Der FC-Trainer nimmt die bedenkliche Anfangsphase auf seine Kappe. Gegen die kommenden Gegner muss nun aber die Wende her.
Baumgarts Plan ging nicht aufKölner Schadensbegrenzung nach misslungenem Experiment
Zuletzt war Steffen Baumgart schon mehrmals mit dem Vorwurf konfrontiert worden, taktisch und auch personell wenig flexibel oder gar stur zu sein. Ausgerechnet gegen den übermächtigen FC Bayern München wagte der Trainer des 1. FC Köln dann überraschend ein taktisches Experiment. Doch das ging gegen den Klassenprimus nicht auf – auch wenn am Ende eine Niederlage (0:1), die sich noch in Grenzen hielt.
Baumgart ist als ehrliche Haut bekannt, seine Worte nach dem Abpfiff waren teilweise ein Eingeständnis des Scheiterns. Zumindest des Scheiterns in der Anfangsphase, in denen die Kölner von Glück reden konnten, dass sie nicht gänzlich unter die Räder gekommen waren. Torhüter Marvin Schwäbe war beim Goldenen Tor von der Stürmer-Ausnahmeerscheinung Harry Kane (20. Minute) zwar machtlos, verhinderte aber gleich mit einer Reihe von Paraden und Reflexen weitere Einschläge.
Baumgart klagte sich nach dem Abpfiff fast selbst an: „Die ersten 30 Minuten nehme ich komplett auf meine Kappe, da habe ich die Jungs einfach zu hoch gejagt. Wir wollten die Müdigkeit der Bayern ausnutzen, das ist aber total daneben gegangen. Wir haben keinen Stich gesehen. Wir konnten froh sein, dass uns die Bayern am Leben gelassen haben. Was ich mir vorgenommen hatte, war gegen so eine starke Mannschaft nicht umsetzbar.“ „Hochverdient“ sei der Bayern-Sieg gewesen, gab der Kölner Coach frank und frei zu, dem Team bescheinigte er, immerhin Schlimmeres verhindert zu haben. „Ich bin froh, dass sich die Mannschaft nicht aufgegeben hat und sich bis zum Schluss den Arsch aufgerissen hat. Aber wir waren chancenlos“, sagte Baumgart.
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1. FC Köln: Dreierkette floppt – nach Umstellung dann mehr Stabilität
Der 51-Jährige hatte es gegen das Münchner Starensemble in der Defensive mit einer Dreierkette probiert. Jeff Chabot verteidigte wie gewohnt im Zentrum. Luca Kilian bekam mal wieder eine Chance und wurde als Rechtsverteidiger aufgeboten, Timo Hübers auf der linken Seite. Nun mag einer Dreier-Abwehrkette nichts Visionäres sein, doch für Baumgart schon. „Es ist für mich insgesamt das erste Mal gewesen, dass ich mit einer Dreierkette habe agieren lassen. Das habe ich auch in Paderborn nie gemacht.“ Jedenfalls nicht einem Pflichtspiel.
Baumgart wollte sicherlich auch den Umstand der Reisestrapazen der Gäste ausnutzen und hatte vielleicht insgeheim damit gerechnet, dass der eine oder andere Bayern-Profi nach den Länderspieltouren müde sein könnte. In der Tat liefen die Kölner am Ende insgesamt auch über neun Kilometer mehr als der Gegner (123,9 zu 114,6 Kilometer. Doch Baumgart ließ seine Spieler derart hoch attackieren, dass das für den Betrachter schon an Harakiri grenzte. „Die eigentliche Überlegung war, dass wir mehr Leute beim Anlaufen haben“, erklärte Baumgart. „Wir wollten die Räume dahinter nicht zu groß werden lassen, wollten es trotz des hohen Anlaufens kompakt machen, aber das ist uns nicht gelungen“, sagte Baumgart.
Ein wesentlicher Plan der Kölner war es, Torjäger Kane in Manndeckung zu nehmen und ihn gegebenenfalls zu übergeben. Doch wenn der Superstar sich ins Mittelfeld zurückfallen ließ, war dieser bereits durchkreuzt. Es klafften riesige Lücken, in die die Bayern immer wieder stießen und gleich mehrfach frei vor Schwäbe standen.
