PflegekräfteNiedrige Impfbereitschaft entsetzt Regierung und Patientenverbände
Berlin – Die einen empfinden die Impfung gegen das Corona-Virus als Erlösung, die anderen als Gefahr. Ausgerechnet bei Pflegekräften scheint die Sorge besonders groß zu sein. In Online-Chats und Facebook-Gruppen von Pflegenden sind diejenigen, die Bedenken oder eine klare Ablehnung äußern, derzeit in der Mehrheit.
„Viele fühlen sich als Versuchsperson, da man einfach die Langzeitwirkungen überhaupt nicht abschätzen kann“, schreibt einer der Diskutanten. „Ich bin totaler Impfbefürworter, aber ich habe einfach Angst wegen der verkürzten Entwicklungszeit des Impfstoffs“, so ein weiterer Teilnehmer. Für einen anderen Pflegenden ist die Sache offenbar entschieden: „Den neuen mRNA-Impfstoff lehne ich ab. Da steige ich lieber aus der Pflege aus.“
Tatsächlich will sich nach letzten Umfragen nur jede zweite Pflegekraft gegen Corona impfen lassen. In Pflegeheimen, in denen zum Jahresanfang schon geimpft wurde, zeigen sich diese Bedenken deutlich. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) berichtete am Mittwoch, dass es zwar auch einzelne Heime mit einer Impfquote von 80 Prozent gebe, teilweise lasse sich aber nur 20 Prozent des Pflegepersonals immunisieren.
Appell an Pflegekräfte
Die niedrigen Zahlen haben Regierung und Patientenverbände auf den Plan gerufen. „Zum Berufsethos jeder Pflegekraft gehört alles zu tun, um den ihnen anvertrauten Menschen nicht zu schaden. Und momentan kann eben nur durch die Impfung sichergestellt werden, dass sich das Virus nicht weiter ausbreiten kann“, sagte der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, dem RND. „Ich appelliere als Pflegebevollmächtigter daher an alle Pflegekräfte sich impfen zu lassen“, betonte er. „Eine generelle Impfpflicht gibt es nicht, aber Pflegekräfte sollten sie aufgrund ihres Berufsethos als solche empfinden“, fügte Westerfellhaus hinzu.
Berichte, wonach sich Pflegekräfte nicht impfen lassen wollten, seien für ihn unverständlich, sagte der Pflegebevollmächtigte. Jedem müsse klar sein, dass die Impfung die einzige Chance auf ein schnelles Ende der Pandemie sei und auch der beste Schutz der pflegebedürftigen Menschen.
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Wenn Sorgen bestünden, dass das beschleunigte Zulassungsverfahren nicht sicher sei und sich Personen deshalb nicht impfen lassen wollten, müssten diese besser aufgeklärt werden. „Der Impfstoff, der in Deutschland die Marktzulassung erhalten hat, wurde gut erprobt und gilt als sicher und wirksam“, sagte Westerfellhaus: „Ich hoffe, dass dies immer mehr Menschen verstehen und vor allem die Pflegekräfte, die beim Schutz der besonders gefährdeten Personen eine Schlüsselposition einnehmen.“
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, forderte weitergehende Regelungen. „Appelle sind gut und richtig. Um die Pflegebedürftigen angesichts der niedrigen Impfbereitschaft beim Personal ausreichend zu schützen, brauchen wir aber eine Testpflicht für Pflegekräfte“, forderte er.
Forderung nach regelmäßigen Tests
Pflegekräfte dürften die Pflegebedürftigen nicht gefährden. Sie schleppen das Virus oft von außen ein, ohne es zu wissen. „Sowohl im stationären wie im ambulanten Bereich muss das Pflegepersonal bei jedem Schichtbeginn getestet werden“, sagte er dem RND. „Das wirkt sofort“, sagte er.
Durch die Beschlüsse bei den Beratungen der Bundesregierung mit den Länderchefs am Dienstag, für Tests in Pflegeheimen zusätzliches Personal zur Verfügung zu stellen, sei eine Testpflicht auch praktisch umsetzbar, argumentierte Brysch. „Keine Heimleitung kann jetzt noch argumentieren, wegen Personalnot nicht testen zu können“, so der Stiftungs-Vorstand.