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1. FC Köln„Wenn man zu früh anfängt zu feiern“ – Baumgart warnt vor Wolfsburg

Lesezeit 5 Minuten
Baumgart PK vor Augsburg

Steffen Baumgart

Köln – Am Ende einer bemerkenswerten Saison stehen für Steffen Baumgart zwei finale Spieltage an, die einer Reise ins Unbekannte gleichkommen. Das Saisonziel hat der 1. FC Köln schon vor Monaten erreicht, doch so viel gibt es noch zu gewinnen für die Kölner, die vor einem Jahr erst in der 86. Minute des letzten Saisonspiels überhaupt die Möglichkeit erhielten, sich in der Relegation gegen Kiel noch zu retten.

Vor dem vorletzten Spiel am Samstag (15.30 Uhr) gegen den VfL Wolfsburg ist in diesem Jahr rechnerisch sogar noch die Champions League drin, und es spricht einiges dafür, dass am Samstagnachmittag mit dem Schlusspfiff in Müngersdorf noch nicht klar ist, was diese Saison dem FC gebracht hat. Zwar könnte für Köln die Qualifikation für die Europa League sicher und der Traum von der Champions League gleichzeitig vorbei sein, dann könnten sich Verein und Anhang der fröhlichen Bilanzierung hingeben.

Steffen Baumgart denkt noch nicht an Jubel

Doch gibt es eben auch Modelle, die Raum lassen für weitere Ungewissheit bis zum letzten Spieltag gegen Stuttgart. Baumgart weiß das, selbstverständlich beschäftigt sich auch der Trainer mit den Möglichkeiten. Er hat in seinem ersten Kölner Jahr den FC zu einem Punkterekord geführt, was auch für ihn eine Bestleistung bedeutet: 52 Punkte in der Ersten Liga hat auch Baumgart noch nie geschafft – und dennoch ist auch für ihn noch so viel mehr möglich, will auch er den Erfolg auf die Spitze treiben. Baumgart formuliert es nüchtern, er denkt noch nicht an den Jubel, der am Samstagnachmittag über ihm und seiner Mannschaft niedergehen könnte. „Wenn wir mal alle Rechnungen weglassen: Sollten wir nicht gewinnen, wären wir immer noch im Rennen um die internationalen Wettbewerbe. Gewinnen wir, haben wir vielleicht schon etwas klargemacht, aber womöglich geht es dann noch einen Schritt weiter“, sagt er: „Deswegen finde ich es schwierig, über etwas zu reden, ohne zu wissen, worüber man redet. Rechnen kann ich auch, Konstellationen vorstellen kann ich mir auch. Das ist manchmal ein Traum, manchmal ist auch eine gewisse Fantasie dabei. Aber eines habe ich gelernt: Wenn man zu früh anfängt zu feiern und zu früh aufhört mit dem, was die eigentliche Aufgabe ist, lässt man vielleicht etwas liegen.“

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Das Ziel sei, „aus den letzten beiden Spielen das Bestmögliche machen. Zunächst von der Leistung her. Aber wenn die stimmt, haben wir Chancen, beide Spiele zu gewinnen. Damit wollen wir am Wochenende anfangen. Das wäre der erste Schritt, daher finde ich es schwierig, schon über Feierlichkeiten zu sprechen.“

