AboAbonnieren

Russisches StaatsmediumSo umgeht Sputnik die EU-Sanktionen

Lesezeit 3 Minuten
Putin im TV 200322

Wladimir Putin bei seiner TV-Ansprache am 24. Februar 

Berlin – Es war ein bis dahin beispielloser Schritt: Um gegen russische Staatspropaganda und Desinformation vorzugehen, hat die Europäische Union die Staatsmedien RT und Sputnik Anfang dieses Monats mit weitreichenden Sanktionen belegt. Seit dem 2. März dürfen die Inhalte der Kreml-Medien und ihrer Tochtergesellschaften nicht mehr in der EU verbreitet werden. Soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter und Youtube haben die Accounts und Kanäle der Medien in allen 27 EU-Ländern gesperrt. Selbst der Messenger- und Social-Media-Dienst Telegram, lange Zeit für die europäischen Behörden fast unerreichbar, zieht dabei mit.

Doch Recherchen des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) zeigen, dass der deutsche Sputnik-Ableger SNA die EU-Sanktionen auf Facebook und Instagram umgeht – offenbar ohne dass es von den Plattformen bemerkt wurde. Die Art und Weise, wie Sputnik dabei vorgeht, verdeutlicht den Auftrag des Kreml-Mediums: Propaganda im Sinne der russischen Regierung betreiben und gesellschaftliche Spannungen in Europa anheizen.

Sputnik hat eigene Facebook-Seite aufgebaut

Bereits seit dem 14. Januar hat Sputnik eine deutschsprachige Facebook-Seite aufgebaut, mit der das Staatsmedium emotionale Kurzvideos verbreitet. Themen der Videos sind etwa Proteste von Impfgegnern und Klima-Aktivisten oder die Auswirkungen der EU-Sanktionen gegen Russland auf die Spritpreise in Deutschland – kurzum: Themen mit gesellschaftlichem Spaltungspotential. Die Videos der Facebook-Seite mit dem wenig sagenden Titel „SAG“ verbreitete das Staatsmedium auch mit vermeintlich privaten Profilen in Dutzenden Facebook-Gruppen.

Dabei sprachen die Kreml-Propagandisten gezielt sowohl „Querdenker“ und Impfgegner, als auch Gegner der „Querdenker“-Proteste an – mit denselben Videos, aber angepassten Botschaften. Es ging ihnen offenbar nicht nur darum, den Videos mehr Reichweite zu verschaffen, sondern auch um das Anheizen gesellschaftlicher Konflikte. Ähnliche Methoden waren bereits 2016 und 2017 von einer mutmaßlich staatlich betriebenen „Trollfabrik“ im russischen St. Petersburg verwendet worden, die unter anderem versucht hatte, auf den Bundestagswahlkampf Einfluss zu nehmen.

Facebook-Mutterkonzern Meta sperrt Seite erst spät

Der Facebook-Mutterkonzern Meta reagierte auf diesen Versuch, die EU-Sanktionen zu umgehen, erst nach einer Anfrage des RND. Das Unternehmen stufte die Seiten auf Facebook und Instagram als staatlich kontrollierte russische Medien ein und sperrte sie am Freitag aufgrund der Verbindung zum Staatsmedium Sputnik für den Zugriff aus der EU. Das ist kein Einzelfall: Schon zuvor unternahmen Facebook und andere Plattformen teilweise erst nach Medienanfragen und Berichterstattung Schritte gegen russische Staatsmedien.

Das könnte Sie auch interessieren:

Die stellvertretende EU-Kommissionspräsidentin Věra Jourová und der EU-Binnenmarkt-Kommissar Thierry Breton hatten sich bereits Anfang März, als die Sanktionen gegen RT und Sputnik in Kraft traten, mit einem Brief an Facebook-Gründer Mark Zuckerberg gewandt. „Wir fordern Sie nachdrücklich auf, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um diese Sanktion rasch, vollständig und effizient umzusetzen und dabei alle Schlupflöcher zur Verbreitung solcher Inhalte zu vermeiden“, heißt es darin.Meta erklärte auf RND-Anfrage, seit dem Beginn der russischen Invasion in der Ukraine mehrere Schritte unternommen zu haben. „Unsere Teams sind in höchster Alarmbereitschaft, um aufkommende Bedrohungen zu erkennen, und wir reagieren so schnell wie möglich, wenn wir auf verdächtige Inhalte aufmerksam gemacht werden“, teilte das Unternehmen mit.

Wie effektiv die Einhaltung der Sanktionen in Deutschland überwacht wird, ist derweil noch offen. Die Verfolgung liegt in der Zuständigkeit der EU-Mitgliedsstaaten. Wer in Deutschland dafür zuständig ist, ist nach RND-Informationen jedoch auch mehr als zwei Wochen nach Inkrafttreten der Sanktionen nicht geklärt. Bund und Länder haben sich darauf bislang nicht geeinigt.