Der 1. FC Köln will und muss schnell einen Nachfolger für Steffen Baumgart finden. Eine Einordnung des Trainermarkts und der möglichen Kandidaten.
Zeitdruck bei Trainer-SucheWer beim 1. FC Köln als Baumgart-Nachfolger infrage kommt – und wer eher nicht
Der Trainer-Markt wird zwar noch sondiert, doch die Zeit drängt. Bereits am 2. Januar nimmt der 1. FC Köln das Training wieder auf, am 13. Januar kommt es schon zum ersten und extrem wichtigen Heimspiel gegen Aufsteiger Heidenheim. In dieses werden die Kölner mit einem neuen Trainer gehen.
Die Auswahl des Coaches ist die einzige Stellschraube, an der der FC nach dem verheerenden Cas-Urteil und der damit eingehenden Transfersperre bis Januar 2025 noch drehen kann. Steffen Baumgart schien lange Zeit der perfekte Trainer für den Bundesligisten zu sein. Dass er nicht mehr da ist, hätte vor wenigen Wochen noch kaum jemand für möglich gehalten. Der FC habe es „verpasst, mit Steffen eine Ära zu prägen. Eine einmalige Chance, gemeinsam durch dick und dünn zu gehen“, kritisierte der frühere Kölner Sport-Geschäftsführer Horst Heldt, der Baumgart im Mai 2021 noch geholt und mit einem ligaunabhängigen Vertrag ausgestattet, aber nicht mehr mit ihm zusammengearbeitet hatte, gegenüber „Sky“.
1. FC Köln: Ex-Sportchef Horst Heldt kritisiert die Verantwortlichen
Der FC trennte sich von Heldt einen Tag nach der erfolgreichen Relegation gegen Kiel 2021. Heldt sieht die Kölner Verantwortlichen für die katastrophale Situation verantwortlich. „Sie sind sehenden Auges in diese Situation reingelaufen. Das hängt aber auch ein bisschen mit der Vereinsphilosophie zusammen. Es gibt operative Verantwortung von Geschäftsführern, aber die kriegen natürlich auch etwas vorgegeben. Die haben Richtlinien“, sagte der frühere FC-Sportchef und -Profi. Alles beginne mit einer Vereinsphilosophie und „wie man agieren möchte. Wenn das die Konsequenz hat, dass die Mannschaft immer schwächer wird, man nicht mehr konkurrenzfähig ist, dann muss man sich fragen: Sind wir noch auf dem richtigen Weg?“ Eine rhetorische Frage, die freilich längst beantwortet sein dürfte.
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Doch die Rückschau hilft dem mit dem Rücken zur Wand stehenden FC jetzt nicht weiter. Der schwer angeschlagene Sport-Geschäftsführer Christian Keller trat nicht zurück, er darf und muss den Baumgart-Nachfolger finden. Wahrscheinlich ist, dass Keller noch in diesem Jahr einen Trainer präsentieren wird.
Keller skizzierte das Anforderungsprofil: Der neue Mann soll die unter Baumgart eingeführte Spielidee fortsetzen, am besten langfristig. Er soll sich mit dem Klub und der Stadt identifizieren und zudem noch mehr Talente des Vereins einbauen. In Anbetracht der Situation, der finanziellen Zwänge und des Anforderungsprofils ist das Feld der Kandidaten gar nicht so groß – auch wenn Keller davon sprach, dass dem FC bereits Trainer wie „Sand am Meer“ angeboten worden seien. Man muss es so klar sagen: Es gibt ganz sicher Trainer, deren Namen jetzt gehandelt werden, die sich die Aufgabe beim FC unter diesen Voraussetzungen kaum antun werden.
Und dann gibt es noch die, die schier unfinanzierbar wären und andere Ansprüche haben. Zum Beispiel Ex-FC-Profi Ralph Hasenhüttl (56). Der Österreicher wäre zwar verfügbar, doch damit hat es sich auch schon. Hasenhüttl soll zuletzt beim FC Southampton rund sieben Millionen Euro kassiert haben und will sich angeblich ganz zur Ruhe setzen.
Ebenfalls unrealistisch erscheinen die Namen von Heiko Herrlich (52) und Enrico Maaßen (39). Allerdings aus anderen Gründen. Dass Herrlich von Januar 2016 bis Juni 2017 unter Geschäftsführer Christian Keller Trainer bei Jahn Regensburg war, kann kein Kriterium für eine Verpflichtung sein. Herrlich wartet seit seiner Demission in Augsburg im April 2021 auf einen neuen Job, beim FCA hatte der frühere Gladbacher und Leverkusener in 42 Spielen nur rund 1,07 Punkte im Schnitt geholt. Enrico Maaßen (39) kam bis Oktober 2023 in Augsburg sogar nur auf 0,95 Punkte im Schnitt, in dieser Saison waren es extrem schwache 0,71.
