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Impotenz und ErektionsstörungenNeue Studie – Werden Männer durch Corona unfruchtbar?

Lesezeit 4 Minuten
SaRS-CoV-2 braun

Ein SARS-CoV-2-Virus unterm Elektronenmikroskop 

Lungenschäden, Konzentrationsprobleme, Nierenversagen: Die Liste der Komplikationen und Langzeitfolgen nach einer Covid-19-Erkrankung ist lang. Sars-CoV-2 kann sich in zahlreichen Organsystemen des Körpers breitmachen und Entzündungswellen hervorrufen. Forschende konnten inzwischen sogar Viruspartikel in Hoden und Penis nachweisen. Die Sorge lautet: Corona könnte womöglich zu Impotenz führen und die Fruchtbarkeit von Männern beeinträchtigen. Verlässliche und klare Einschätzungen aus der Wissenschaft gibt es dazu bislang nicht – aber einige Hinweise aus Studien.Tests mit Antikörpern

Reproduktionsmedizinerinnen und -mediziner aus dem chinesischen Wuhan haben beispielsweise die Hoden von fünf verstorbenen Covid-19-Patienten im Alter zwischen 51 und 83 Jahren untersucht und mit denen von drei nicht infizierten Verstorbenen gleichen Alters verglichen. Sie stellten fest, dass Viruspartikel bis in den Hoden gelangen können – und dort auch die Keimzellen infizieren, aus denen sich Spermien bilden. Tests mit Antikörpern zeigten zudem, dass an einigen Stellen das Spikeprotein vorhanden war. Das ist ein wichtiger Bestandteil des Coronavirus, um sich Eintritt in die menschlichen Zellen zu verschaffen.

Corona könnte Auswirkung auf Spermien haben

Die Befunde dieser kleineren Untersuchung deuten den Forschenden zufolge darauf hin, dass die Coronavirus-Infektion Auswirkungen auf die Bildung von Spermien und damit auch auf die männliche Fruchtbarkeit haben könnte. Es seien aber weitere Untersuchungen nötig, um den zugrundeliegenden Mechanismus der Infektion von Hodenzellen und einen Zusammenhang mit Covid-19 aufzudecken, schlussfolgern die Studienautoren in einem in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlichten Beitrag. Sprich: Das Virus kann sich im Hoden manifestieren. Ob dadurch die Spermienproduktion verschlechtert wird, ist unklar.

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Auch im Penis haben US-Forschende Sars-CoV-2 entdeckt. So haben Urologieexpertinnen und -experten der University of Miami bei zwei Männern Viruspartikel lange nach der akuten Covid-19-Erkrankung nachgewiesen – in der innersten Zellschicht von Blutgefäßen. Fachleute sprechen von Endothelzellen. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine weitverbreitete Endothelzell-Dysfunktion aufgrund einer Covid-19-Infektion zu erektiler Dysfunktion beitragen kann“, resümieren die Forschenden in der Studie, die in der Fachzeitschrift „World Journal of Men’s Health“ veröffentlicht wurde. Doch auch sie weisen darauf hin, dass es weitere Studien brauche, um die hinter dem Befund stehenden molekularen Mechanismen ausreichend bewerten zu können. Ob und wie eine Infektion zu Erektionsstörungen führt, ist also nicht geklärt.

Geringeres Testosteronlevel

Eine Reihe von Studien zeigt, dass Männer mit Covid-19 deutlich geringere Testosteronlevel haben können als üblich. Testosteron hat einen großen Einfluss auf die Erektionsfähigkeit und die Libido des Mannes. Bei niedrigem Hormonspiegel können Erektionsprobleme die Folge sein. Allerdings ist unklar, wie lange die in Klinikstudien beobachteten niedrigen Testosteronspiegel bei Männern nach akuter Covid-19-Erkrankung anhalten – und inwieweit das mit einer längerfristigen Beeinträchtigung von Hoden und Penis zusammenhängen könnte. Ungeklärt ist auch, inwieweit das Alter der Männer und die Schwere der Erkrankung relevant sind.

Impfung hat keine Auswirkung auf Fruchtbarkeit

In den sozialen Netzwerken kursierten jüngst Gerüchte, dass nicht nur Covid-19 selbst, sondern auch eine Impfung dagegen zu Erektionsstörungen und Unfruchtbarkeit führen könnte. Dass Corona-Impfstoffe eine Impotenz auslösen könnten, wurde aber weder in den klinischen Zulassungsstudien der Hersteller noch während der weltweit laufenden Impfkampagnen festgestellt. Es gibt also keine Hinweise darauf.

Auch Studien, die explizit nach Hinweisen dazu suchen, schlagen keinen Alarm. So haben US-Forschende der University of Miami Spermienproben von 45 gesunden Männern untersucht – vor der Impfung mit einem mRNA-Vakzin und nach Erhalt der zweiten Dosis. Das Ergebnis, Mitte Juni in der Fachzeitschrift „Jama“ veröffentlicht: Die Qualität und die Anzahl der Spermien blieb unverändert.

Ähnliches gilt übrigens auch für Frauen: Es gibt keine Hinweise darauf, dass einer der zugelassenen Impfstoffe zu Sterilität oder einer Beeinträchtigung der weiblichen Fruchtbarkeit führt. Es wurden auch keine Veränderungen in den Eierstöcken beobachtet. Das betonen sowohl die Europäische Arzneimittelbehörde als auch das in Deutschland zuständige Paul-Ehrlich-Institut.

Sexuelle Funktionsstörungen bei Männern

Impotenz ist der medizinische Oberbegriff für eine Reihe von Funktionsstörungen der Sexualorgane beim Mann. Dazu zählt die Erektionsstörung, auch als erektile Dysfunktion bekannt, bei der Männer über einen längeren Zeitraum keine Erektion mehr bekommen oder diese nicht ausreichend lange für Geschlechtsverkehr halten können. Es kann auch vorkommen, dass man zwar Geschlechtsverkehr haben kann, aber keinen Samenerguss bekommt. Dann ist von Anejakulation die Rede.

Schließlich gibt es noch die sogenannte Zeugungsunfähigkeit. Geschlechtsverkehr an sich ist dann weniger das Problem – in der Folge Kinder zu bekommen aber schon.