherheitshalber hinter der Grenze.
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Dem Staatsanwalt jedoch – er hatte eine Haftstrafe gefordert – war das Urteil zu milde, er ist in Berufung gegangen. Zum zweiten Prozess am Donnerstag am Bonner Landgericht ist der Schweizer Ruheständler erwartbar nicht erschienen. Er habe auch nicht die Absicht, jemals wieder nach Deutschland einzureisen, bestätigte sein Verteidiger Hagen Seipel.
Der 77-Jährige sei „gesundheitlich schlecht dran“, habe sich deswegen auch nicht gegen Corona impfen lassen können und lebe daher auch sehr zurückgezogen in den Schweizer Bergen. Schließlich sei ihm das Risiko, sich auf der Bonner Anklagebank noch eine Gefängnisstrafe abzuholen, zu groß. Daraufhin erließ das Gericht – es blieb ihm nur wenig übrig – einen Europäischen Haftbefehl.
Den Kurierlohn hat der Späteinsteiger natürlich nie bekommen.