André Pawlak war eine der wenigen Konstanten zuletzt beim 1. FC Köln. Doch nun geht der 53-Jährige und wird in Kürze wieder als Cheftrainer arbeiten.
Abschied nach sieben JahrenDarum verlässt Trainer André Pawlak wirklich den 1. FC Köln
Der Dienstag, der 28. Mai 2024, war kein gewöhnlicher Tag für André Pawlak. Der Fußballtrainer löste seinen ursprünglich bis 2025 laufenden Vertrag beim 1. FC Köln vorzeitig auf. „Einvernehmlich“, wie es hieß, dies hatten ihm zuvor die Verantwortlichen des Klubs zugesichert. Für den 53-Jährigen endete somit eine siebenjährige Zeit beim FC. Für viele in und um den Klub war der gebürtige Gelsenkirchener mehr als der Co-Trainer, der vor allem mit Cheftrainer Steffen Baumgart zwei Jahre erfolgreich tätig gewesen war und als Interims-Coach 2019 die Bundesliga-Rückkehr der Kölner finalisiert hatte.
Doch die Chance als Kölner Cheftrainer bekam Pawlak nicht. Deshalb verlässt er nun den FC und stellt er sich ab dem 1. Juli einer neuen Herausforderung, die ihn fast sicher zum Deutschen Fußball-Bund (DFB) führen wird. Nach dem Termin am Geißbockheim traf der „Kölner Stadt-Anzeiger“ Pawlak zum Interview.
Herr Pawlak, mit welchen Gefühlen verlassen Sie nach sieben Jahren den 1. FC Köln?
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André Pawlak: Mit sehr gemischten Gefühlen, mit einem lachenden und weinenden Auge. Im Moment überwiegt noch klar das weinende Auge, sieben Jahre in einem Profiverein sind eine lange Zeit. Der Abschied fällt mir nicht leicht, denn ich habe den Klub, seine Mitarbeiter, die Fans, aber auch die Stadt und ihre Menschen liebgewonnen. Ich freue mich aber auch auf meine neue Aufgabe. Ich habe mich schließlich bewusst dazu entschieden, den FC zu verlassen.
Was sind Ihre Gründe?
Seit der Trennung von Steffen Baumgart im vergangenen Dezember habe ich immer mehr mit dem Gedanken gespielt, selbst wieder als Cheftrainer zu arbeiten. Vor ein paar Wochen hatte ich diesbezüglich ein Gespräch mit Christian Keller (Sport-Geschäftsführer, d. Red.). Zu der Zeit hatte ich bereits einige interessante Anfragen vorliegen. Ich hätte mich mit diesen gar nicht großartig beschäftigt, wenn mir beim FC diese Möglichkeit, wieder Cheftrainer zu werden, aufgezeigt worden wäre. Doch die Verantwortlichen haben eine andere Meinung – was legitim ist.
Sie hatten einige Fürsprecher. Warum haben Sie die Chance beim FC nicht bekommen?
Da muss ich selbst spekulieren. Vielleicht bin ich schon etwas zu lange im Klub. Man hat mir im Winter nach der Trennung von Steffen zu verstehen gegeben, dass man eine externe Lösung auf dem Cheftrainer-Posten präferiert. Diese bin ich eben nicht – auch wenn ich mir den Job zu jeder Zeit absolut zugetraut hätte. Ich kann Profi-Mannschaften führen, diesen Beweis habe ich erbracht. Ich möchte allerdings erwähnen, dass die Gespräche mit dem FC offen und ehrlich waren. Aber ich habe eben für mich jetzt meine Konsequenzen gezogen. Ich wollte nicht erneut unter einem neuen Cheftrainer in die kommende Saison gehen.
Wohin führt Ihr Weg jetzt?
Es stimmt, was teilweise schon öffentlich geworden ist: Ich bin in konkreten und guten Gesprächen mit dem DFB. Für mich besteht die Möglichkeit, ab dem 1. Juli als Cheftrainer eine Junioren-Nationalmannschaft zu übernehmen. Es ist allerdings noch nichts perfekt und unterschrieben. Sollte es so kommen, dann wäre das eine interessante, spannende und neue Aufgabe für mich mit einer etwas anderen Arbeitsweise als die eines Vereinstrainers.
Mit dem FC haben Sie nervenaufreibende Wochen und Monate hinter sich. Am Ende stand der siebte Abstieg der Vereinsgeschichte. Wie betrachten Sie rückblickend die Saison?
Das Ende war extrem bitter. Mir tut der Abstieg richtig weh. Ich hätte mich gerne mit dem Klassenerhalt verabschiedet – auch wenn das an meiner persönlichen Entscheidung nichts mehr geändert hätte. Es war eine schwierige Saison, in der uns von Anfang an immer wieder entscheidende Spieler durch Verletzungen oder Krankheiten weggebrochen sind. Das war sicherlich nicht der einzige Grund für den Abstieg, aber ein wichtiger. Wir hatten zudem einen einschneidenden Trainerwechsel. Und dann die Transfersperre, durch die so viele Unsicherheiten aufkamen und wir uns im Winter auch nicht mehr verstärken konnten. Wir hatten wirklich mit vielen Einflüssen von außen zu kämpfen, die auch an der Mannschaft nicht spurlos vorbeigegangen sind und einige Spieler auch belastet haben. Leider haben wir es am Ende des Tages nicht geschafft, die Spieler, die uns noch zur Verfügung standen, ans oberste Level ihrer Möglichkeiten zu treiben. Dafür kann man uns kritisieren.
