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Köln im Derby-RauschDer Tag der Gewinner und großen Emotionen

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Jubel in Jürgen-Klopp-Manier: FC-Trainer Steffen Baumgart feiert mit den Fans den Derbysieg.

Köln – Der Mann kann nicht vom Fußball lassen. Am Sonntag besuchte Steffen Baumgart seinen Ex-Klub SC Paderborn erstmals wieder und verfolgte das Zweitligaspiel gegen Rostock von der Tribüne aus. Der Trainer des 1. FC Köln hatte seiner Mannschaft nach dem triumphalen 4:1-Sieg im Derby gegen Borussia Mönchengladbach schließlich gleich bis Dienstag freigegeben. Übrigens auf Anweisung von 2:1-Torschütze Mark Uth, der nach dem Abpfiff am TV-Mikrophon mit einem Schmunzeln zwei freie Tage gefordert hatte. Der Wunsch war dem Trainer ein Befehl. „Na, wenn Mark das fordert, bekommt er die auf jeden Fall.“

Als Baumgart diese Sätze über die Lippen gegangen waren, verzog er keine Miene. Der Coach versteht sich in Lakonie. Doch einige Minuten zuvor hatte man einen anderen Baumgart erlebt. Einen, der große Emotionen zeigte und wusste, welche Bedeutung der Sieg über den Erzrivalen für die Anhängerschaft hat. Die Südtribüne hatte nach dem Abpfiff Baumgarts Namen skandiert und wollte den Trainer noch mal sehen. Begleitet von seinen Assistenztrainern erfüllte er den Wunsch, ließ sich feiern, initiierte die Laola-Welle, zog vor den Anhängern seine Schiebermütze und ballte die Fäuste. So, wie man es sonst von Jürgen Klopp kennt.

Der höchste Derbysieg des FC seit einem Vierteljahrhundert hatte Baumgart bewegt. „Es ist schön, diese Emotionen zu erleben. Ich durfte das zuvor noch nicht. Daher war es auch für mich besonders“, sagte Baumgart.

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Nach fünf sieglosen Spielen, in denen überwiegend die Leistung, aber die Punktausbeute nicht gestimmt hatte, belohnte sich der FC endlich wieder. Baumgart hatte die richtige Taktik und das richtige Personal gewählt und seine Mannschaft optimal auf den zuvor formstarken Gegner eingestellt. Mit seinen Einwechslungen bewies er zudem ein goldenes Händchen. Uth erzielte das 2:1, Sebastian Andersson traf zum Endstand. Und die ebenfalls eingewechselten Kingsley Schindler (zum 3:1) und Louis Schaub (zum 4:1) wurden zu Vorlagengebern.

Leichte Entwarnung bei Hector

Vorsichtige Entwarnung bei Jonas Hector: Bei der Auswechslung des FC-Kapitäns kurz nach dem Wiederanpfiff im Derby hat es sich womöglich um eine Vorsichtsmaßnahme gehandelt, wie Trainer Steffen Baumgart durchblicken ließ: „Jonas hatte in der ersten Halbzeit schon angedeutet, dass sein Oberschenkel zu macht. Er wollte nochmal auf das Spielfeld und gucken, ob es für ihn weiter geht. Er hat aber relativ schnell angezeigt, dass das Risiko zu groß wäre.“

Baumgart war deshalb einer der großen Gewinner des Spiels. Aber nicht der einzige. Auch der unermüdliche Dejan Ljubicic, dem sein erstes Bundesligator gelang, zählte dazu. Und ganz besonders galt das für Salih Özcan. Auch wenn der Mittelfeldspieler nach seinem Premieren-Tor in Mainz (1:1) diesmal keinen eigenen Treffer beisteuerte, so wurde er dennoch zum besten Mann auf dem Platz. Der gebürtige Kölner war zweikampfstarker Antreiber, eroberte viele Bälle, stopfte in der Defensive Löcher und war überall auf dem Platz zu finden.

Extra-Lob für Özcan

Das sah Baumgart genauso: „Ich stelle ungern einen Spieler heraus, heute muss ich es tun. Salih Özcan hat eine überragende Leistung gezeigt. Als Kölner Junge so ein Derby zu bestreiten, ist bemerkenswert.“ Özcan stellte lieber die Mannschaft in den Vordergrund: „Das war eine mega Teamperformance. In der ersten Halbzeit haben wir die Chancen wieder nicht genutzt, gehen aber trotzdem mit einem guten Gefühl in die Pause. In der zweiten Hälfte haben wir dann geliefert und die Fans stolz gemacht“, sagte der 23-Jährige, für den es der vierte Derbysieg im vierten Spiel war, bei dem er auf dem Platz stand.

In den letzten Spielen gab der Ehrenfelder mit seinen Darbietungen die Antwort auf seine Kritiker, die dem FC-Eigengewächs zuvor Leistungs-Stagnation oder sogar einen -Rückschritt vorgeworfen hatten. Doch aus dem Wackelkandidaten des Sommers ist mittlerweile ein Leistungsträger geworden, der das Vertrauen von Baumgart spürt und auf dem besten Weg ist, sich nachhaltig beim FC durchzusetzen.

Damit ist Özcan Torhüter Marvin Schwäbe noch einen Schritt voraus. Doch auch der Vertreter des verletzten Timo Horn avancierte zu den großen Gewinnern. Der 26-jährige Neuzugang hatte eine erstaunliche Leistung geboten, agierte jederzeit sicher und völlig unaufgeregt. Und wurde dafür ebenfalls von den Anhängern gefeiert. „Das war Gänsehaut pur. Der Tag war heute der absolute Wahnsinn für mich. Erstes Bundesliga-Spiel, Derby gewonnen, volle Hütte – besser geht es nicht.“ Keiner konnte Schwäbe widersprechen.