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Korruption wird zum KavaliersdeliktDonald Trump zeigt ein Herz für Straftäter

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Donald Trump Rede

Gleich acht Straftäter hat Donald Trump begnadigt – darunter einen Ex-Gouverneur, der einen Senatssitz verkaufen wollte.

Washington – Der Juror in der Fernsehsendung gab sich unerbittlich. „Ihre Aussagen über Harry Potter waren nicht richtig“, monierte der Reality-TV-Star Donald Trump im April 2010: „Ich bewundere Ihre Zähigkeit. Aber Sie sind gefeuert!“ Der Rausschmiss von Rod Blagojevich aus der US-Serie „The Celebrity Apprentice“ war ein Vorspiel zu dem schweren gesellschaftlichen Absturz, der ein Jahr später folgte: Wegen Korruption wurde der Ex-Gouverneur von Illinois zu 14 Jahren Haft verurteilt.

Doch am Dienstag konnte der 63-Jährige das Gefängnis vorzeitig verlassen. Der vom Showmaster zum US-Präsident mutierte Donald Trump hatte ihm kurzerhand die halbe Haftzeit erlassen. „Er scheint mir eine sehr nette Person zu sein“, sagte Trump. Eine Person, die versucht hatte, den durch die Wahl von Barack Obama zum Präsidenten frei gewordenen Senatssitz von Illinois buchstäblich meistbietend zu verschachern.

Rod Blagojevich

Rod Blagojevich nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis.

„Dieses Ding ist verdammt nochmal Gold wert“, sagte er damals in einem Telefonat: „Das gebe ich nicht für nichts weg.“ Das Gericht wies dem Politiker Betrug, Falschaussage und Erpressung nach – doch das sind für Trump Bagatellen. „Viele Leute sind mit der Verurteilung nicht einverstanden“, argumentierte er und nannte die Strafe „lächerlich“.

Auch Schrottanleihen-König Michael Milken wird rehabilitiert

Nicht nur Blagojevich profitiert von Trumps autokratischem Regierungsstil. Auch sieben weitere Straftäter wurden vom Präsidenten begnadigt – darunter der „Schrottanleihen-König“ Michael Milken, der seinen gigantischen Finanzbetrug eingestanden hatte, sowie der wegen Steuerbetrug und Falschaussage verurteilte New Yorker Ex-Polizeichef Berbie Kerik und der Ex-Besitzer des Football-Teams San Francisco 49ers, Edward DeBartolo. Der Immobilienunternehmer hatte in den 1990er-Jahren dem Gouverneur von Louisiana für 400.000 Dollar in druckfrischen 100-Dollar-Scheinen eine Casino-Lizenz abgekauft.

Anders als bei Blagojevich sind die Strafen der übrigen Betrüger bereits abgegolten. Die Begnadigung rehabilitiert sie nun aber gesellschaftlich in vollem Umfang. Damit verbunden sind unter anderem die Aufhebung sämtlicher Restriktionen beim aktiven und passiven Wahlrecht sowie beim Waffenkauf.

Donald Trump sieht Parallelen zur Mueller-Untersuchung

Auch Trumps Vorgänger haben von ihrem Gnadenrecht Gebrauch gemacht. Doch keiner hat es nach Einschätzung der „Washington Post“ so offensichtlich aus persönlichen und politischen Motiven eingesetzt wie Trump. Der Präsident hatte im Wahlkampf versprochen, den „Washingtoner Sumpf“ trockenzulegen. Nun lässt er auffällige Milde vor allem gegenüber Fällen von Korruption walten – einem Delikt, das ihm selbst vorgeworfen wird.

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Blagojevitch hatte in seinem Gnadengesuch Parallelen zwischen seiner Verurteilung und der Mueller-Untersuchung von Trump gezogen. Seine Frau umwarb den Präsidenten bei Fernsehauftritten mit Lobpreisungen. Die auf das Ego von Trump zielende Taktik ging offenbar voll auf.

Ermittlungen gegen Roger Stone: Trump greift Richterin an

Seit dem Scheitern des Amtsenthebungsverfahrens fühlt sich Trump ohnehin als uneingeschränkter Herrscher über die Regierung und das Recht der USA. Die Unabhängigkeit der Justiz, von der er selbst sich zunehmend verfolgt fühlt, wird von ihm demonstrativ missachtet.

So setzte er auch am Dienstag trotz Ermahnungen seines Justizministers William Barr seine Attacken gegen die Staatsanwälte und die Richterin im Prozess gegen seinen Ex-Vertrauten Roger Stone fort, der sich unter anderem wegen Falschaussage unter Eid, Zeugenbeeinflussung und Behinderung des Kongresses verantworten muss.

Roger Stone

Roger Stone, langjähriger Vertrauter von US-Präsident Trump, soll wegen seiner Rolle in der Russland-Affäre eine lange Haftstrafe bekommen.

„Alles, was mit diesen verlogenen Ermittlungen zu tun hat, ist schwer belastet“, twitterte der Präsident. Er forderte die Richterin Amy Berman Jackson offen auf, kein Urteil zu sprechen, und warf ihr Parteilichkeit vor. Doch Berman Jackson lässt sich nicht einschüchtern und will am Donnerstag das Strafmaß verkünden.

Allzu große Sorgen muss sich Stone wohl trotzdem nicht machen. Beobachter halten es für wahrscheinlich, dass sich Trump auch in diesem Fall über die Justiz hinwegsetzt. Die nächste Begnadigung könnte dann seinem früheren Strippenzieher gelten.