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Konkurrenz im Abstiegskampf siegtOberste Prämisse: Der 1. FC Köln muss in Schlagdistanz bleiben

Lesezeit 6 Minuten
Trainer Timo Schultz und seine Kölner Spieler haderten mit der Niederlage und der eigenen Leistung gegen Bremen.

Trainer Timo Schultz und seine Kölner Spieler haderten mit der Niederlage und der eigenen Leistung gegen Bremen.

Die Kölner haben vor der Länderspielpause ein schwieriges Programm zu bewältigen, danach folgen die Keller-Duelle.

Dass der Fußball ein schnelllebiges Geschäft ist – diese Weisheit ist weder neu noch originell. Aber sie entspricht nun einmal den Fakten. Vor zwei Wochen noch, da hatte sich der 1. FC Köln im Tabellenkeller der Bundesliga als der Gewinner des Spieltags bezeichnen dürfen. Die Mannschaft von Trainer Timo Schultz hatte Eintracht Frankfurt ebenso überraschend wie verdient mit 2:0 bezwungen, die Konkurrenten Mainz (0:1 gegen Bremen), Darmstadt (0:2 gegen Leverkusen) und Union Berlin (0:2 in Leipzig) hatten allesamt verloren. Das Kölner Selbstvertrauen stieg, die Hoffnung wurde größer.

Schnell hat sich das Blatt gewendet, denn die beiden folgenden Spieltage verliefen für den FC nicht mehr nach Wunsch. Die Kölner fingen sich nach mäßigem Spiel in der Nachspielzeit in Sinsheim noch den Ausgleich (1:1), am Freitag folgte nun ein herber Rückschlag im Heimspiel gegen ein gewiss nicht starkes Werder Bremen – sowohl vom Ergebnis (0:1), als auch von der Art und Weise.

Vielfach war die Rede von der neuen Stabilität unter Trainer Schultz. Defensiv machen die Kölner in der Tat einen verbesserten, kompakteren Eindruck. Für die Offensivbemühungen gilt dies indes weiterhin nicht, vielfach ist es nicht an Harmlosigkeit zu überbieten, was der FC im Spiel nach vorne anstellt. Trotz erneut enormen Aufwands flogen gerade einmal zwei Torschüsse auf das Werder-Tor. Der Expected-Goals-Wert (xG), eine Kennzahl zur Messung der Wahrscheinlichkeit, dass ein Schuss zu einem Tor führt, betrug bei m FC nur 0,55, bei Werder 1,81. „Defensiv war es anständig, offensiv müssen wir aber eine Schippe drauflegen. So wird es nicht reichen“, legte denn auch Schultz selbst den Finger in die Wunde. Das Frankfurt-Spiel war wohl eher die rühmliche Ausnahme als die Regel.

Dass der FC am 22. Spieltag im Tabellenkeller der große Verlierer war, lag neben der eigenen Niederlage auch daran, dass die Konkurrenten es mal geschafft hatten, ihre Spiele zu gewinnen. Mainz 05 bezwang nach elf sieglosen Spielen Augsburg verdient mit 1:0. Unter dem neuen Trainer Bo Henriksen war deutlich mehr Zug und Energie im Spiel des FSV. Energie, die der äußerst emotionale Däne am Spielfeldrand vorlebt. Der Rückstand der Mainzer zu den Kölnern auf dem Relegationsplatz beträgt nur noch einen Punkt, nun soll es richtig losgehen, wie auch Sportvorstand Christian Heidel betonte: „Das ist der Auftakt für den richtigen Abstiegskampf!“ Henriksen forderte indes: „Wir haben nichts gewonnen, jetzt müssen wir noch härter arbeiten. Wir müssen weitermachen und pushen, pushen, pushen.“ Union, vor dem 16. Spieltag in der Tabelle noch hinten den Kölnern, ist dem FC nach dem 1:0-Sieg bei der TSG Hoffenheim mittlerweile sogar auf acht Punkte enteilt, Bochum nach dem Überraschungssieg gegen die Bayern (3:2) sogar neun.

