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Stimmung immer düstererRussische Militärbeobachter sind von Putin enttäuscht

Lesezeit 3 Minuten
Menschen gehen an einem Rekrutierungsplakat der Armee mit der Aufschrift „Militärdienst unter Vertrag in den Streitkräften“ in Sakt Petersburg vorbei.

Menschen gehen an einem Rekrutierungsplakat der Armee mit der Aufschrift „Militärdienst unter Vertrag in den Streitkräften“ in Sakt Petersburg vorbei.

In russischen Militärkreisen wächst offenbar die Enttäuschung über ausbleibende Erfolge in der Ukraine.

Die seit Wochen andauernde Offensive der Russen im Osten der Ukraine kommt nach Einschätzung russischer Militärbeobachter bald zum Erliegen. „Ich gehe davon aus, dass die Ukrainer zwischen Ostern und dem 9. Mai die Gegenoffensive beginnen werden“, erklärte der prorussische Kriegsberichterstatter Vladlen Tatarsky auf seinem Telegram-Kanal am Wochenende. Das orthodoxe Osterfest fällt in diesem Jahr auf den 16. April. Mit einer entscheidenden Schlacht rechnet Tatarsky nicht mehr.

Das ukrainische Militär hat sich bisher nicht zu einem konkreten Zeitpunkt für den Beginn ihrer Gegenoffensive zur Rückeroberung der von Russland besetzten Gebiete geäußert. Allerdings kündigte der ukrainische Verteidigungsminister Oleksiy Reznikov im estnischen Fernsehen den Einsatz westlicher Panzer für April und Mai an. Westliche Beobachter, wie der Militärökonom Marcus Keupp von der Militärakademie der ETH Zürich, rechnen daher ebenfalls ab Mitte April mit dem Beginn der ukrainischen Gegenoffensive. Er geht sogar davon aus, dass Russland „den Krieg im Oktober verloren haben“ wird.

Derzeit fokussieren sich die russischen Angriffe auf die Städte Bachmut und die rund 70 Kilometer weiter südliche Stadt Awdijiwka in der Ostukraine. Dort sind die Kämpfe laut ukrainischem Generalstab am heftigsten. Die Armee habe mehr als 50 feindliche Angriffe allein am Samstag abgewehrt, hieß es. Mehrere Personen seien getötet worden, darunter auch ein fünf Monate altes Baby und seine Großmutter in Awdijiwka. Die Kämpfe in der Region halten seit vielen Wochen an. „Wir müssen das Problem von Awdijiwka und Bachmut vor der ukrainischen Gegenoffensive lösen“, forderte Militärblogger Tatarsky auf Telegram. Die russischen Truppen bereiten sich dort seiner Einschätzung zufolge nicht auf eine Verteidigung vor, schreibt er und hält dies für einen Fehler.

Russland: Wie schlecht ist die Stimmung in der Armee?

Der russische Donbass-Kommandeur Alexander Chodakowski warnte vor den negativen Konsequenzen, die eine gescheiterte Offensive haben werde. Nicht nur seien viele Soldaten umsonst getötet und verletzt worden. Ein Misserfolg verschlechtere auch die Stimmung in der russischen Armee. „Dieser Effekt ist am Ende vielleicht noch schlimmer als Verluste“, so Chodakowski auf Telegram. Auch er forderte, dass die russischen Truppen nun in Verteidigungsstellungen wechseln sollen.

Der US-Thinktank Institute for the Study of War (ISW) hält die Forderungen der russischen Militärbeobachter für berechtigt. „Diese Forderungen zeigen, dass die nationalistischen Gruppen die sich verändernde Dynamik an der Front wahrnehmen.“ Die ISW-Experten rechnen nicht damit, dass Russlands Offensive noch Erfolg haben wird. Im Gegenteil, in den vergangenen Tagen verschlechterte sich auch noch das Wetter. „In der Gegend von Bachmut kam es kürzlich zu heftigen Schneefällen, und die Wetterbedingungen könnten den russischen Vormarsch in der Stadt weiter verlangsamt haben“, erklären sie. Das Tempo der russischen Angriffe nehme weiter ab.

Vermehrt russische Angriffe: Geländegewinn zum Ende der Offensive

Neue Angriffe gab es in den vergangenen Tagen vermehrt auf die Stadt Marinka. 20 von 70 russischen Angriffen in der gesamten Ukraine am Samstag sollen der Stadt und ihren Außenbezirken gegolten haben, schreibt das ISW. Dies könnte der Versuch sein, zum Ende der Offensive noch kleinere Geländegewinne zu machen. Dabei seien die russischen Truppen eigentlich nicht in der Lage, eine neue Front zu eröffnen. „Der Fokus der russischen Streitkräfte auf Offensivoperationen gegen Marinka könnte die russischen Offensiven anderswo im Gebiet Donezk gefährden“, so die ISW-Einschätzung.

Zuletzt kamen auch westliche Beobachter immer wieder zum Schluss, dass Russlands Winteroffensive in der Ukraine gescheitert ist. Der britische Geheimdienst schrieb am Samstag in seiner täglichen Lageeinschätzung, dass die Offensive des russischen Generalstabschefs misslungen sei. „Auf mehreren Achsen entlang der Donbass-Front haben die russischen Streitkräfte nur marginale Gewinne auf Kosten von Zehntausenden von Opfern erzielt“, so der britische Geheimdienst. Den vorübergehenden Vorteil durch viele Soldaten aus der Teilmobilisierung im Herbst habe der Kreml „weitgehend verschwendet“.