Nach dem Rechtsverteidiger meldete sich auch Kölns bester Vorbereiter dieser Saison krank. Der FC muss im Heimspiel am Samstag improvisieren.
1. FC Köln gegen WolfsburgOhne Kainz und Schmitz – Baumgart muss improvisieren
In Müngersdorf herrschte in den vergangenen Tagen einmal mehr große Betriebsamkeit. Eine Choreografie über das gesamte Rhein-Energie-Stadion wurde aufgebaut, die Fans investierten einmal mehr Stunden über Stunden für ihren Verein. Anlass ist ein nachträglicher Glückwunsch zum 75. Geburtstag des Vereins. „Daran merkt man, wie eng hier alles zusammenarbeitet und wie eng wir gemeinsam den Fußball leben. Das kann die letzten Prozente bei den Jungs freisetzen“, sagte Steffen Baumgart vor der Partie gegen Wolfsburg am Samstag (15.30 Uhr/Sky).
Seine Mannschaft ist im neuen Jahr im eigenen Stadion noch ungeschlagen – überhaupt sind die Kölner überaus heimstark. Oder auswärtsschwach, je nachdem: In der Fremde gelang dem FC in dieser Saison erst ein Sieg – beim 4:2 Anfang September in Wolfsburg. Doch das ist lange her. „Die Wolfsburger Mannschaft hat eine sehr hohe Qualität und ist auch nicht vergleichbar mit dem Hinspiel. Sie sind jetzt viel weiter, auch im Anlaufverhalten. Sehr stark, sehr aggressiv. Für mich ist das eine Mannschaft, die um die Champions League mitspielen müsste“, sagt Baumgart.
Allerdings hat der Trainer einmal mehr Personalsorgen. Benno Schmitz konnte seit Donnerstag nicht trainieren und ist nicht rechtzeitig gesundet. Für den Rechtsverteidiger wird Kingsley Schindler beginnen. „Er wird die erste Option sein, dahinter wird es dann schnell dünn. Wir machen uns Gedanken. Kingsley hat zuletzt nicht durchgespielt. Wir gehen aber davon aus, dass er es hinbekommt.“ Nur einmal in dieser Bundesligasaison stand Schindler vom Anpfiff bis zum Ende auf dem Platz – das war beim 4:2-Sieg in Wolfsburg. In den sechs Gruppenspielen der Conference League spielte er viermal über die volle Distanz. Kein Grund zu größerer Sorge, „wir werden aus meiner Sicht sehr gut aufgestellt sein“ – sagte Baumgart jedenfalls am Donnerstag.
Tags darauf dürfte sich die Laune des Trainers ein wenig eingetrübt haben. Denn nach Schmitz meldete sich auch Florian Kainz krank, Kölns bester Scorer. Weil Jan Thielmann seit dem 0:3 in Stuttgart mit einer Muskelverletzung ausfällt, ist auch in der Offensive die Personaldecke dünn. Denis Huseinbasic könnte also wieder auf der rechten Seite zum Einsatz kommen, Linton Maina nach links wechseln. Allerdings eröffnet die Not auch Chancen für einen jungen Mann, der zuletzt wenig Minuten hatte: Tim Lemperle. Nach einer Sprunggelenksverletzung im vergangenen Herbst verpasste der 20-Jährige viele Chancen. Als er nun zurückkehrte, überzeugte er nur bedingt: 23 Minuten spielte er gegen Bremen, anschließend noch einmal 19 beim FC Bayern. In den letzten vier Partien spielte der Offensivmann nur insgesamt sieben Minuten. Doch das sollte Lemperle nicht traurig stimmen. Denn sein Trainer hält große Stücke auf ihn – und auch der Verein gab Lemperle ein klares Signal und verlängerte den Vertrag mit dem U-21-Nationalspieler in dieser Woche bis zum Jahr 2025.
Lemperles Chance durch Kainz’ Pech?
Zwar zitierte der FC den Spieler, er sei auch bereit, einen „Zwischenschritt“ zu gehen, sich also auch für eine Saison ausleihen zu lassen. Doch Baumgart setzt darauf, Lemperle schnell zu entwickeln. „Er hat nicht verlängert, um im Sommer ausgeliehen zu werden. Wir haben uns die Option offengehalten, aber für mich ist ganz klar geplant, dass er im nächsten Jahr noch mehr den Durchbruch schafft. Er hat eine Riesen-Entwicklung gemacht, wird immer besser, immer klarer. Er kann ein sehr guter Bundesligaspieler werden, das wollen wir mit ihm erreichen. Darum freue ich mich, weiter mit ihm arbeiten zu können“, sagte Baumgart. Da Baumgart gewöhnlich intensiv wechselt, sind die Chancen groß, dass Lemperle zumindest im Laufe der Partie zum Einsatz kommt.
Auch der Gegner hat Personalprobleme. Sebastian Bornauw, ehemaliger Verteidiger des 1. FC Köln, kassierte am vergangenen Wochenende die fünfte Gelbe Karte und fehlt gesperrt. Auch Bornauws Vertreter Maxence Lacroix fehlte in dieser Woche krank, er wird in Köln nicht zur Verfügung stehen. Auch Nationalstürmer Lukas Nmecha wird krankheitsbedingt nicht spielen können.
Wolfsburg gelang wie Köln ein erfolgreicher Start ins neue Jahr. 6:0 gegen Freiburg, 5:0 bei Hertha BSC – und die vier Partien vor der Winterpause hatte der VfL ebenfalls gewonnen. Von den jüngsten vier Partien verloren die Niedersachsen jedoch drei, allerdings zuletzt gegen die Bayern und RB Leipzig. Das lässt zumindest aus Baumgarts Sicht keine Rückschlüsse auf eine Formdelle des Werksteams zu. „Wolfsburg ist die Mannschaft, die es mit Blick auf Intensität, Sprints und Läufe am besten in der Liga macht. Es kommt einiges auf uns zu.“
Vier Punkte liegen die Kölner derzeit hinter den Wolfsburgern, die als Tabellen-Siebte nach Köln reisen. Auch in dieser Saison dürfte Rang sieben für die Qualifikation zur Conference League reichen, mit einem Sieg über den direkten Konkurrenzen könnte der FC also die Lücke schließen und „Fantasien entwickeln“, wie es Geschäftsführer Christian Keller vor einer Woche formulierte. Doch die Pleite in Stuttgart (0:3) dämpfte die Hoffnungen, und am Donnerstag sagte Baumgart: „Wir greifen erstmal gar nichts an. Sondern schauen, dass wir so schnell wie möglich auf 40 Punkte kommen.“
Köln: Schwäbe – Schindler, Hübers, Chabot, Hector – Skhiri, Martel – Ljubicic, Huseinbasic, Maina – Tigges; Wolfsburg: Casteels – Baku, Guilavogui, van de Ven, Otavio – Arnold – Svanberg, Gerhardt – Wimmer, Kaminski – Wind; Schiedsrichter: Willenborg (Osnabrück).