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Skrupellose und dreiste RechteProSieben überrascht mit „Rechts. Deutsch. Radikal.“

Lesezeit 3 Minuten
Dortmund Dorstfeld Rechte

Reichsfahnen hängen im September 2019  an den Fenstern der Häuser an der Emscherstraße in Dortmund-Dorstfeld.

  1. ProSieben zeigte mit „Rechts. Deutsch. Radikal“ eine wichtige, massenkompatible Dokumentation über die größte politische Gefahr dieser Tage.
  2. Und ganz nebenbei sorgt der Privatsender noch für einen deutschen Ibiza-Moment.
  3. Über einen unerwartbaren Fernsehabend.

Berlin – Dass ausgerechnet der Privatsender ProSieben die aktuelle Krise der AfD noch weiter vertiefen könnte – wer hätte das vor dieser Dokumentation gedacht? Vermutlich noch nicht einmal ProSieben selbst, denn in Thilo Mischkes Film “Rechts. Deutsch. Radikal.” taucht der am Montag noch vor der Ausstrahlung gefeuerte Gauland-Vertraute Christian Lüth nicht namentlich auf. Sein Bild wird verpixelt, seine menschenverachtenden Aussagen werden nachgesprochen.

“Je schlechter es Deutschland geht, desto besser für die AfD”, sagt Lüth in dem vermeintlich vertraulichen Gespräch mit der Youtuberin Lisa Licentia, die als Lockvogel dient. “Das ist natürlich scheiße, auch für unsere Kinder. Aber wahrscheinlich erhält uns das.” Licentia fragt: “Vor allem klingt das so, als ob es in deinem Interesse wäre, dass noch mehr Migranten kommen.” Lüth antwortet: “Ja, weil dann geht es der AfD besser. Wir können die nachher immer noch alle erschießen. Das ist überhaupt kein Thema. Oder vergasen, oder wie du willst. Mir egal!”

ProSieben überrascht mit Thilo Mischke

Der Dialog ist bekannt, es ist quasi die verschämte deutsche Version des Ibiza-Videos, nur dass im Gegensatz zu Österreich keine Regierung gestürzt wird, sondern nur eine rechtsradikale Partei noch deutlicher erkennbar wird als das, was sie ist: menschenverachtend.

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Aber wie gesagt, das gelingt Thilo Mischke quasi nebenbei. Er begibt sich auf eine lange Reise, zwei Jahre Recherche und Dreharbeiten, zwei Stunden Sendezeit, ins Herz des deutschen Rechtsextremismus. Er beginnt bei den gesichtstätowierten Rechtsrock-Neonazis beim “Schild und Schwert”-Festival im sächsischen Ostritz, er reist mit einem 18-jährigen Jung-Nazi zur Demonstration in Dresden, er spricht mit dem Organisator des Kampfsport-Events “Kampf der Nibelungen” und trifft die Funktionäre der Kleinpartei “Die Rechte” im Dortmunder “Nazi-Kiez” Dorstfeld.

Doku “Rechts. Deutsch. Radikal.” überzeugt

Mischke ist ein unverbesserlicher Kumpeltyp, er duzt, er scherzt, er tut harmlos. Und es verursacht manchmal fast körperlichen Schmerz, ihm beim Rumkumpeln mit Rechtsextremen zuzuschauen, aber er verliert dabei nie die Kontrolle. Was er macht, ist kein “mit Rechten reden”, um sie zu überzeugen, zurückzuholen, gesellschaftsfähig zu machen. Er will wissen, warum sie so geworden sind. Und er will wissen, wie gefährlich sie sind.

Mischke entlarvt nicht – was gibt es, anders als bei den AfD-Funktionären, schon bei knallharten Neonazis zu entlarven? Aber er zeigt sehr genau, wie vernetzt, wie selbstsicher, wie skrupellos, schamlos und dreist dieses Milieu agiert.

Dieser Film ist extrem wichtig, gerade weil er bei ProSieben gezeigt wurde (und dort in der Mediathek verfügbar ist). Wer in diesen Zeiten noch die rechtsextreme Gefahr herunterspielen will, wer der AfD noch eine bürgerliche Fassade zugesteht, wer an die Selbstverharmlosung der Szene glaubt – der sollte diese Dokumentation ansehen.