Köln – Sogar die Nachspielzeit war schon beinahe vorüber, da hätte der 1. FC Köln beinahe doch noch ein Tor geschossen: Florian Kainz schlug eine Ecke vor das Tor des VfB Stuttgart, der Ball fiel Jan Thielmann vor die Füße, der an der Strafraumgrenze wie schon vor einer Woche in Frankfurt einen perfekten Schuss abgab. „Der ist drin“, dachte Abwehrchef Timo Hübers, wie er später berichtete, und tatsächlich sah es auch für die Mehrheit der 50 000 Zuschauer auf den Rängen so aus, als gelänge dem Kölner Angreifer gerade doch noch der Siegtreffer.
Doch dann flog Stuttgarts Keeper Florian Müller herbei und lenkte den Ball über die Latte; ein fantastischer Moment beider Beteiligter mit dem bessere Ausgang für die Gäste. „Das war die Aktion, die das Spiel gerecht hält“, resümierte Steffen Baumgart später.
Seine Kölner blieben damit auch im vierten Saisonspiel in der Bundesliga ungeschlagen, drei Tage nach dem 3:0 in der Conference League beim FC Fehérvár war am Sonntag war für Köln diesmal nicht mehr drin als ein torloses Remis. „Mal geht er rein, heute nicht. Wir sollten zufrieden sein. Wenn Jans Schuss reingeht, gewinnen wir glücklich. Wir haben nicht die Torchancen, um sagen zu können, wir hätten den Sieg verdient gehabt.“
Rotation wegen Doppelbelastung: Baumgart wechselt fünfmal
Baumgart hatte nach dem 3:0 in Székesfehérvár rotieren lassen, fünf Neue standen in seiner Startelf: Chabot, Hector, Schindler, Olesen und Thielmann ersetzen Hübers, Pedersen, Maina, Ljubicic und Kainz. Die Angreifer Steffen Tigges und Sargis Adamyan saßen zunächst auf der Bank, obwohl sie in Ungarn keine Minute gespielt hatten. „Wir vertrauen unserem Kader. Florian Kainz war nicht nur körperlich, sondern auch vom Kopf einfach durch. Die Wechsel mussten sein.“
Köln begann extrem passiv, Stuttgart bemerkenswert aktiv: Nach einer Viertelstunde hatte der FC kaum mehr als 30 Prozent Ballbesitz und eine schwer zu fassende Passquote von 51 Prozent. Es dauerte, bis Köln sich einigermaßen fand. Zudem war die Partie lange unterbrochen, weil Jeff Chabot beim Zusammenprall mit Mavropanos eine stark blutende Platzwunde erlitten hatte.
Köln kam kaum nach vorn – gleichzeitig funktionierte die Deckung nicht, was beinahe zu Gegentreffern geführt hätte: Zweimal musste Schwäbe überragend gegen Silas halten, der Kongolese war mit seinem Tempo eine immense Bedrohung für die Kölner Verteidigung. „Sie haben von Anfang an Tempo gemacht, wir haben nicht sauber genug gearbeitet“, urteilte Baumgart. Der Plan habe „nicht so funktioniert, wie wir uns das vorgestellt haben. Der Gegner hat es gut gemacht, uns hat die Frische gefehlt.“
Baumgart gibt zu: „So ein Spiel werden wir nicht immer unentschieden spielen“
Immerhin gelang es den Kölnern nach etwa einer halben Stunde, das Geschehen aus der eigenen Hälfte in Richtung Mittelfeld zu verlagern, was auch am Organisationstalent der Zentralspieler Ellyes Skhiri und Eric Martel lag. Die Ballverluste geschahen dann weiter vorn, besonders Florian Dietz war bei seinem erneuten Startelf-Einsatz in Schwierigkeiten und wurde zur zweiten Halbzeit durch Adamyan ersetzt. Zehn Torschüsse hatten die Gäste bis zur Pause abgegeben, Köln nur drei. „Sie hatten weiter klare Möglichkeiten. So ein Spiel werden wir nicht immer unentschieden spielen“, gab Baumgart zu.
Dann knickte Chabot im Zweikampf um, warf entnervt seinen Turban von sich – der Verteidiger wusste, dass es nicht mehr weiterginge für ihn. Timo Hübers kam. Nur vier Minuten nach dem Wechsel stand der Kölner Abwehrchef im Zentrum des Geschehens, als er einen Ball gegen Silas klärte und dann Opfer einer Attacke von VfB-Stürmer Luca Pfeiffer wurde, der Hübers ohne Aussichten auf den Ball in die Beine fuhr. Pfeiffer sah eine verdiente Rote Karte. „Ich habe direkt gemerkt, dass es eine Rote war. Es war dumm, ich habe mich auch direkt entschuldigt“, sagte der Stürmer nach seinem traurigen Bundesliga-Debüt.
Köln blieb ohne Durchschlagskraft
Köln war also wie schon gegen Schalke und Leipzig in Überzahl, und Baumgart wechselte: Für Schindler kam Kainz, Thielmann konnte auf die rechte Seite wechseln. Außerdem ersetzte Ljubicic Eric Martel, es bestand Hoffnung auf eine offensiver geführte Schlussphase. Tatsächlich kam die Kulisse, und nachdem Stuttgarts Coach Pellegrino Matarazzo mit Gelb-Roter Karte des Innenraums verwiesen worden war, entwickelte sich zumindest von der Stimmung im Stadion her noch eine interessante Bundesligapartie.
Doch Köln blieb ohne Durchschlagskraft, weil Stuttgart sich tief zurückzog und geschickt verteidigte. Der FC probierte es über die Flügel, doch im Zentrum war kein Durchkommen, zumal Köln die Stuttgarter Konterstärke fürchtete. Angesichts der Überzahl fiel die Freude über den Endstand verhalten aus. Doch der Trainer war nach zwei englischen Wochen zufrieden. „Wenn man die 90 Minuten sieht, war es eher ein Punktgewinn.“