Ob der Deal „Migranten stoppen gegen Geldleistungen“ funktioniert, wird sich erweisen müssen. Die Abkommen mit Staaten, die Menschenrechte mit Füßen treten, sind ethisch problematisch.
Kommentar zum MigrationsgipfelEuropa bezahlt moralisch einen hohen Preis
Der Titel des europäischen Gipfeltreffens in Rom lautete: „Konferenz für Entwicklung und Migration“. Die Reihenfolge war nicht zufällig: Giorgia Meloni und ihre Verbündete, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, wollten damit herausstreichen, dass es bei dem Gipfel eigentlich gar nicht so sehr um das Reizthema der Einwanderung nach Europa und deren Bekämpfung gehe. Sondern dass sie - wenn schon - eher ein Nebenprodukt der angestrebten „Entwicklung“ respektive der wirtschaftlichen Zusammenarbeit sei.
In Wahrheit geht es insbesondere Meloni natürlich ausschließlich um die Migration - während es den möglichen Partnern auf der anderen Seite des Mittelmeers in erster Linie ums Geld geht. Die Blaupause für die angestrebte Zusammenarbeit ist der vor einer Woche geschlossene Pakt mit dem tunesischen Autokraten Kais Saied. Ob der Deal „Migranten stoppen gegen Geldleistungen“ funktioniert, wird sich weisen müssen. Italien hat entsprechende Abkommen schon seit Jahren mit Libyen - der Erfolg ist sehr überschaubar.
Moralisch gesehen bezahlt Europa, das sich gerne als Hort der Demokratie und der Menschenrechte versteht, einen hohen Preis für diese Abkommen. Denn bei den neuen Türstehern des Alten Kontinents handelt es sich um genierliche Partner, nicht nur im Fall von Tunesien, sondern bei fast allen Potentaten Nordafrikas, die gestern in Rom am Konferenztisch saßen.
Ägypten, Libyen, Algerien: Auch dort werden Menschenrechte mit Füßen getreten, auch dort verschwinden Oppositionelle in Gefängnissen oder sterben in Folterkellern. Das einfach mit einem Schulterzucken zu quittieren, ist gar zu billig. (RND)