Die deutschen Sender sind bei der Übertragung der WM von der Regie des Weltverbandes Fifa abhängig. Deren Liveübertragungs-Dienstleiter zeigt vor allem das, was ihr Auftraggeber sehen will: schöne Bilder.
Kontroverse Bilder vermeidenDie Fifa diktiert die Übertragung der WM
Bilder sagen mehr als tausend Worte – und bei der Fußball-WM in Katar gilt das mehr denn je. Selbst auf dem sonst so unpolitischen Fußballplatz werden dieser Tage Bilder produziert, die weltweite Schlagzeilen auslösen.
Da wäre etwa das Team der Iraner, das sich geweigert hatte, die Nationalhymne ihres Landes zu singen. Ebenso wird mit Spannung erwartet, wie sich nun die europäischen Teams positionieren werden, die eigentlich mit einer „One Love“-Armbinde auf dem Platz auflaufen wollten und schließlich doch einen Rückzieher machten.
Ein sich leerendes Stadion wird nur spärlich gezeigt
Das Problem: Die Zuschauer an den Fernsehgeräten bekommen im Zweifel gar nicht alles mit, was sich im Stadion abspielt. Denn die TV-Sender selbst haben darauf nur bedingt Einfluss. Wer aber entscheidet eigentlich darüber, was wir bei dieser WM sehen und was nicht?
Diskussionen darüber hatte zuletzt ein Fall am Sonntag ausgelöst. Das Eröffnungsspiel Ecuador gegen den Gastgeber Katar lief gerade einmal wenige Minuten, da leerten sich bereits die Zuschauerränge der Katarer.
Viele Fans hatte offenbar aufgrund der schlechten Leistung ihrer Mannschaft schnell das Weite gesucht. Die Zuschauer vor dem Fernseher sahen davon jedoch herzlich wenig.
Stattdessen schwenkten die Kameras im Stadion in die Blöcke, in denen rot gekleidete Anhänger der katarischen Auswahl laut jubelten. Nur über die sozialen Netzwerke und Bildagenturen verbreitete sich das echte Ausmaß der Flucht. Tatsächlich haben die in Deutschland übertragenden Sender, also ARD, ZDF und MagentaTV nur wenig Macht über die Stadionbilder.
Schweizer Übertragungsdienstleister arbeitet im Auftrag der Fifa
Produziert werden diese von einem Liveübertragungs-Dienstleiter mit dem Namen Host Broadcast Services (HBS) – und dieser wiederum arbeitet einzig und allein im Auftrag der Fifa.
Erstmals zum Einsatz kam HBS, eine Tochter der Schweizer Sportrechte-Agentur Infront, 1998 bei der Übertragung der Fußball-WM in Frankreich. Seither wurden sämtliche Weltmeisterschaften und diverse andere Veranstaltungen der Fifa von HBS übertragen.
Auch wenn der Broadcast-Service nicht offiziell der Fifa gehört, so ist er doch eng mit ihr verbandelt. Und klar ist auch: Einen journalistischen Auftrag hat HBS nicht. Die Firma zeigt vor allem das, was ihr Auftraggeber sehen will: schöne Bilder.
ARD, ZDF und MagentaTV sind bei der Übertragung der Stadionspiele von HBS abhängig. Gibt es keine Bilder von leeren Rängen, dann gibt es halt keine. Und fehlt die Kameraeinstellung für das Abseits, dann muss man sich damit zufrieden geben.
Eine Sprecherin des SWR, der federführend für die ARD die WM überträgt, erklärt dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (RedaktionsNetzwerk Deutschland, RND) auf Anfrage, dass die Bilder auch nicht mehr durch eigenes Material angereichert werden.
ZDF hat sieben Kameras bei Deutschlandspielen
Die HBS liefere ein Fernsehbild für alle, dieses würde so übernommen. Immerhin: Während der Spiele habe man „in der Regel“ auch eine eigene Kamera im Stadion, heißt es vom SWR. „Bei deutschen Spielen sind es meist drei“, so die Sprecherin.
Das bedeutet, dass es der ARD durchaus gelänge, heikle Szenen auf dem Platz oder den Tribünen einzufangen – selbst dann, wenn die Fifa diese nicht zeigen wollen würde. Das ZDF erklärt auf RND-Anfrage, man habe bei Deutschlandspielen sieben eigene Kameras im Einsatz – ob das auch für andere Spiele gilt, lässt der Sprecher offen.
Er verweist jedoch auf den Vorfall mit den leeren Rängen. Live-Reporter Béla Réthy habe dies mehrfach in seinem Live-Kommentar angesprochen – zudem sei der Fall später auch in der Expertenrunde im ZDF WM-Studio Thema gewesen. Bereits im Vorfeld hatten ARD und ZDF betont, die WM-Ereignisse in Katar kritisch zu begleiten, auch MagentaTV (Telekom) versprach ein „umfassendes und differenziertes Bild“. Ob aber jedes Bild auch wirklich bei den Sendern ankommt, ist eine andere Frage.