Kommentar zum Trauerspiel TankrabattHabeck zieht die richtigen Lehren aus dem Debakel
Das Misslungene zum Anstoß für Veränderungen nehmen: das ist eine wichtige Herausforderung an die Politik. Wirtschaftsminister Robert Habeck zeigt, dass er das verstanden hat. Der Tankrabatt verpufft. Als Reaktion darauf will Habeck das Wettbewerbsrecht verschärfen. Die bestechende Logik: Wenn das Bundeskartellamt mit den bestehenden Regeln nichts gegen das offenkundig Ungerechte tun kann, müssen sich die Regeln ändern.
Das wäre zumindest ein nach vorn weisendes Ende für ein politisches Trauerspiel. Eines, bei dem die Ampel es tatsächlich geschafft hat, Milliardensummen in ein Entlastungspaket zu geben und gleichzeitig die Bürgerinnen und Bürger zu frustrieren. Der Tankrabatt, welch Überraschung, hat die Mineralölkonzerne geradezu eingeladen, sich mindestens einen Teil des Geldes in die eigene Tasche zu stecken. Der Staat senkt die Steuern, die Verbraucher profitieren nicht. Jeder, der 30 Sekunden darüber nachdenkt, hätte vorher darauf kommen können.
FDP und SPD zeigen auf Habeck
Es war ein perfides Spiel, in einer solchen Situation dann auch noch auf den Koalitionspartner zu zeigen, der von Tankrabatten nie etwas gehalten hat. Der Grünen-Politiker Habeck müsse als Wirtschaftsminister mit dem Bundeskartellamt dafür sorgen, dass die Entlastung greife, forderten FDP und SPD.
Nur: Das Bundeskartellamt arbeitet unabhängig und nach festen Regeln. Habeck kann die Wettbewerbshüter nicht anweisen. Wer sich ein bisschen auskennt, wusste auch, dass das Handwerkszeug des Kartellamts für das Problem mit den Mineralölkonzernen nicht ausreicht.
Neue Handhabe wird dringend benötigt
Habeck plant, dass die Wettbewerbsbehörde eingreifen können soll, auch ohne dass sie dazu ein Kartell oder einen Missbrauch von Marktmacht nachweisen muss. Das klingt ungewöhnlich, ist aber der Tatsache geschuldet, dass dieser Nachweis bei Mineralölkonzernen kaum zu führen ist. Dass es im äußersten Fall die Möglichkeit der Zerschlagung geben soll, ist ein scharfes Schwert. Gut so. Scharfe Schwerter schrecken ab. Sie müssen meist gar nicht gezogen werden.
Der Tankrabatt ist ein Trauerspiel
Am aktuellen Trauerspiel ändern Habecks Pläne nichts mehr. Aber sie könnten für die Zukunft helfen. Das wäre ein Fortschritt. Bislang konnten die Menschen im Land bei der gesamten Debatte über den Tankrabatt, die Übergewinnsteuer und weitere Maßnahmen leicht den Eindruck gewinnen, dass es gar nicht mehr um sie geht, sondern um politische Geländegewinne. Oder auch einfach nur ums Prinzip – und nicht darum, eine gute Lösung für reale Probleme zu finden.
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So stemmt Finanzminister Christian Lindner sich gegen eine Übergewinnsteuer – eben, weil er als FDP-Vorsitzender prinzipiell gegen Steuererhöhungen ist. Wenn Unternehmen wegen des Kriegs in der Ukraine hohe Zusatzgewinne haben, ist es aber richtig, diese mit einer Übergewinnsteuer abzuschöpfen. Andere Länder zeigen, dass es geht.
Mögliche Fahrverbotsdebatte verunsichert unnötig
SPD-Chefin Saskia Esken wiederum sorgte für Aufsehen, indem sie erkennen ließ, dass sie zeitweise Fahrverbote nicht ausschließt. Klar ist: Angesichts der weltpolitischen Lage und der Energiepreise gibt es viele Unwägbarkeiten. Wenn ein drastischer Schritt wie Fahrverbote an einem bestimmten Punkt notwendig erscheinen sollte, muss man das dann thematisieren – nicht ohne Not schon jetzt. Sonst produziert die Politik unnötig zusätzliche Verunsicherung im Land.
Die Regierung sollte endlich ein stimmiges Gesamtkonzept erarbeiten. Habecks Vorstoß beim Kartellrecht könnte ein guter Anstoß sein, sich noch mal zusammenzusetzen. Die Ampel hat bislang nach dem Prinzip gearbeitet: Hauptsache, jeder Koalitionspartner kann etwas durchsetzen. Jetzt muss es darum gehen, den Bürgerinnen und Bürgern zu helfen. Das sollte keine unlösbare Aufgabe sein.