1. FC Köln reist nach zuletzt wenig erbaulichen Leistungen zum Spitzenspiel nach Paderborn. Der Vorstand schweigt zu seiner Zukunft.
Fragiler FriedenVorstand des 1. FC Köln stützt Sportchef Keller trotz dürrer Leistungen

Eckhard Sauren und Werner Wolf beim Mitgliederstammtisch im vergangenen Januar
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Die letzte Länderspielpause der Saison ist vorüber, am Samstag (13 Uhr/Sky) begibt sich der 1. FC Köln auf die Zielgerade seiner Tournee durch die Zweite Liga, die am 18. Mai mit der direkten Rückkehr in die Bundesliga enden soll. Acht Partien stehen noch aus, und die in Paderborn (Samstag 13 Uhr) könnte vorentscheidend sein: Die Westfalen sind Kölns Tabellen-Nachbar. Sollte der Zweite aus Köln beim Dritten gewinnen, legte der FC fünf Punkte zwischen sich und seinen Verfolger. Gewinnt Paderborn, fällt Köln auf den Relegationsrang zurück. Die nächste Krise wäre da.
Zwar gibt es Gründe zur Zufriedenheit am Geißbockheim. Der FC steht nur ein Jahr nach dem Abstieg aussichtsreich in der Gruppe der Aufstiegsfavoriten. Dennoch ist die Unzufriedenheit groß. Die Mannschaft spielt seit Wochen unattraktiv, punktet mäßig und leistet sich Ausfälle – nicht nur bei den Niederlagen in Magdeburg und Karlsruhe, sondern auch in den Tests gegen Viktoria Köln und Verl. Bereits sieben Niederlagen hat die Mannschaft in dieser Saison kassiert, zehn Teams der Liga haben mehr Tore geschossen als der FC. Es ist kein gutes Jahr.
Die Winter-Zugänge überzeugten bislang ebenfalls nicht, im Gegenteil scheint bereits klar, dass weder Imad Rondic noch Joel Schmied oder der momentan verletzte Jusuf Gazibegovic nach einem Aufstieg Leistungsträger in der Ersten Liga sein könnten.
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Eckhard Sauren sieht Entwicklung des 1. FC Köln positiv
Eckhard Sauren, im Präsidium für den Sport zuständig, sieht die Lage dennoch eher positiv. Die Bedingungen seien nach dem Abstieg wegen der Transfersperre besonders schwierig gewesen. „Viele haben uns den freien Fall prophezeit. Trotzdem lautete unsere Zielsetzung vor der Saison, den schnellstmöglichen Wiederaufstieg zu realisieren. Unsere beste Chance war es, den Kader möglichst zusammenzuhalten, was uns unter Führung von Christian Keller gut gelungen ist. Wir stehen nach drei Vierteln der Saison auf dem zweiten Platz, einen Punkt hinter dem Tabellenführer. Auch wenn wir aktuell nicht den attraktivsten Fußball spielen, hätte ich das letzten Sommer unterschrieben“, sagt der Vizepräsident dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Die Transfers dieses Winters beurteilt Sauren noch nicht nach ihrer Bundesliga-Tauglichkeit. „Joel Schmied und Jusuf Gazibegovic waren bislang Stammspieler und somit Verstärkungen. Imad Rondic ist das noch nicht. Ich traue ihm aber zu, noch ein wichtiger Faktor für uns zu werden.“
Das Präsidium äußerte sich zuletzt selten. Den Vorwurf, man sei abgetaucht, möchte Werner Wolf allerdings nicht stehenlassen. „Wir stehen untereinander in einem engen Austausch, konzentrieren uns auf unsere aktuellen Aufgaben und versuchen, den Klub nach allen Kräften bei der Erreichung unserer gemeinsamen Ziele zu unterstützen“, sagt der Präsident dieser Zeitung.
Wenn man den Kaderetat massiv reduzieren muss, um den Verein vor der Insolvenz zu retten, fällt es naturgemäß schwer, die Transferwerte parallel zu erhöhen oder auch nur zu erhalten. Aus dieser Phase haben wir uns jetzt herausgearbeitet
Allerdings ist die Situation fragil. Angesichts der dürren Leistungen und vieler knapper Siege scheint der FC stets nur eine Niederlage von der nächsten Krise entfernt. Die Mannschaft hatte disziplinarische Schwierigkeiten, Linton Maina feierte mit zwei Kollegen Karneval, obwohl sich die Mannschaft zum Verzicht verpflichtet hatte. Trainer Gerhard Struber gab nach dem furchtbaren Test gegen Verl dennoch großzügig frei, hat allerdings zuletzt mit seinen durchaus demütigenden Wechseln beim 2:1-Sieg über Darmstadt 98 auch klar zu erkennen gegeben, dass er bereit ist, hart durchzugreifen.
Wenig Kritik an Profis des 1. FC Köln
Auffällig ist zudem, dass die Spieler trotz aller Kritik am Auftreten der Mannschaft bislang öffentlich in Ruhe gelassen werden. Die Fans zeigen sich ebenfalls milde: Pfiffe im Stadion gab es bislang kaum, offenbar hat der Anhang ein gutes Gespür dafür, dass der sportliche Erfolg auf wackligen Füßen steht – und der Kader womöglich weit weniger stark ist, als etwa Christian Keller ihn sieht.