„Wir wollten im Zentrum mit Jeff Chabot Harry Kane etwas aus dem Spiel nehmen. Was nicht gut funktioniert hat, war die Übergabe zwischen unserer Dreierkette und dem Mittelfeld. Kane ist sehr variabel, lässt sich gerne fallen. Wir haben es da verpasst, loszulassen, das Zentrum wieder zu schließen und dass der Sechser ihn übernimmt. Wir haben ihn zu lange verfolgt. So waren die Bayern mit einem guten Ball hinter die Kette dann immer wieder gefährlich“, erklärte später Thomas Kessler, der Lizenzspielleiter der Kölner. In dieser Phase konnten sie sich nicht nur beim mehrfach großartig agierenden Torhüter Schwäbe bedanken, sondern auch, dass die Bayern durch Leroy Sané und Co. Chancenwucher betrieben.
FC-Kapitän Kainz: „Wollten den Bus eigentlich nicht vor dem Tor parken“
Als Baumgart schließlich von einer 3:4:1:2-Grundordnung auf ein 5:3:1 umstellte, also deutlich defensiver agieren ließ, wurden die nun sehr tief stehenden Kölner wieder stabiler und ließen deutlich weniger zu. Man habe versucht, die Räume eng zu machen und über Umschaltsituationen ins Spiel zu kommen, so Kapitän Florian Kainz: „Wir wollten eigentlich nicht den Bus vor dem Tor parken. Das hat sich dann aus dem Spiel heraus ergeben, weil wir anfangs hoch attackiert haben und die Bayern uns die Bälle hinter die Kette gespielt haben.“
Kölner Wechsel verpufften: Alidou und Tigges erneut ohne Wirkung
Während die taktische Umstellung einigermaßen fruchtete und zumindest weiteren Schaden verhinderte, konnte Baumgart mit seinen Einwechslungen keinen Effekt erzielen. Vor allem die ab der 65. Minute ins Spiel gebrachten Faride Alidou und Steffen Tigges waren erneut ein Ausbund an Harmlosigkeit vor dem gegnerischen Tor. Routinier Mark Uth, der ganz andere Qualitäten am Ball hat, blieb komplett außen vor. Der Coach wird sicherlich seine Gründe gehabt haben, Uth ist offenbar weiter noch nicht im Vollbesitz seiner Kräfte. Der aufopferungsvoll kämpfende Jan Thielmann scheint da trotz weniger gelungener Offensivaktionen weiter zu sein – auch wenn der U21-Nationalspieler bereits kurz vor seiner Auswechslung in der 77. Minute mit den Kräften am Ende schien.
Was am Ende bleibt, ist eine einkalkulierte Niederlage, die im Vergleich zu den Ergebnissen der Kölner Konkurrenz gegen die Bayern niedrig ausfiel, die aber natürlich auch kein Erfolg ist. Eine Niederlage kann per se kein Erfolg sein. „Wenn du ein Spiel 0:1 gegen die Bayern verlierst, kann das am Ende der Saison nicht von Nachteil sein, aber wir müssen auf unsere Leistung schauen. Wir haben Tugenden an den Tag gelegt, die wir in unserer Situation brauchen“, befand Thomas Kessler.
In Darmstadt und gegen Mainz muss der 1. FC Köln die Wende einleiten
Auf die Kölner, die mit sechs Punkten und nur neun eigenen Treffer erschreckend schwach dastehen, kommen aber nun Gegner zu, die mit ihnen vermeintlich auf Augenhöhe stehen und in denen sie punkten müssen. Vor allem in den kommenden Partien in Darmstadt (Freitag, 20.30 Uhr) und gegen Mainz (10. Dezember, 17.30 Uhr) muss die Wende eingeleitet werden. Und in diesen sind dann auch mehr denn je die Tugenden wie Leidenschaft, Aggressivität, Kompaktheit und taktisches Vermögen gefragt, die Kessler nach der indiskutablen Anfangsphase dann von der Mannschaft gesehen hat. Und es wäre gut, wenn mehr Durchschlagskraft nach vorne endlich dazukäme. Von wem auch immer.