1. FC Köln muss auf drei Spieler verzichten

Neben Tomas Ostrak (Muskelverletzung) und Marvin Obuz (Bänderriss) fehlt den Kölner nur Sebastian Andersson, der noch mit den Folgen seiner Corona-Erkrankung zu kämpfen hat und in der nächsten Woche wieder im Mannschaftstraining erwartet wird. Ansonsten steht Baumgart sein vollständiger Kader zur Verfügung, was eine Glanzleistung des gesamten Kölner Stabs ist. Baumgart stellt sich dadurch ein Luxusproblem. „Es schwierig. Ich weiß noch nicht zu hundert Prozent, wie ich spielen wäre“, sagt er. Beim glanzvollen 4:1 in Augsburg fehlte Salih Özcan wegen einer Gelbsperre, am Samstag steht der zuletzt formstärkste Kölner wieder zur Verfügung. „Es wäre möglich, bei der Mannschaft zu bleiben, die zuletzt gewonnen hat. Aber Salih hat zuletzt sehr gute Leistungen gebracht, daher sind wir uns nicht zu hundert Prozent klar“, sagt Baumgart. Sollte er das System mit zwei Stürmern und nur einem Spieler im defensiven Mittelfeld nicht anrühren wollen, bliebe ihm die Möglichkeit Özcan für Dejan Ljubicic auf die rechte Seite der offensiven Dreierreihe zu beordern – oder ihn für Ellyes Skhiri aufzustellen, auf den allerdings wohl kein Trainer freiwillig verzichten wollte.

Denkbar wäre aber auch eine Rückkehr zur Variante mit nur einem Stürmer, dann wiederum müsste Baumgart Jan Thielmann von der Bank kommen lassen. Eine schwierige Wahl, wenngleich ein Luxusproblem angesichts der jüngsten Auftritte und der Möglichkeiten, die diese Saison den Kölnern noch bietet.

Wolfsburg kommt frisch gerettet nach Müngersdorf

Der Gegner kommt frisch gerettet nach Müngersdorf; die ambitioniert gestarteten Wolfsburger haben eine miserable Saison zumindest noch so gestalten können, dass sie dem Abstieg drei Spieltage vor Schluss endgültig entgangen sind. Dennoch bleibt der VfL eine Mannschaft mit Potenzial. „Es wird ja immer viel erzählt, dass man angeblich um nichts mehr spielt. Ich sehe das etwas anders. Es geht darum, sich vor 50.000 zu präsentieren, alle gucken auf einen. Wolfsburg hat viele erfahrene Spieler, die garantiert nicht Spalier stehen werden, um irgendwelche Feierlichkeiten mit abzuhalten. Die werden alles raushauen“, beschreibt Baumgart. „Es ist eine Mannschaft, die eine sehr hohe individuelle Qualität hat. Es ist in diesem Jahr nicht so für sie gelaufen, wie sie es sich vorgenommen haben. Sie haben durchwachsene Ergebnisse, sind aber in der Lage, jeden zu schlagen.“

Ein zielloser Gegner könnte womöglich ein wenig an Spannung verloren haben. Andererseits könnte ein Schuss Lockerheit den herausragenden Einzelkönnern auf Seiten der Niedersachsen auch einen Schub geben. „Es wird viel gerechnet, aber das hat mit dem Fußball nichts zu tun, weil die Ergebnisse dann doch oft anders ausfallen. Darum gehe ich darauf nicht ein. Für uns geht es darum, eine gute Leistung zu bringen, damit wir das Spiel gewinnen. Das Schöne ist aber, dass die Jungs das auch können.“

Steffen Baumgart: „War überzeugt, dass der Kader besser ist als im letzten Jahr“

Es ist also weiterhin offen, wie gut das Ende dieser guten Saison sein wird, der Trainer muss bei allem Vertrauen und aller Zuversicht. Baumgart hatte früh ausgegeben, nichts mit dem Abstieg zu tun haben zu wollen, ein erfolgreich abgeschlossener Abstiegskampf war nichts, worauf der Trainer hinarbeitete. „Wenn einer die Überzeugung hatte, dass der Kader besser ist als im letzten Jahr, dann war ich das. Ich war überzeugt, dass wir besseren Fußball spielen können und mit dem besseren Fußball auch die besseren Ergebnisse kommen können. Dass es jetzt da ist, wo es ist, da kann keiner vorhersagen. Dass es so gut werden würde, konnte man nicht erahnen. Aber es ist doch schön, dass man mit einer gewissen Idee doch einiges bewegen kann.“