Die Analyse der vergangenen Monate hat vor allem angesichts des schwachen Saison-Endes ergeben, dass eine Trennung notwendig war.
Schultz verlässt den 1. FC KölnDie Hintergründe zum „kompletten Neuanfang“ auf Trainerebene
Am Montagmittag verbreitete der 1. FC Köln die Neuigkeit, die längst keine mehr war. Man werde „mit neuen Verantwortlichen im Trainerteam in die Saison 2024/2025 starten“, teilte der Verein mit: „Nach einer umfassenden gemeinsamen Analyse der abgelaufenen Spielzeit haben sich der FC und sein bisheriger Cheftrainer Timo Schultz einvernehmlich darauf verständigt, den auslaufenden Arbeitsvertrag nicht zu verlängern.“
Die Mission des 46-Jährigen ist damit nach 18 Spielen mit dem FC vorüber. Das Verhältnis zwischen Trainer, Mannschaft, Fans und Verantwortlichen war dabei stets intakt, trotz des ausbleibenden sportlichen Erfolgs. Offenbar deshalb war es den Verantwortlichen ein Anliegen, nicht nur die Tiefe der Analyse zu betonen. Man gab sich zudem große Mühe, es aussehen zu lassen, als sei Schultz im Rahmen des Möglichen einverstanden mit seinem Abschied.
Auch Christian Keller betonte das Gemeinschaftliche. „Wir haben uns in der vergangenen Woche bewusst sehr viel Zeit genommen, um gemeinsam mit Timo die Rückrunde aufzuarbeiten und jeden Stein umzudrehen. Im Ergebnis waren wir übereinstimmend der Ansicht, dass wir in die mit großen Herausforderungen einhergehende Zweitligasaison mit neuen Impulsen im Trainerteam starten müssen“, teilte der Geschäftsführer mit.
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Entscheidende Gespräche zur Wochenmitte zwischen Keller und Schultz
Tatsächlich war Schultz bereits am Donnerstag in seine Hamburger Heimat gereist; erst am Montag kehrte er zurück. Den Pfingstmontag hatte er in Maastricht verbracht. Die entscheidenden Gespräche mit Keller hatten zur Mitte der Woche stattgefunden.
Am Wochenende hatte sich das Präsidium in einem Gespräch mit dem „Express“ zur Trainersituation geäußert: „Uns ist wichtig, dass wir eine saubere und tiefgreifende Saisonanalyse abschließen. Dadurch gewinnen wir ganz wichtige Erkenntnisse, die in der Zukunft helfen werden. Deshalb soll Keller seine Analyse komplett fertigstellen“, hatte Eckhard Sauren erklärt. Präsident Werner Wolf ergänzte in dem am Freitag geführten Gespräch auf die Frage nach Schultz: „Da können wir aktuell noch nichts zu sagen, das gehört auch zum operativen Geschäft.“
Der Austausch zwischen Keller und Schultz scheint tatsächlich ein vertrauensvoller und offener gewesen zu sein. Zwar hätte Schultz gern weitergemacht in Köln, wo er Stadt und Verein in seiner kurzen Amtszeit durchaus schätzen gelernt hat. Dennoch war der Coach in den vergangenen Tagen wie Keller zu der Einsicht gekommen, dass spätestens mit dem Debakel des letzten Spieltags ein frischer Start in der Zweiten Liga nicht mehr möglich gewesen wäre.
Zwar klingt es seltsam, wenn ein Trainer per Klubmitteilung seiner eigenen Verabschiedung zustimmt. Doch darf man glauben, dass Keller und Schultz im Guten auseinandergegangen sind. „Nach ausführlicher Analyse der Rückrunde sind wir gemeinsam zu dem Entschluss gekommen, die Zusammenarbeit nicht über den Sommer hinaus zu verlängern. Da wir unser großes Ziel – den Klassenerhalt – nicht erreicht haben, bin ich der Meinung, dass es konsequent und richtig ist, dass jemand anderes einen Neuanfang startet“, wurde Schultz zitiert.
Schultz war Kellers erste Trainerverpflichtung in Köln, Steffen Baumgart hatte noch Horst Heldt geholt. Doch obgleich die Umstände schwierig waren, unter denen der Ostfriese im vergangenen Januar übernahm, bleibt festzuhalten, dass die Entscheidung im Ergebnis ein Fehlschlag war.
Am 21. Dezember hatten sich die Kölner nach dem 0:2 bei Union Berlin von Steffen Baumgart getrennt. Zwar hatte es noch vor Silvester erste Gerüchte um Timo Schultz als Nachfolger gegeben. Doch erst am 4. Januar hatten die Kölner den neuen Mann präsentiert – zum Trainingsauftakt hatten sie ohne Chefcoach dagestanden. Keller hatte sich also mit der gewohnten Akribie an die Entscheidung gemacht. Die Faktoren, die damals den Ausschlag für Schultz gaben, dürften auch heute noch bestehen. Doch das Verpassen des Saisonziels, dramatisiert noch durch den letzten Eindruck des 1:4 in Heidenheim, nahmen Keller letztlich alle Argumente – obgleich er sich zunächst dafür ausgesprochen hatte, Schultz womöglich doch zu behalten.
Denn nach dem Abstieg hätte der ruhige Ostfriese gern die Gelegenheit wahrgenommen, seine Kernkompetenz einzubringen: Nachhaltiges Arbeiten. Er sei „kein typischer Feuerwehrmann. Ich weiß, dass wir kurzfristig Ergebnisse brauchen. Trotzdem dürfen wir nicht vergessen, was vielleicht in einem Jahr da sein soll“, sagte er bei seiner Präsentation.
Keller hatte gehofft, der Trainer könne die vermuteten Qualitäten seines so löchrig zusammengestellten Kaders entfesseln, doch da wäre wohl jeder Trainer der Welt in Schwierigkeiten geraten. Schultz bringe „die Persönlichkeit und die Kompetenz mit, um das Leistungspotenzial unserer Mannschaft zu heben. Timo konnte eindrücklich belegen, dass er in ganz vielen Punkten auf unser Anforderungsprofil passt“, erklärte Keller.
Keine fünf Monate später ist Keller wieder auf der Suche. Er wird sich erneut Zeit nehmen und womöglich Kontakte aus dem vergangenen Winter wiederbeleben. Der Verein teilte am Montag mit, den „kompletten Neuanfang auf der Cheftrainer- und den Co-Trainerpositionen“ in Ruhe zu planen. Und teilte drei Wochen vor dem Trainingsauftakt mit: „Die Suche nach einem Trainerstab soll bis zum Vorbereitungsstart abgeschlossen sein.“