Vor einem Jahr hatte der FC zehn Punkte mehr, 2022 sogar doppelt so viele

Es ist nicht so, dass die Kölner mit übertriebenen Erwartungen konfrontiert sind, die eine Mannschaft bisweilen auch lähmen können. Die Fans sind äußert geduldig, genügsam, sie feuern ihre Mannschaft stets bis zum Ende und darüber hinaus an. Und dies, obwohl die Spielzeit bisher äußerst ernüchternd verläuft. Nur der Tatsache, dass die Konkurrenten im Keller ebenfalls leidlich punkteten, ist es zu verdanken, dass der FC mit nur 16 Punkten und 15 Toren noch nicht abgeschlagen ist. Es gibt ein paar Fakten, die verdeutlichen, wie schlecht die Saison bisher ist. Der FC kassierte bereits die zwölfte Niederlage – so viele wie in der kompletten letzten Spielzeit. Vor einem Jahr hatten die Kölner bereits 26 Punkte und zehn Tore mehr auf dem Konto und mit 32 Toren mehr als doppelt so viele erzielt wie aktuell. Noch eklatanter ist das Missverhältnis im Vergleich zu 2022: Damals hatte der FC nach 22 Spieltagen unter Steffen Baumgart doppelt so viele Punkte (32) eingefahren.

Schultz ist aktuell ein Verwalter des Mangels. Der Coach kann gleich auf drei Offensivkräfte (Selke, Waldschmidt, Uth) verletzungsbedingt nicht zurückgreifen und muss – ohne Verstärkungen in der Winterpause aufgrund der selbst verschuldeten Transfersperre – mit dem Kader zurechtkommen, der nach einer indiskutablen Transferperiode im vergangenen Sommer deutlich schwächer geworden ist.

Verloren ist für den FC indes nichts. Für ihn geht es erst einmal darum, bis zur Länderspielpause den Anschluss zu halten und in Schlagdistanz zu den Konkurrenten zu bleiben. Durch die Ergebnisse vom Wochenende ist für die Kölner das rettende Ufer nun sechs Punkte entfernt. Mit Stuttgart, Leverkusen, Gladbach und Leipzig hat der FC vor der Länderspielpause noch ein hartes Programm zu absolvieren. Die oberste Prämisse ist vorerst, den Relegationsplatz zu halten. Deshalb geht der Blick zuerst auf den Vorletzten aus Mainz, der in dieser Zeit auf Leverkusen, Gladbach, Bayern und Bochum trifft. Nach der Länderspielpause geht es gegen die direkten Konkurrenten im Tabellenkeller: Am 27. Spieltag tritt der FC in Augsburg an, am 28. empfängt er Bochum, am 30. kommt Darmstadt ins Rhein-Energie-Stadion, am 31. Spieltag reist der FC nach Mainz. Voraussichtlich kann Schultz in diesen Spielen wieder auf Selke und Co. zurückgreifen. Daraus speist sich Hoffnung, auch einiges selbst regeln zu können.

Timo Schultz fordert eine bessere Trainingswoche seiner Mannschaft

Schultz fordert bessere Trainingswoche „Was die Konkurrenten machen, können wir eh nicht beeinflussen, wir wollen für uns die Punkte holen“, sagte Kapitän Florian Kainz nach der Bremen-Pleite, die er als „Rückschlag“ und „Dämpfer“ einordnete. „Nicht nur wegen der Spiele gegen Stuttgart und Leverkusen: Es sind immer schwierige Wochen in unserer Situation. Wir werden uns darauf vorbereiten und versuchen, die drei Punkte zu holen. Wir werden nicht hinfahren und Angst haben. Aber wir müssen das jetzt verdauen.“ Der Trainer traut seiner Mannschaft sehr wohl zu, auch gegen die Großen zu punkten. „Dafür brauchen wir allerdings eine gute Trainingswoche – und zwar eine bessere als diese. Und dann brauchen wir vor allem eine bessere Spielleistung. Daran werden wir arbeiten, das können wir beeinflussen“, forderte Schultz.

Womöglich kann der FC allerdings noch davon profitieren, dass einige Mannschaften sich bereits zu sicher wähnen. Erzrivale Gladbach zum Beispiel, bei dem die Kölner in drei Wochen antreten. Die lahme Fohlenelf ist in der Rückrunde noch sieglos. Nur sechs Punkte trennt das Team von Trainer Gerardo Seoane nach der erneuten 0:2-Niederlage in Leipzig vom Relegationsplatz, auf dem der FC steht. Zudem müssen die Gladbacher voraussichtlich in den kommenden Wochen auf ihren bisher besten Scorer verzichten, Alassane Plea (sieben Tore, fünf Assists) fällt vorerst aufgrund einer Fußverletzung aus. Doch an Abstiegskampf glauben die Borussen offenbar nicht wirklich. „Ich würde das Thema gar nicht so groß machen“, sagte Kapitän Julian Weigl trotz nur eines Sieges aus den letzten neun Spielen. Mit der Denke könnte es für Gladbach in der Tat sehr eng werden.