Kuntz und Svensson bei Fans hoch im Kurs – Reis und Breitenreiter auch ein Thema
Stefan Kuntz steht vor allem bei den Fans hoch im Kurs. Der populäre 61-Jährige hat erfolgreich als Trainer der deutschen U21-Nationalmannschaft gearbeitet, auch als Coach der Türkei hatte er zuletzt einige Erfolge. Einen Namen musste sich der Ex-Nationalspieler nicht machen, man kennt ihn einfach. Doch Kuntz hat seit über 20 Jahren keinen Verein mehr trainiert – und noch nie ein Team im Bundesliga-Abstiegskampf. Gegenüber dieser Zeitung wollte sich Kuntz nicht zu einem möglichen FC-Job äußern.
Auffallend oft wird auch über Bo Svensson spekuliert. Der 44-Jährige war lange sehr erfolgreich beim FSV Mainz 05 tätig. Doch der Däne ist dort erst seit Anfang November nicht mehr Trainer und will, so heißt es, noch nicht wieder ins Geschäft einsteigen. Svensson weiß auch: Der Kölner Kader ist nicht besser als der Mainzer und kann nicht mehr verstärkt werden. Beraten wird der Coach von der Agentur Projekt B von Marc Kosicke, die sich auch um die Belange von Jürgen Klopp und FC-Trainer Stefan Ruthenbeck kümmert.
Thomas Reis gilt auch als Kandidat. Der 50-Jährige hatte viel Erfolg beim VfL Bochum, an den er dann bei Schalke 04 nicht mehr anknüpfen konnte. Reis verlor nicht nur viele Spiele in Liga zwei, sondern offenbar auch die Mannschaft. Ende September kam für ihn das Aus. Sein Vertrag bei S04 wurde im November aufgelöst, er wäre also verfügbar. Reis ist mit Baumgart bekanntlich befreundet. Doch aus Baumgarts Umfeld war zu erfahren, dass dieser kein Problem damit hätte, sollte Reis beim FC anheuern. Die Frage ist allerdings, ob sich Keller mit dem eher hemdsärmeligen Typen Reis arrangieren könnte.
Und dann ist da ein Trainer auf dem Markt, der die Erfahrung aus 140 Bundesligaspielen als Coach von Hoffenheim, Hannover und Schalke hat: André Breitenreiter. Seit dem Ende des Engagements im Kraichgau ist der 50-Jährige vereinslos. Zuletzt war er bei Union Berlin im Gespräch, dann bei Besiktas. Doch Breitenreiter sagte am Mittwoch dem stets unruhigen Istanbuler Klub ab. Wie es heißt, würde den Ex-Profi dagegen die Aufgabe beim 1. FC Köln durchaus reizen — wegen dessen Wucht und trotz aller Schwierigkeiten. Breitenreiter sieht sich nicht als klassischer „Feuerwehrmann“, sondern ihm müsste eine Perspektive aufgezeigt werden.
Funkel lobt seinen Ex-Assistenten Pawlak: „Traue ihm das absolut zu“
Weiter unter Vertrag steht beim 1. FC Köln ein erfahrener Trainer, der am Geißbockheim einen guten Ruf genießt und das Bundesliga-Team aus dem Effeff kennt: André Pawlak. Der 52-Jährige brachte 2019 als Nachfolger von Markus Anfang den Bundesliga-Aufstieg über die Ziellinie und arbeitete danach mit allen Cheftrainern loyal zusammen, so auch zuletzt mit Baumgart. Pawlak, so war zu erfahren, kann sich den Job als Cheftrainer durchaus vorstellen und sieht sich offenbar auch für die Aufgabe gerüstet. Das sieht auch Kölns Retter-Trainer Friedhelm Funkel so, der selbst diesmal offenbar keine Rolle mehr in den Kölner Überlegungen spielt. Ansonsten hätte ihn der FC sicherlich schon kontaktiert. Doch das ist nicht der Fall.
Das hält Funkel aber nicht davon ab, im Gespräch mit dieser Zeitung lobende Worte für seinen früheren Assistenten Pawlak zu finden: „Ich habe selbst mit ihm zusammengearbeitet und kann aus voller Überzeugung sagen: Er ist ein Fachmann, kennt die Mannschaft aus dem Effeff, spricht die Sprache der Fußballer und hat eine hohe Akzeptanz im Verein und im Umfeld. Er versteht es, Ansprachen zu halten und die Jungs einzuschwören. André ist ein hervorragender Trainer, dem ich den Job absolut zutraue – auch ohne jemanden anderen an seiner Seite.“