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Randale beim FC-Europapokal-SpielAmtsgericht verhängt erstes Urteil gegen Gewalttäter von Nizza

Lesezeit 3 Minuten
Der Angeklagte (M.) steht im Gerichtssaal neben seinem Verteidiger Ingmar Rosentreter (r.).

Erstes Urteil nach den Krawallen in Nizza: Der Angeklagte (M.) steht im Gerichtssaal neben seinem Verteidiger Ingmar Rosentreter (r.). Der Mann steht wegen Beteiligung an den Krawallen beim Conference-League-Spiel des 1. FC Köln in Nizza vor Gericht.

Nach den Ausschreitungen in Nizza hat das Amtsgericht Bergisch Gladbach das erste Urteil gegen einen Gewalttäter aus der Fanszene des 1. FC Köln gesprochen.

Nach drei Stunden Verhandlung hat das Amtsgericht Bergisch Gladbach am Mittwoch das erste Urteil gegen einen der Gewalttäter von Nizza gesprochen: Der 36 Jahre alte Gerüstbauer muss wegen gefährlicher Körperverletzung und besonders schweren Landfriedensbruchs für ein Jahr und sechs Monate ins Gefängnis.

Die nach dem Gesetz erforderlichen „besonderen Umstände“, um eine Haftstrafe noch zur Bewährung auszusetzen, sah das Schöffengericht nicht. So habe sich der mehrfach vorbestrafte Angeklagte zum Beispiel bis heute nicht von der Fußball-Szene gelöst. Seit dem 5. Oktober sitzt der Gerüstbauer wegen der Vorfälle in Nizza in Untersuchungshaft. Den Haftbefehl hob die Richterin im Prozess gleichwohl auf, der Mann ist also vorerst wieder frei und muss demnächst seine Haftstrafe antreten.

Videos aus dem Stadion haben den Angeklagten überführt

Videos und Fotos der Ausschreitungen aus dem Fußballstadion von Nizza vom 8. September hatten den Mann überführt. Er legte ein Geständnis ab und hat inzwischen offenbar eine ganz andere Sicht auf die Dinge. Von der Richterin gefragt, wie er das Geschehen aus heutiger Sicht beurteile, antwortete er: „Das war Scheiße, beim nächsten Mal würde ich da nicht mehr mitgehen.“ Die Reue und Distanzierung nehme sie ihm auch ab, sagte die Richterin.

Die Beweisbilder zeigen, wie der 36-Jährige eine Stunde vor dem Anpfiff des Europapokalspiels des 1. FC Köln bei OGC Nizza auf dem Oberrang des Stadions einen Nizza-Anhänger zweimal mit der Faust schlägt und ein Mal mit dem Fuß zutritt – angesichts anderer, deutlich brutalerer Szenen an diesem Abend eine vergleichsweise „relativ milde Tat“, wie auch Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn in seinem Plädoyer sagte. Das Opfer wurde auch nicht verletzt.

Und dennoch: Der Angeklagte aus Bergisch Gladbach habe sich an einem Tumult beteiligt, der nach den Worten der Amtsrichterin als „Schwerkriminalität“ zu bezeichnen sei – und bei dem es laut Willuhn „um Leben und Tod ging“, wie etwa der Sturz eines französischen Fans von der Tribüne an jenem Abend gezeigt hätte. Der Mann hatte Glück, er überlebte den Aufprall.

Gericht betont generalpräventive Wirkung des Urteils

Außerdem brachte der Angeklagte sieben Vorstrafen aus dem Bereich Fußballgewalt mit, darunter auch eine mehrmonatige Haftstrafe. Zum Umdenken habe ihn das aber offenbar nicht gebracht, sagte die Richterin in der Urteilsbegründung. Und nicht zuletzt gehe es beim Strafmaß auch um Generalprävention. Oberstaatsanwalt Willuhn, der ein Jahr und neun Monate Haft ohne Bewährung gefordert hatte, drückte dies so aus: „Der Szene soll klar gemacht werden, wie die Regeln sind und wo der Hammer hängt.“

Der Anwalt des Angeklagten dagegen hatte auf eine Haftstrafe unter einem Jahr plädiert, die zur Bewährung ausgesetzt werden sollte. Sein Mandant habe sich glaubhaft von dem Geschehen distanziert. Er sei vor einem Jahr Vater geworden und habe eine feste Arbeitsstelle, die er jederzeit wieder aufnehmen könne. Dies habe der Arbeitgeber signalisiert. Außerdem werde sein Mandant künftig Abstand halten von allen Spielen des 1. FC Köln, sowohl in Köln als auch auswärts: „Fußball im Fernsehen ist ja auch ganz schön.“ Der 1. FC Köln verhängte allerdings ohnehin ein Stadionverbot gegen den 36-Jährigen – oder beabsichtigt, das zu tun.

Alle 40 Plätze im Zuschauerraum waren besetzt. Unter den Zuschauern waren zahlreiche Freunde und Bekannte des Angeklagten, augenscheinlich viele Mitglieder der aktiven Fanszene.

Deutlich wurde im Prozess auch, wie lasch und schlecht vorbereitet die Sicherheitsvorkehrungen im Stadion von Nizza waren – die Fans beider Lager waren kaum voneinander getrennt, die Ordner überfordert. Polizei und Ordner schlugen teilweise selbst massiv auf die an den Krawallen beteiligten FC-Anhänger ein.

Kommende Woche steht vor dem Amtsgericht Köln der zweite Nizza-Prozess an. Angeklagt sind zwei Männer, die sich ebenfalls an den Ausschreitungen im Stadion beteiligt haben sollen.