Kritisiert – und zwar sehr heftig – wird auch die Transferpolitik des Klubs. Zu Recht?
Wir haben nur 27 Punkte geholt und vor allem nur 28 Tore erzielt. Das kann man natürlich nicht nur mit Pech begründen. Uns haben ein oder zwei Spieler gefehlt, die regelmäßig treffen. Den oder diese hatten wir nicht im Kader.
Es gab allerdings auch Spiele wie gegen Bremen, über weite Strecken gegen Bochum, gegen Darmstadt oder am Ende in Heidenheim, da enttäuschte die Mannschaft immens. Fast so, als hätte sie Angst vor dem Versagen.
Im Vorfeld der Spiele kam dieses Gefühl nie auf. Die Trainingswochen zuvor waren immer gut. Man muss es wirklich sagen: Diese Mannschaft hat einen einwandfreien, tollen Charakter. Sie hat die Mentalität, immer bis zum Schluss alles zu geben. Da wir fast von Anfang an unten drinsteckten, waren die Spieler mit der Situation auch vertraut. Doch auf dem Platz war das dann in der Tat nicht immer zu sehen, das muss ich so ehrlich sagen. Wir sind am Ende nicht am Kopf gescheitert, aber natürlich kommt jeder Spieler anders mit solchen Drucksituationen klar – oder eben nicht.
Der FC hat sich in dieser Saison nicht nur von Baumgart und bereits wieder von seinem Nachfolger Timo Schultz getrennt, sondern im Januar auch von Co-Trainer René Wagner und Torwarttrainer Uwe Gospodarek. Und jetzt verlässt mit Ihnen auch der langjährige Assistent und Ex-FC-Profi Kevin McKenna den Klub. Wie bewerten Sie den Trainer-Aderlass?
Natürlich sind das ungewohnt viele Abgänge im Trainerteam. Das viel zitierte Trainer-Callcenter gibt es nicht mehr, es ist Geschichte. Nach zweieinhalb Jahren der Zusammenarbeit, von denen zwei Jahre sehr erfolgreich waren, waren die Abschiede im Winter ein richtiger Einschnitt. Persönlich tat mir das weh, denn solch eine enge Zusammenarbeit in solch einem tollen Team ist einmalig, und sie wird es auch immer bleiben. Zusammen mit den Spielern waren wir eine geschlossene Einheit, die eine Wagenburg gebildet hatte. Dennoch möchte ich betonen, dass die verbliebenden Trainer auch Steffens Nachfolger Timo Schultz immer so unterstützt haben, wie es unsere Aufgabe und Pflicht ist. Ich bin überzeugt, dass Timo es auch so sieht.
Sie haben in den vergangenen Jahren einige Cheftrainer kommen und gehen sehen. Welche waren für Sie die prägendsten?
Ich bin wirklich mit allen gut ausgekommen und habe von allen etwas mitgenommen, das kann ich so sagen. Doch auch wenn die Zeit recht kurz war, so war doch die Zusammenarbeit mit Friedhelm Funkel ungemein intensiv und von großem Vertrauen geprägt. Mit der dann erfolgreichen Relegation und der Tatsache, dass Friedhelm nicht mehr alles selbst macht, war es eine besondere Situation. Friedhelm hat mich auf dem Platz fast alles machen lassen. Und Steffen Baumgart ist für mich zum Freund geworden. Sein Enthusiasmus und seine Energie färben auf einen ab. Menschlich ist er herausragend.
Die Trennung schien für alle in der Kabine ungemein schwer...
Das war auch so. Ich bin schon länger im Geschäft, aber ich habe noch nie eine Mannschaft erlebt, die sich so herzlich und emotional von einem Trainer verabschiedet hat. Es war eine berührende Situation. Alle haben etwas gebraucht, um sie zu verkraften.
Wie sehen Sie den FC für die kommende Zweitliga-Saison aufgestellt?
Ich hoffe, dass doch noch viele Spieler beim FC bleiben wollen und der Klub Sie auch halten kann. Den Spielern sei immer wieder gesagt: Der FC ist ein geiler Klub und Köln eine tolle Stadt. Man sollte sich deshalb dreimal überlegen, ob man diesen Verein für nur etwas mehr Gehalt einfach so verlässt. Wenn doch noch ein Großteil der Mannschaft zusammenbleibt, dann kann sie mit den Leihspielern und den eigenen Talenten sicherlich eine solide bis gute Saison spielen. Dann müsste man sich keine großen Sorgen machen. Dafür drücke ich die Daumen.
Beim FC hat sich in allen Bereichen personell ungemein viel verändert. Wie sehen Sie die Stimmung am Geißbockheim?
Es stimmt, es sind viele einfach nicht mehr da, mit denen ich einst angefangen habe. Teilweise auch Mitarbeiter, die sehr lange im Verein tätig waren. Das ist schon bitter. Da muss der Verein schon aufpassen, dass er die Seele nicht verliert. Doch was ist die Seele des Klubs eigentlich, was macht sie aus? Für mich macht sie aus, dass es Spieler wie Mitarbeiter gibt, die mit dem Verein durch dick und dünn gehen – oder durch et Füer, wie man in Köln sagt. Und von diesen Menschen lebt der 1. FC Köln ja eigentlich, sie machen ihn zu etwas ganz Besonderem.