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1. FC KölnDrexlers Vertrauen in Gisdols System

Lesezeit 5 Minuten
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Markus Gisdol überprüft während des Trainings die Fitnesswerte seiner Spieler. 

  1. In der Hinrunde ging der 1. FC Köln beim FC Bayern noch 0:4 unter.
  2. Markus Gisdol hat seiner Mannschaft mittlerweile ein neues System gegeben, das zuletzt viele Siege gebracht hat.
  3. Offensivspieler Dominick Drexler hofft auch gegen den Rekordmeister auf eine Chance für die Kölner.

Köln – Der 1. FC Köln hat sich in den vergangenen Wochen ein wenig beruhigt, nach fünf Siegen aus sechs Spielen und der Kletterpartie auf Tabellenplatz 13 gedeiht am Geißbockheim die Hoffnung auf ein weiteres Jahr in der Ersten Liga. Am Sonntag (15.30 Uhr) kommt zwar der FC Bayern ins Rhein-Energie-Stadion, doch haben sich die Kölner in eine Lage gepunktet, in der Spiele gegen den Rekordmeister nicht mehr unmittelbar überlebenswichtig sind. Nach der Pause wegen des Sturmtiefs „Sabine“ sind die Kölner ausgeruht und voller Tatendrang. „Wenn Bayern München kommt, wird es immer stürmisch und schwierig. Wir waren ein bisschen enttäuscht, weil wir gern gegen Mönchengladbach gespielt hätten. Aber die Sicherheit geht vor“, sagt Dominick Drexler.

Untergang in München

In der Hinrunde gingen die Kölner in der Allianz-Arena unter. Nach zwei Minuten erzielte Robert Lewandowski gegen die entblößte Abwehr das 1:0 für die Bayern. Am Ende verlor der FC 0:4 – und begab sich zur Kompensation auf das Oktoberfest. Weitere Maßnahmen unternahm man nicht, eine Woche später setzte es daheim gegen Hertha BSC wieder ein 0:4. Vier weitere Niederlagen später musste Trainer Achim Beierlorzer gehen – und mit ihm sein Spielsystem.

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Dominick Drexler begrüßt das, der 29-Jährige macht kein Geheimnis daraus, dass er mit Beierlorzers Spielweise nicht viel anzufangen wusste. Die FC-Mannschaft der Hinrunde sei nicht mehr mit der aktuellen zu vergleichen, sagt Drexler, der in dieser Saison bereits seine Qualitäten als Seismograph der Kölner Befindlichkeit unter Beweis gestellt hat. Nach dem bitteren 0:2 bei Union Berlin hatte der Bonner erklärt, Zeichen für eine Wende erkannt zu haben. „Ich sehe viel, was mir Hoffnung macht“, sagte er, „wir haben gut gestanden. Ich habe auf dem Platz das Gefühl gehabt, dass wir wollten. Im Moment fehlen in diesem Negativstrudel vielleicht auch die Mittel. Aber ich habe das Spiel nicht so schlecht gesehen.“ Drexler wurde tüchtig belächelt dafür. Doch behielt er Recht: Der FC gewann anschließend vier Spiele nacheinander. Parallelen zum Auftritt in München erwartet Drexler nicht mehr, selbst wenn überwiegend dieselben Spieler auf dem Platz stehen werden. „Wir haben einen neuen Trainer. Die Spieler müssen umsetzen, was der Trainer verlangt – und wenn der Trainer in der Hinrunde Angriffspressing verlangt und der neue Trainer Mittelfeldpressing spielt, ist das schon ein Unterschied. Egal, welcher Spieler auf dem Platz steht“, sagt Drexler.

Gisdol will Intensität

Markus Gisdol hat den Fußball beim 1. FC Köln nicht neu erfunden, sondern an die Fähigkeiten der Mannschaft angepasst –das war womöglich ein Grund, ihn als Retter inmitten der Hinrunde unter Vertrag zu nehmen. Auch in Köln lässt Gisdol sein Pressing spielen, das er bereits in Hoffenheim und beim Hamburger SV in teils identischer Weise anordnete. Er fordert intensive Läufe, hohes Tempo, rasantes Umschalten. Auch deshalb hat er junge Spieler hinzugenommen, denn er braucht Akteure, die körperlich und geistig schnell sind. Zudem hat er die Arbeit an der Athletik verschärft, auch am Mittwochmorgen trainierten die Kölner mehr als anderthalb Stunden, am Nachmittag ging es zu einer zweiten Einheit in die Halle.

Späteres Attackieren

Gisdol lässt erst im Mittelfeld attackieren, unter Beierlorzer griffen die Kölner den Gegner schon an dessen Strafraum an. Die weit aufgerückte Formation war dadurch extrem anfällig für lange Bälle, die Mittelfeldspieler bekamen die Räume nicht geschlossen, ständig waren die Innenverteidiger dem heranstürmenden Gegner ausgeliefert. Hinzu kam, dass die Kölner Mannschaft der Hinrunde weder über das Tempo noch die Fitness verfügte, um den Gegner dauerhaft unter Druck zu setzen. Das Resultat war eine Flut leichter Gegentore, nicht nur gegen die Bayern. Mittlerweile stehen die Kölner viel kompakter. „Es ist sehr, sehr gut, dass wir im Mittelfeld oft Gleichzahl oder Überzahl haben und mit dem System sehr griffig sind. So arbeiten wir uns in die Spiele rein, auch gegen stärkere Gegner“, beschreibt Drexler.

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FC-Offensivspieler Dominick Drexler

Das verbesserte System allein wird am Sonntag nicht über Sieg oder Niederlage entscheiden. Doch das Selbstvertrauen ist gestärkt. „Gegen Bayern muss man Glück haben, die Fifty-Fifty-Duelle gewinnen und die wenigen Chancen nutzen“, sagt Drexler.

Um sich Gelegenheiten zu erspielen, wollen die Kölner wieder den direkten Weg zum Tor suchen. Am Mittwoch setzte Gisdol immer wieder auf lange Diagonalbälle aus der letzten Reihe in die Spitze, was gegen die Bayern ein probates Mittel ist: Denn selbst wenn dieses Vorgehen keinen Schönheitspreis gewinnt, reduziert der hohe Ball die Gefahr fataler Ballverluste im Mittelfeld – und gibt den Kölnern außerdem die Möglichkeit, ihren Topspieler Jhon Córdoba in direkte Duelle mit zum Beispiel Jérôme Boateng zu schicken, der bereits im Hinspiel Schwierigkeiten mit der Athletik des Kolumbianers offenbarte.

Angriffe in Wellen

Im Training brachte Gisdol zudem eine seiner Leidenschaften zur Aufführung: Die zweite Welle. Per Pfiff schickte der Trainer weitere Offensivspieler in einen bereits laufenden Angriff, um zweite Bälle zu gewinnen. Choreographierte Konter waren bereits bei seinen vorigen Stationen eines seiner Stilmittel.

Allerdings wird Gisdols Plan durch die Gegenwart des FC Bayern am Sonntag auf eine schwere Probe gestellt werden. Doch Drexler ist guter Hoffnung: „Ich glaube, mit den eigenen Fans ist alles möglich. Das haben wir in den letzten Spielen gesehen, da hat es unfassbar gut geklappt. Wir sind sehr selbstbewusst zu Hause. Ich hoffe, dass wir das am Sonntag auch auf dem Platz sehen.“