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Kommentar zum gescheiterten AusschlussGerhard Schröder und die Tragik der SPD

Lesezeit 3 Minuten
Scholz und Schröder

Olaf Scholz (l.) und Gerhard Schröder 2015

Gerhard Schröder darf in der SPD bleiben. Jedenfalls nach Ansicht der Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Hannover, die für seinen Ortsverein Oststadt-Zoo zuständig ist. Der Altkanzler wird nicht nach fast 60-jähriger Mitgliedschaft aus der Partei geworfen. Dafür hätte er vorsätzlich handeln und der SPD schweren Schaden zufügen müssen. Beides ist ohnehin schwer nachweisbar, gemessen an den SPD-Regeln aber auch nicht der Fall.

Seine unverbrüchliche Freundschaft zum Kriegsherrn Wladimir Putin und die Verblendung im Umgang mit Russland, das die Ukraine überfallen hat und zu zerstören versucht, sind provokativ und peinlich, aber nicht strafbar. Der 78-Jährige dürfte seine Partei auch nicht bewusst beschädigen wollen. Und der Schaden, den er angerichtet hat, trifft gar nicht die SPD schwer, sondern ihn selbst.

Die Sozialdemokratie hat sich längst fortentwickelt und Schröder, der direkt nach seiner Abwahl 2005 mit lukrativen Gaslobbyismus für Moskau begann, hinter sich gelassen. Der sehr viel größere politische Schaden, den die SPD durch Schröder erlitten hat - nämlich ihre Spaltung - war die drastische Sozialreform „Agenda 2010″. Darunter hat die Seele der Partei gelitten, darüber sind der konservative und der linke Flügel weiter auseinander gefallen, deswegen haben sich Wählerinnen und Wähler abgewandt.

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Einer der wenigen Menschen, die Schröder immer wieder dafür gedankt haben, dass er mit diesem harten Schnitt ins Sozialsystem das Land wettbewerbsfähig gehalten und die spätere Finanz- und Schuldenkrise in Europa abgefedert hat, war seine Nachfolgerin Angela Merkel. Das Lob von ihr war für ihn aber unwichtig, er wollte die Anerkennung seiner Partei. Aber diese hat sich im Laufe der Jahre immer mehr davon distanziert und damit auch von Schröder.

Gerhard Schröder möchte wichtig sein

Wie sehr dieser sich danach sehnt, wichtig für die SPD und Deutschland zu sein, zeigte sich wieder in seinem jüngsten, umstrittenen Interview über Putins angeblichen Wunsch nach einer Verhandlungslösung mit Kiew. Er wolle niemandem in der Regierung seinen Vermittlungsjob wegnehmen, sagte Schröder, aber vielleicht könne er ja noch mal nützlich sein.

Das Tragische ist, dass Schröder mit seinem Draht zu Putin natürlich nützlich sein könnte, aber wegen seiner Blauäugigkeit gegenüber dem russischen Präsidenten keinerlei Vertrauen in der jetzigen Bundesregierung von Olaf Scholz genießt. Man möge sich vorstellen, welch elementare Friedensrolle die SPD doch spielen könnte, wenn ihr Altkanzler und ihr Bundeskanzler gemeinsam einen Vermittlungsversuch unternehmen könnten. Aber Schröder ist der falsche Mann dafür. Die SPD wird ihn nicht rufen. Das ist für den Niedersachsen vielleicht die Höchststrafe.

Schröders Gegner sollten den Konflikt ruhen lassen

Seine Gegner in der SPD sollten den Konflikt mit ihm nun ruhen lassen. Die Partei hat durch die Folgen des russischen Krieges gegen die Ukraine genügend außerordentliche Herausforderungen zu bewältigen. Scholz steht unter einem immensen Druck. Er hat versprochen, dass die steigenden Gaspreise, die Inflation niemandem im Land überfordern werden. Er weiß nur noch nicht, wie er das hinkriegen soll. Und die Umfragewerte der SPD sinken.

Und dann ist da noch der undurchsichtige Cum-Ex-Skandal um die Hamburger Warburg-Bank in seiner Zeit als Erster Bürgermeister der Hansestadt. Scholz soll sich damals mit den Gesellschaftern der Bank getroffen haben, kann sich an die Treffen aber nicht mehr erinnern. Im Zuge der Ermittlungen wurde eine Menge Geld in einem Schließfach des ehemaligen Hamburger SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs gefunden, wie nun bekannt wurde. Scholz stellt sich am Donnerstag erstmals den Fragen der versammelten Hauptstadtpresse. Er sollte sich um Aufklärung bemühen.