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Analyse zum 1. FC KölnEin Höhenflug ohne akute Absturzgefahr

Lesezeit 4 Minuten
Gisdol jubelt

FC-Trainer Markus Gisdol jubelt gegen Schalke.

  1. Im Abstiegskampf hat sich der 1. FC Köln mittlerweile ein gutes Punktepolster geschaffen.
  2. Dennoch fängt beim FC keiner an zu träumen. Torhüter Timo Horn mahnt: „Es hat schon ganz andere Phasen in dieser Saison gegeben. Das dürfen wir nicht vergessen."
  3. Trainer Markus Gisdol freut sich über die Entwicklung der Mannschaft und die Adaption seiner Spielidee.

Köln – Man muss schon seit weit in die Annalen zurückgehen, um einen Zeitraum zu finden, in denen der 1. FC Köln in der Bundesliga einen derartigen Lauf hatte wie dies derzeit der Fall ist. Nach dem überzeugenden und vollauf verdienten 3:0-Sieg über Schalke 04 schwimmt der FC weiter auf einer Welle des Erfolgs. Trainer Markus Gisdol holte mit dem FC 22 Punkte aus zwölf Partien; das ist die beste Zwischenbilanz eines Kölner Trainers seit Peter Neururer in der Saison 1996/97. Zwölf Punkte nach sechs Rückrundenpartien sammelte der FC zuletzt vor 28 Jahren. Und es ist ebenfalls fast 20 Jahre her, dass dem FC 13 Tore oder mehr in vier aufeinander folgenden Bundesligaspielen gelangen.

Diese Zahlen belegen zum einen, dass der 1. FC Köln im vergangenen Vierteljahrhundert in der Bundesliga nicht wirklich Bäume ausgerissen hat, zum anderen sind sie aber auch der gerechte Lohn für eine Leistungsexplosion in den vergangenen Wochen. Und als solche muss man sie bezeichnen, denn es ist nicht einmal drei Monate her, als der FC nach einer desolaten Vorstellung bei Union Berlin (0:2) ans Tabellenende stürzte und viele schon einen erneuten Abstieg einkalkulierten.

Nach Platz fünf scheint in der Liga vieles möglich

Mittlerweile ist die Stimmungslage beim Aufsteiger eine ganz andere. Wahrscheinlich reichen schon zwei Siege aus den letzten elf Saisonspielen, um auch rechnerisch nichts mehr mit dem Abstieg zu tun zu haben. Der Blick geht deshalb vorsichtig nach oben. Bayern, Leipzig, Dortmund, Gladbach und Leverkusen sind die Schwergewichte, hinten ihnen klafft nicht nur punkte-, sondern auch leistungsmäßig eine große Lücke. Den Mannschaften dahinter fehlen Konstanz, Momentum und teilweise die Qualität. Schalke, immer noch Sechster, befindet sich brutal auf Talfahrt, hat große Personalsorgen und vermittelt einen hilflosen Eindruck. Wolfsburg lag am Sonntag bei Union Berlin mit 0:2 zurück, erkämpfte sich noch ein Remis. Die Niedersachsen haben sechs Punkte mehr als die Kölner und nehmen Platz sieben ein, der voraussichtlich zur Teilnahme an den Playoffs zur Europa League ausreicht.

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Beim Tabellenelften ist man allerdings weit davon entfernt, übermütig zu werden. Die Kölner rufen keine neuen Ziele aus, wirken konzentriert und erinnern sich, in welcher Situation sie in dieser Saison schon waren. „Wir müssen genauso konzentriert weiter machen, denn es kann auch immer ganz schnell wieder in die andere Richtung gehen. Das muss uns bewusst sein. Aber keine Frage, heute war das ein Riesenschritt. Wir müssen nicht überlegen, wie viele Punkte wir noch brauchen. Das geht schief. Jetzt fängt es wieder mit Europa an? Hört mal! Wir wurden nach 14 Spieltagen fast schon als Absteiger tituliert. Wenn wir jetzt den Klassenerhalt schaffen, sind wir alle glücklich. Es hat schon ganz andere Phasen in dieser Saison gegeben. Das dürfen wir nicht vergessen“, mahnte Torhüter Timo Horn. Jeder müsse weiter den Einsatz der letzten Wochen zeigen. Das sei der Weg zum Erfolg.

Auch Außen Florian Kainz stapelte eher tief. „Ich habe schon die Frage gestellt bekommen, ob wir jetzt von Europa träumen. Das ist der völlig falsche Ansatz. Wir müssen demütig und am Boden bleiben. Wir müssen hart arbeiten, um weiter zu punkten.“

Das tun die Kölner allem Anschein nach weiter. Es ist das Verdienst von Markus Gisdol, dass er die Mannschaft vor allem wieder fit gemacht hat. Sie zeigt sich deutlich laufstärker, ausdauernder als noch unter seinem Vorgänger Achim Beierlorzer. Das Kölner Team zählt zwar immer noch nicht zu denen, die insgesamt viele Kilometer fressen. Aber es hat sich vor allem bei den Sprints und den intensiven Läufen gesteigert.

FC-Team kann heute ein ganz anderes Tempo gehen

„Wer heute das Tempo in der ersten Halbzeit gesehen hat, wird sich womöglich gefragt haben, ob wir das bis zum Ende durchhalten. Aber man muss sagen, dass sich mit dem neuen Trainerteam etwas verändert hat. Dafür ist unsere körperliche Fitness ausschlaggebend, und die haben wir uns hart erarbeitet“, wurde Timo Horn deutlich. Auch das Verhalten in den Zweikämpfen hat der FC verbessert und belegt auch in dieser Statistik einen Mittelfeld-Platz. Die Kölner stellen sich zudem geschickter an, die Kartenflut aus dem ersten Drittel der Saison wurde gestoppt.

„Die Mannschaft hat unsere Spielidee zu ihrer gemacht“, lobte Markus Gisdol. Es sei momentan für das Trainerteam auch nicht schwierig, mit der Mannschaft umzugehen. „Die Jungs sind total fokussiert und haben Spaß an der Art und Weise, wie wir Fußball spielen. Ich brauche immer nur ein bisschen was anpieksen und die Jungs sind voll da. Wir haben daran gearbeitet, Mechanismen ins Spiel zu kriegen, um zunächst einmal Sicherheit zu gewinnen. Das funktioniert gerade alles gut.“

Deshalb kann der FC auch einzelne Ausfälle gut auffangen. Gegen Leihklub Schalke durfte Mark Uth nicht auflaufen, am Freitag in Paderborn ist der so treffsichere Jhon Córdoba (zehn Saisontore) nach der fünften Gelben Karte gesperrt. Gisdol ist zuversichtlich, dass Córdoba würdig vertreten wird. „Es zählt nicht der Name, sondern das, was im Trikot passiert.“ Und in diesem Trikot passiert derzeit viel.