Kommentar zur AfDKampf gegen „Merkel-System“ – Beobachtung könnte fatales Signal sein
- Die AfD ist nun bundesweit rechtsextremer Verdachtsfall des Verfassungsschutzes. Dafür gibt es viele gute Gründe.
- Doch als Symbol ist die Einstufung so kurz vor zwei wichtigen Landtagswahlen fatal.
Es gibt viele Gründe für den Verfassungsschutz, die AfD als rechtsextremen Verdachtsfall zu beobachten. Die Partei schürt täglich Hass gegen Andersdenkende und anders Aussehende, sie pflegt gute Beziehungen zu rechtsextremen Organisationen.
Sie versteht sich in relevanten Teilen als “Bewegungspartei” und dockt an Gruppierungen wie „Querdenken”, Pegida und „Zukunft Heimat” an, die in Teilen selbst im Visier des Verfassungsschutzes stehen.
Werden die Behörden durch die Einstufung viel Neues über die AfD erfahren? Mit Sicherheit nicht. Das meiste, was die AfD und ihre Vertreter täglich tun, findet öffentlich statt. Die Partei ist demokratisch gewählt und in allen Parlamenten dieser Republik vertreten. Sie nutzt den Bundestag und die Landesparlamente als ihre Bühne, sie hat in den sozialen Netzwerken die von ihr bekämpften „Altparteien” längst abgehängt. Da braucht es keine geheimdienstlichen Mittel, um Grenzverletzungen und Hetze zu dokumentieren.
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Zudem ist die AfD eine äußerst schwatzhafte Partei: Vieles, was in den vergangenen Jahren in internen Chatgruppen an Intrigen eingefädelt, an Beleidigungen losgelassen und an Kooperationen geplant wurde, landete brühwarm bei investigativen Journalistinnen und Journalisten. Der Verfassungsschutz hat nun das Recht, V-Leute in diese Gruppen einzuschleusen. Viel mehr wird er auch nicht erfahren.
Die Beobachtung ist ein wichtiges Signal
Die Beobachtung ist vor allem ein Symbol: Sie brandmarkt die AfD zu Recht in ihrer Gesamtheit als Partei, die zwar demokratisch wählbar ist, aber dennoch in ihren Grundzügen gegen den Staat arbeitet. So ein Symbol kann sachlich richtig sein, aber dennoch fatale Auswirkungen haben. Das ist hier der Fall.
Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang hat vergangenes Jahr darauf gedrungen, dass die Einstufung in ausreichendem Abstand zu den Wahlen erfolgt, damit sie nicht nach politischer Einflussnahme aussieht. Nun passiert genau das: In nicht einmal zwei Wochen wird in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg gewählt. Im Südwesten fuhr die AfD vor fünf Jahren ihren größten Sieg im Westen ein.
Meuthen fürchtete die Beobachtung - doch sie könnte der AfD sogar helfen
AfD-Chef Jörg Meuthen, ebenfalls im Südwesten beheimatet, war in den vergangenen Jahren von der Furcht geleitet, dass dieses bürgerliche, von Staatsbeamten dominierte Milieu der AfD den Rücken kehren würde, wenn sie offiziell zum Rechtsaußen-Schmuddelkind gestempelt wird.
So kurz vor der Wahl könnte aber auch in Schwaben die Trotzreaktion wirken, die in Sachsen schon lange zu beobachten ist: Die Beobachtung gilt dort schon als Wahlkampfschlager, als Auszeichnung im Kampf gegen das „Merkel-System”. Die Einstufung der AfD ist ein hochriskantes Spiel. Die Einstufung zu diesem Zeitpunkt ist ein fatales Signal.