Olaf Scholz spricht. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht ist: Er spricht nicht klar. Er bleibt im Ungefähren, in Andeutungen. Der Bundeskanzler lässt sich in diesen Zeiten eines furchtbaren Krieges in Europa eine Hintertür offen. Das trägt nicht dazu bei, die tiefe Verunsicherung in der Bevölkerung aufzufangen. Aber es soll aus Scholz´ Sicht offenbar dazu beitragen, dass Deutschland nicht in diesen Krieg hineingezogen wird.
Für einen Bundeskanzler in einer europäischen Ausnahmesituation, wie es der russischen Krieg gegen die Ukraine ist, war er lange nicht präsent. Zu lange. Er hat den Streit in seiner Ampel-Koalition laufen lassen, ob Deutschland der Ukraine nun schwere Waffen liefert oder nicht.
Er hat auch bis jetzt nicht richtig erklärt, was es mit der von der Bundesregierung geplanten gigantischen Finanzhilfe von - wohl einer Milliarde Euro - für die Ukraine auf sich hat, die am Karfreitagabend durchgesickert war. Wie schnell fließt das Geld? Wird die Bundesregierung für jede Waffe eine Exportgenehmigung erteilen, die die Ukraine auf dem deutschen Markt kaufen möchte?
Scholz macht viele Worte, ohne Klarheit zu schaffen
Die Erwartung an den kurzfristig anberaumten Auftritt von Scholz im Kanzleramt nach der Telefonschaltkonferenz mit dem US-Präsidenten, dem Nato-Generalsekretär, der EU-Kommissionschefin US-Präsident und Staats- und Regierungschefs in Europa war hoch. Eben weil sich Scholz in der Öffentlichkeit rar gemacht hat.
In Erinnerung ist Scholz Kehrtwende nach Kriegsbeginn. Erst sein Schweigen nach dem EU-Gipfel am Tag des russischen Überfalls auf die Ukraine, als er die Sanktionen gegen Moskau bremste. Dann drei Tage später seine kraftvolle „Zeitenwende-Rede“ inklusive dem Tabubruch, dass Deutschland Waffen an Kiew liefern wird.
So konnte man am Dienstagabend durchaus mit einem Ja - oder Nein - zu einer deutschen Lieferung schwerer Waffen rechnen. Um diese Frage dreht sich die ganze Ampel-Koalition seit etlichen Tagen. Aber Scholz machte viele Worte, ohne wirklich Klarheit zu schaffen. Damit dürften die Debatten weitergehen.
Wenn man aber alles zusammennimmt, was er mitgeteilt hat, kann man seine Antwort auf die Frage, ob Deutschland der Ukraine zur Verteidigung gegen eine übermächtige russische Armee schwere Waffen geben wird, in einem Wort zusammenfassen: Jein.
Deutschland könnte für Ausbildung ukrainischer Soldaten sorgen
Und so sieht offensichtlich Scholz Entscheidungsgrundlage aus: Die Bundeswehr hat selbst nicht genügend schwere Waffen. Oder sie hat altes Gerät, das nicht einsatzfähig ist. Für den Leopard-Panzer 1 etwa soll es keine Munition mehr geben. Deshalb sollen osteuropäische Nato-Partner, die noch über Waffensysteme aus russischer Produktion verfügen, diese an die Ukraine liefern, weil sich deren Armee damit auskennt. Deutschland zahlt dann für das neue Gerät, das die Nato-Staaten dafür bekommen sollen.
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Über Panzerhaubitzen verfügt die Bundeswehr, aber es ist davon wohl nur die Hälfte intakt. Nun deutet Scholz an, die Niederlande und die USA könnten solche Panzerhaubitzen liefern und Deutschland für die Munition und Ausbildung der ukrainischen Soldaten sorgen. Dass ist neu. Und nicht ohne Brisanz. Auf wessen Boden die Ausbildung stattfinden würde, ist unklar.
Ferner geht die Bundesregierung mit dem ukrainischen Verteidigungsministerium eine Liste durch, was Kiew dringend braucht. Deutschland letztendlich dann für diese Waffen. Man könnte darin den Wunsch von Scholz sehen, Deutschland in diesem Krieg „freizukaufen“. Aber ob das den Kriegsverbrecher Putin milde stimmen würde, ist völlig unklar.
Scholz hat aber auch wieder auf seinen Amtseid verwiesen, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Das zeigt, wie sehr er um Deutschland besorgt ist. Das leitet ihn. Gegen alle Kritik.