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„Rote Linie überschritten“Precht kritisiert Waffenlieferungen an Ukraine

Lesezeit 3 Minuten
Precht dpa 160322_1

Richard David Precht

Der Philosoph und Bestseller-Autor Richard David Precht hat die westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine scharf kritisiert. „Einen europäischen Staat in einem Krieg direkt mit Waffen zu beliefern ist und bleibt ein Tabubruch“, schrieb er in einem Gastbeitrag für das Hamburger Wochenmagazin „Stern“. Deutschland habe eine „rote Linie“ überschritten und mit seinem Grundsatz von 1971 gebrochen, keine Waffen in Kriegsgebiete zu liefern. Gleiches gelte für die EU, die 2008 einen ähnlichen Standpunkt festgehalten hatte.

Precht argumentiert, dass jene Entscheidung nicht mit dem Mitgefühl für das ukrainische Volk zu rechtfertigen sei. Im Gegenteil: Das Mitgefühl mit den Kriegsopfern auf der einen und den Waffenlieferungen auf der anderen Seite, „die diesen schrecklichen Krieg noch weiter verlängern und weitere Todesopfer und Verletzte hervorrufen“, würden „einen knochenharten Widerspruch“ bilden. Die militärische Unterstützung des Landes bewirke nur „eine Verlängerung, möglicherweise eine weitere Eskalation des Krieges“.

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Die tiefe Empörung über das „himmelschreiende Unrecht der russischen Invasion“ bewertet Precht als verständlich; sie könne nicht groß genug ausfallen – aber: „Sie befreit nicht davon, realpolitisch alles dafür zu tun, um das Allerschlimmste zu verhüten.“ Sollte der Westen an seiner jetzigen Politik festhalten, würde dies die Eskalation immer weiter vorantreiben und – wie in Afghanistan – „mit unsagbarem Leid für die Zivilbevölkerung“ einhergehen.

Precht: Hoffnung auf Kriegsende nur mit „neutraler Ukraine“

Ein Szenario, bei dem Russland durch die massive wirtschaftlichen Schwächung „moralisch und ökonomisch implodiert, so wie einst die Sowjetunion“, sei mit mehr Risiken als Chancen verbunden. Die Geschichte lehre einen Fakt, so der Philosoph: „Eine europäische Friedensordnung, in der Russland keine Rolle spielt oder die gegen Russland gerichtet ist, ist eine Zeitbombe, ein zerfallendes Russland ein Pulverfass“.

Hoffnung verspreche, so Precht, nur „ein schnelles Ende des Krieges mit einer neutralen Ukraine“ sowie ein baldiger Abtritt „des kranken und moralisch bankrotten Putin“. Er betont, was der Krieg angerichtet habe, dürfe kein Dauerzustand werden. „Putins Niveau sollte nicht das unsere sein! Der Motor des politischen Geschehens muss das besonnene, vernunftgeleitete Handeln werden, nicht die Wut und nicht der Affekt.“ Er erinnert an die für ihn wahren Probleme der aktuellen Zeit: Klimawandel, Umweltzerstörung und die soziale Ungleichheit. Diese würden keinerlei Rückfall ins 20. Jahrhundert dulden.

Precht steht wegen seiner provokanten Aussagen immer wieder in der Kritik. Zuletzt stellte er den ukrainischen Widerstand infrage, indem er erklärte: „Natürlich hat die Ukraine ein Recht auf Selbst­verteidigung, aber auch die Pflicht zur Klugheit, einzusehen, wann man sich ergeben muss.“ Auch mit seinen Ansichten zu Corona-Impfungen eckte Precht in der Vergangenheit an. (RND/jst)