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Friedensbotschaften aus RheinbachViele Menschen nehmen an Kundgebung teil

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Schüler der Gesamtschule hatten zu der Kundgebung Anstecker mit Friedenstauben mitgebracht. 

Rheinbach – Viele Menschen haben sich am Abend am Himmeroder Wall in Rheinbach versammelt. Der Verein „Partnerschaft des Friedens Rheinbach/Douaumont-Vaux“ hatte eine Friedenskundgebung initiiert. Vorsitzender ist der ehemalige Bürgermeister Stefan Raetz. Neben ihm sprach auch die seit 30 Jahren in Rheinbach lebende Ukrainerin Olga Lunkova-Wagner, sowie zahlreiche Menschen aus den Partnerstädten der Glasstadt per Videobotschaft.

„Wir waren uns nicht bewusst, wie schnell unser Verein mit dem Thema Krieg zu tun haben wird und dass es wichtig und richtig ist, heute ein besonderes Zeichen zu setzen", sagte Raetz. Der Verein habe sich zur Aufgabe gemacht, jungen Menschen die Gelegenheit zu geben, einmal in ihrer Schullaufbahn die Schlachtfelder des Ersten Weltkrieges bei Verdun zu besuchen.

Sie erfahren dort, welches Leid Krieg über die Soldaten und die Zivilbevölkerung bringt. Wie bereits Bornheims Bürgermeister Christoph Becker bei einer Friedensdemo richtete Raetz seine Worte in Richtung Wladimir Putin: „Hören Sie auf mit dem sinnlosen Krieg in der Ukraine, hören Sie auf, unschuldigen Menschen, Frauen und Kinder zu bombardieren, hören Sie auf, ein ganzes Land in Schutt und Asche zu legen. Sie können diesen Krieg nicht gewinnen. Freiheitsliebende Menschen kann man zwar unterdrücken, aber sie werden Sie nie akzeptieren.“

Künstlerin aus der Ukraine seit 30 Jahren in Rheinbach

Anschließend sprach Olga Lunkova-Wagner auch über die innere Zerrissenheit ihres Mannes: „Seit 30 Jahren wohne ich in Rheinbach. Ich bin Ukrainerin, mein Mädchenname ist Sniger. Ich bin mit dem Halbrussen Lunkov verheiratet. Seine Mutter war Ukrainerin, sein Vater Russe – und jetzt schämt er sich, Halbrusse zu sein. Ich verstehe ihn gut.“

Die Künstlerin berichtet davon, wie ihre deutsche Mutter sie als Erwachsene adoptierte: „Ich habe noch einen Namen: Wagner. Ich trage den deutschen Namen mit Stolz, weil ich hier zuhause bin – hier in Rheinbach.“

Eine abrupte Flucht sei ihr nicht unbekannt, sie berichtete von ihren letzten Tagen in der Ukraine: „Ich komme aus Tschernobyl. Meine Familie, meine Freunde, Bekannten – ob sie nun Ukrainer, Russen, Belarussen oder Kasachen sind – waren glücklich zusammen in der Stadt Pripjat. Sie haben dort zusammen gelebt und gearbeitet. Bis zur Explosion des Atomkraftwerks in Tschernobyl. Das war wie im Krieg. Wir mussten unsere Wohnungen verlassen, evakuiert werden.“

Es sei ein unsichtbarer Krieg gewesen, der viele Verluste mit sich gebracht habe. Nun herrsche in der Ukraine ein anderer Krieg: „Ein sichtbarer Krieg.“ Die Menschen, die Alten, die schwangeren Frauen und Kinder dort würden nicht langsam sterben, „sie sterben schnell im Kugelhagel von Putins Soldaten, Russischen Soldaten.“

Die Verluste, die ihre Familie und anderen nun wieder haben, sind laut Lunkova-Wagner unfassbar. Sie erzählte: „Ein kranker, alter Mann im Kreml hat mal gesagt: ‚Es gibt kein Volk Ukrainer!’ Ich möchte laut und mit Stolz sagen: Das ist nicht nur ein großer Irrtum, sondern grausam und menschenverachtend. Ukrainer haben eine eigene Sprache, eine eigene Kultur und Tradition, eine eigene Geschichte!“ Sie würden gerade jetzt ihre Heimat verteidigen und eine neue Geschichte schreiben, welche mit einem schmutzigen Schandfleck ewig auf allen Russen liegen werde.

Koordinierte Hilfe für die Ukraine aus Rheinbach

Der Flüchtlingshelferkreis und die Pallotti Hilfsgruppe setzten sich mit Vertretern der Diakonie, des Georgrings, des Vereins „FrauFam“ sowie der Stadt Rheinbach zusammen, um Kompetenzen zu bündeln. Sie wollten die Erfahrungen aus der Flüchtlingshilfe der vergangenen Jahre und aus den weitreichenden Hilfsmaßnahmen nach der Flutkatastrophe nutzen, um eine funktionierende Unterstützung für ankommende Geflüchtete auf die Beine zu stellen.

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Die Verwaltung hat unter Führung der Fachbereichsleiterin Daniela Hoffmann inzwischen eine Koordinierungsstelle für die Betreuung der ukrainischen Flüchtlinge eingerichtet. Diese ist unter 0 22 26/91 75 55 und auf der Homepage der Stadt erreichbar.

Die ukrainischen Kriegsvertriebenen dürfen sich laut Gert-Uwe Geerdts vom Helferkreis ohne ein Einreisevisum 90 Tage in Deutschland aufhalten. Eine Anmeldung bei der Ausländerbehörde in Siegburg werde schon vorher empfohlen. Die Verwaltung der Stadt Rheinbach bittet dringend darum, eintreffende Gäste bei der Koordinationsstelle anzumelden, um angemessene und gezielte Hilfe leisten zu können.

„Alle Beteiligten waren sich sicher, dass mit Solidarität und Mitgefühl, kombiniert mit Pragmatismus, beherztem Zupacken und in einem aufeinander abgestimmten Vorgehen der verschiedenen Hilfsorganisationen auch diese große Herausforderung für Rheinbach gemeistert wird“, so Geerdts.