Vizepräsident Carsten Wettich steht bereit, um einem weiteren Kölner Präsidium anzugehören.
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Als Christian Keller im April 2022 beim 1. FC Köln die Verantwortung übernahm, beschloss die Mannschaft die Saison auf dem siebten Platz – der Bundesliga. Es folgte eine Saison in Europa mit den entsprechenden Einnahmen, der Klub verkaufte Spieler wie Anthony Modeste und Salih Özcan für viel Geld, trennte sich später von teuren Profis wie Jonas Hector, Timo Horn oder Ellyes Skhiri. Das alles half der Bilanz enorm, doch der Kader verlor massiv an Qualität – und die sportliche Leitung konnte diesen Verlust nicht ausgleichen.
Auch Kellers Trainerentscheidung in der vergangenen Saison floppte. Dennoch wäre der Geschäftsführer mit Schultz wohl auch in die Zweite Liga gegangen, hätten ihn die Gremien nicht gestoppt – das besagen jedenfalls Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Die Umstände, die zur Transfersperre führten, hatte Keller zwar nur von seinen Vorgängern geerbt, und der Sportchef beharrt darauf, dass die Situation um Jaka Potocnik nicht zu retten war. Doch darüber gibt es sehr unterschiedliche Einschätzungen – die meisten sehen die Verantwortung bei Keller.

Christian Keller und Vizepräsident Eckhard Sauren
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Schlechte Transfers, eine mindestens diskutable Rolle beim Managen der Causa Potocnik, dazu die Trainerentscheidung mit Schultz sowie der sportlichen Krise im vergangenen Herbst, als Gerhard Struber andeutete, dass auch er nicht der richtige Mann ist: Es hätte praktisch im Halbjahrestakt Anlässe gegeben, Keller von seinen Aufgaben zu entbinden. Doch der 46-Jährige moderierte sich aus jeder noch so misslichen Lage. Und derzeit hat er die Tabelle auf seiner Seite. Sollte Köln der Wiederaufstieg gelingen, wäre der Verein zur neuen Saison angesichts der verbesserten Finanzen investitionsfähig wie lange nicht. Wenngleich selbst ein Jahr in der Zweiten Liga die Entwicklung enorm bremst – und man sich zudem des Risikos weiterer Jahre im Unterhaus aussetzt, die ernsthaft Substanz kosten würden.
Dass Keller noch da ist, liegt aber auch daran, dass der Vorstand fest an der Seite des Sportchefs steht. Entsprechend gut bleibt das Zeugnis, das Sauren seinem wichtigsten Mann ausstellt: „Wenn man den Kaderetat massiv reduzieren muss, um den Verein vor der Insolvenz zu retten, fällt es naturgemäß schwer, die Transferwerte parallel zu erhöhen oder auch nur zu erhalten. Aus dieser Phase haben wir uns jetzt herausgearbeitet.“
FC-Vorstand auf Abruf
Der Vorstand amtiert noch bis September. Dass Werner Wolf und seine Vizes Sauren und Carsten Wettich als Trio weitermachen, gilt als ausgeschlossen. Doch unabhängig davon, ob der FC im Mai aufsteigt oder nicht, stehen dem Verein entscheidende Weichenstellungen bevor. Dass ein Vorstand die Zukunft plant, der im Herbst abberufen werden dürfte, wirkt dabei unglücklich. Doch eine vorgezogene Wahl wäre allein aus Satzungsgründen schwierig. Der Vorstand könnte zwar am Tag nach dem letzten Saisonspiel geschlossen zurücktreten, um dann in einer Außerordentlichen Mitgliederversammlung ein neues Trio wählen zu lassen. Doch auch ein solches bliebe nur bis September im Amt. Überhaupt, erklärt Wettich: „Wir befinden uns mitten in den Planungen für das kommende Geschäftsjahr und die kommende Saison. Die Weichen werden jetzt gestellt, nicht erst im Sommer.“
Zur eigenen Planung schweigt der Vorstand. Der Mitgliederrat, der eine Findungskommission gebildet hat und nach Kandidaten für die Nachfolge sucht, wartet nach Informationen dieser Zeitung noch auf eine Festlegung der amtierenden Vorstände. Klar ist zwar, dass das Trio nicht erneut antreten wird – jeder der drei Herren für sich aber sein Engagement grundsätzlich fortführen würde.