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IntensivstationEx-Premier Berlusconi kämpft um sein Leben

Lesezeit 4 Minuten
Silvio Berlusconi

Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi befindet sich wegen einer Krebserkrankung und einer Lungenentzündung in intensivmedizinischer Behandlung.

Der Gesundheitszustand von Silvio Berlusconi ist offenbar sehr ernst: Der 86-jährige vierfache Ex-Premier Italiens leidet an einer Leukämie und einer Lungenentzündung. Er befindet sich weiterhin auf der Intensivstation.

Silvio Berlusconi hatte die Mailänder San-Raffaele-Klinik am Mittwoch wegen akuter Atembeschwerden aufgesucht; begleitet wurde er von seiner 54 Jahre jüngeren Lebenspartnerin Marta Fascina.

Er wurde umgehend auf die Intensivstation verlegt und künstlich beatmet. Zunächst hieß es, der Ex-Premier leide unter einer Lungenentzündung. Am Mittwoch berichteten italienische Medien, dass es sich bei der Lungenentzündung um eine Begleiterkrankung einer Leukämie (Blutkrebs) handle, von der die Öffentlichkeit bisher nichts wusste.

Chemotherapie begonnen

Die Klinik hat die Angaben bestätigt und mitgeteilt, dass zur Behandlung der Leukämie eine Chemotherapie begonnen wurde. Eine Lungenentzündung in Kombination mit dem durch den Blutkrebs geschwächten Immunsystem ist für einen 86-jährigen Patienten lebensgefährlich.

Silvio ist ein Fels, er wird es auch diesmal schaffen
Paolo Berlusconi

Wie ernst es um den Gesundheitszustand Berlusconis steht, lässt sich nicht zuletzt auch daran ablesen, dass schon am Mittwoch alle fünf Kinder Berlusconis an sein Krankenbett geeilt sind: die beiden Nachkommen aus erster Ehe, Marina und Piersilvio, sowie Barbara, Eleonora und Luigi aus zweiter Ehe. Auch Berlusconis jüngerer Bruder Paolo begab sich in die Klinik. „Silvio ist ein Fels, er wird es auch diesmal schaffen“, erklärte Paolo Berlusconi beim Verlassen der Klinik gegenüber den Medien.

Auch Außenminister Antonio Tajani, Koordinator der Berlusconi-Partei Forza Italia, versuchte Optimismus zu verbreiten. „Er ist unser Löwe, er gibt nie auf“, betonte Tajani. Berlusconi habe eine ruhige erste Nacht im Krankenhaus verbracht, erklärte der Außenminister unter Berufung auf die behandelnden Ärzte.

Bilder erinnern an Papst

Die Aufmerksamkeit und Aufgeregtheit der italienischen Medien wegen der Krankheit Berlusconis erinnert an die Bilder, die man vor etwas mehr als einer Woche gesehen hatte, als Papst Franziskus mit einer Lungenentzündung in die Römer Gemelli-Klinik gebracht werden musste. Auch vor dem Mailänder San-Raffaele-Krankenhaus sind mehrere TV-Teams in Stellung gegangen, um live vor Ort über die neuesten Gerüchte und Gesundheitsbulletins der Klinik zu berichten. Sogar ausländische Sender haben sich vor der Privatklinik aufgepflanzt. In Italien beherrschte das Leiden des vierfachen ehemaligen Ministerpräsidenten die Titelseiten der Zeitungen und die Hauptnachrichten des Fernsehens.

Reporterinnen und Reporter vor der Mailänder Klinik, in der Berlusconi behandelt wird.

Reporterinnen und Reporter vor der Mailänder Klinik, in der Berlusconi behandelt wird.

Das Interesse vermag nicht zu erstaunen: Berlusconi hat die italienische Politik während drei Jahrzehnten geprägt wie kaum ein anderer Politiker der Nachkriegszeit; mit seinen Eskapaden und Skandalen hat er immer wieder die Schlagzeilen beherrscht. Eine ganze Generation von Italienern hat die nationale Politik nur als Bühne von Berlusconi erlebt - entweder als Regierungschef oder als Oppositionsführer.

In der letzten Zeit ist sein Einfluss zwar geschwunden: Seine Forza Italia ist in der Rechtsregierung von Giorgia Meloni der kleinste Koalitionspartner hinter den postfaschistischen Fratelli d'Italia der Regierungschefin und der rechtspopulistischen Lega von Matteo Salvini. Aber: Ohne die Berlusconi-Partei hätte die Regierung im Parlament keine Mehrheit mehr.

Szenarien für den Todesfall: Spekulationen in Rom

In Rom ist deshalb gestern bereits eifrig über mögliche Szenarien spekuliert worden, die sich im Falle eines Todes von Berlusconi für die Forza Italia und die Regierung ergeben würden. Zumindest das Schicksal der Partei Forza Italia liegt im Ungewissen: „Berlusconi und die Forza Italia sind untrennbar. Die Partei ist sein Geschöpf und sein Leben“, betont Giuliano Urbani, Ex-Minister in den beiden ersten Regierungen von Berlusconi und Parteimitglied der ersten Stunde.

Dominik Straub

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Ohne Berlusconi ist ein langfristiges Weiterbestehen der Forza Italia schwer vorstellbar: Es wird wohl, wie die linksliberale „Repubblica“ vermutet, früher oder später zu einer „Massenflucht“ der Abgeordneten und Senatoren kommen - zu anderen Parteien.

Giorgia Meloni wird kaum um ihre Regierung bangen müssen

Dennoch wird Giorgia Meloni kaum um ihre Regierung bangen müssen: Die „Massenflucht“ wird den grössten Teil der „Forzisti“, wie die Mitglieder der Berlusconi-Partei genannt werden, zu den Fratelli d'Italia und zur Lega führen, also von einer Regierungspartei in die andere. Längerfristig gesehen könnte ein Ende der langen Ära Berlusconi für das bürgerliche Italien auch eine Chance bieten: Es könnte wieder eine „normale“ christdemokratische Partei entstehen, wie es sie mit der Democrazia Cristiana (DC) schon einmal gegeben hatte.

Die DC war 1992 im Korruptionssumpf untergegangen, Berlusconi hatte das politische Vakuum mit seiner Forza Italia gefüllt. Seither gibt es in Italien rechts der Mitte nur noch Populisten und Rechtsnationale. Falls der „Löwe“ seinen letzten Kampf verlieren sollte, bestünde zumindest die vage Möglichkeit, dass diese „italienische Anomalie“ überwunden wird.