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Nächster FC-GegnerOh, Jonny! Burkardt steht für den Mainzer Aufschwung

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Der junge Mainzer Stürmer Jonny Burkardt erzielte in dieser Saison bisher acht Pflichtspieltore.

Köln – Neulich, in den Tagen vor der letzten Länderspielpause, bemerkte Jonathan „Jonny“ Burkardt eher beiläufig, dass er zwei Anrufe von einer ihm unbekannten Nummer verpasst hatte. „Da ich einen Wasserschaden hatte, dachte ich, das wäre der Sanitärdienst“, berichtete der 21-jährige Stürmer des FSV Mainz 05. In Jan Delays Hit heißt es im Refrain: „Oh, Jonny! Aber hast du kein Gewissen.“ Doch Burkardt hatte eines, rief wenig später zurück. Es ging niemand ran. Wieder folgte ein Rückruf. Und am anderen Ende der Leitung war der neue Bundestrainer. Hansi Flick nominierte Burkardt zwar noch nicht für die A-Nationalmannschaft. „Aber er hat gesagt, dass ich auf dem Schirm bin. Das ist eine große Form der Wertschätzung für mich“, berichtete Burkardt, der Kapitän der U21-Auswahl des DFB.

Die Personalie Burkardt steht sinnbildlich für den sagenhaften Aufstieg des kommenden Kölner Gegners FSV Mainz 05 in diesem Jahr, der den FC am Sonntag (17.30 Uhr) empfängt. 2020 hatte der gebürtige Darmstädter mit nur einem Tor für die Profis noch nicht auf sich aufmerksam machen können. Doch nach zwei Treffern in der vergangenen Rückrunde hat sich Burkardt mit nunmehr insgesamt acht Treffern in der Bundesliga und im DFB-Pokal in den Vordergrund gespielt. Auf jeden Fall ist Jonny Burkardt, wie er genannt wird, in aller Munde. Und steht beim Bundestrainer mindestens im Notizblock.

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Auch seinem Klub war 2020 nicht viel gelungen – und das ist milde formuliert. Die Saison 2019/20 beendeten die Rheinhessen noch auf einem halbwegs zufriedenstellenden 13. Platz. Doch in der Spielzeit darauf folgte ein dramatischer Absturz, der erst mit der Rückkehr eines Ur-Mainzers und zwei weiteren wichtigen Personalien gestoppt werden konnte. Ende 2020 hatte Mainz die Rückkehr des langjährigen Machers Christian Heidel als Sportvorstand bekanntgegeben, am selben Tag stellte der FSV Martin Schmidt als Sportdirektor vor, der zuvor nur als Trainer aufgefallen war. Am 4. Januar verpflichtete der Klub dann Bo Svensson als Chefcoach und Nachfolger für den glücklosen Jan-Moritz Lichte. Ein Glücksgriff, wie sich noch herausstellen sollte.

Thielmann trifft, Uth soll einsteigen

Nach der Grippeimpfung am Dienstag und dem freien Tag danach nehmen die FC-Profis am Donnerstag um 11 Uhr wieder das Training auf. Dann soll auch der zuletzt erkältete Mark Uth einsteigen. Mit dabei sind dann auch die deutschen U21-Nationalspieler Jan Thielmann, der als Joker in der EM-Qualifikation zum 4:0-Endstand gegen San Marino traf, und Linksverteidiger Noah Katterbach, der beim neuen U21-Coach Antonio Di Salvo in der Startelf stand.

Verlängert hat der FC vorzeitig mit Talent Vladislav Fadeev. Der Offensivspieler, der in der U19 der Kölner zum Einsatz kommt und zuletzt auch in der Uefa Youth League auflief, unterzeichnete einen neuen Kontrakt bis zum 30. Juni 2024. (LW)

Svensson trug bereits die Mainzer DNA in sich, als kompromissloser Innenverteidiger hatte der Däne sieben Jahre für den FSV gespielt. Doch der Start des neuen Trios geriet zum Reinfall: Nach nur einem Punkt aus vier Spielen standen die Mainzer schier hoffnungslos mit nur sieben Punkten auf Platz 17. Der Rückstand auf Rang 15 betrug satte zehn Zähler. Doch mit dem Überraschungssieg über Leipzig (3:2) am 23. Januar begann eine famose Aufholjagd. Seitdem holte Svenssons Team sagenhafte 49 Punkte aus 28 Bundesligaspielen. Punkteschnitt pro Partie: 1,75. Die Mainzer spielen überwiegend im 3:4:1:2-System nicht unbedingt spektakulär, Köln hat zum Beispiel weit mehr Ballbesitz (54,9 zu 45,5 Prozent) und läuft auch mehr (im Schnitt insgesamt 117,3 zu 115,4 Kilometer). Aber Svensson, der in Mainz noch mit Jürgen Klopp zusammengespielt und unter Thomas Tuchel trainiert hatte, hat seine Spielidee glasklar implementiert. Und er hat von den Startrainern offenbar gelernt, wie man eine Mannschaft führen und mitnehmen muss.

Erfolg ohne große Investitionen

Mainz schaffte die Auferstehung zudem ohne große Investitionen. In der letzten Rückrunde halfen die Leihspieler Dominik Kohr, Danny da Costa und Robert Glatzel dem Team enorm weiter, auch in dieser Saison gab der FSV eher bescheidene 6,6 Millionen Euro für Neuzugänge aus. Neben Burkardt und Torwart Robin Zentner ragen vor allem Kapitän Moussa Niakhaté, der neue Rechtsverteidiger Silvan Widmer oder der zentrale Mittelfeldspieler Leandro Barreiro heraus. Zu den Führungsspielern zählen zudem der eisenharte Mittelfeld-Abräumer Dominik Kohr und Burkardts Sturmpartner Karim Onisiwo. Sturm-Veteran Adam Szalai kommt eher dosiert zum Einsatz. Doch in der Summe sind es weniger die herausragenden Individualisten, sondern vielmehr die große mannschaftliche Geschlossenheit und Willensstärke, die imponieren.

Auch wenn der Gegner nicht zu den klangvollsten der Liga zählt, so ist der Respekt in Köln vor dem Gegner klar zu vernehmen. Der FSV ist laut FC-Coach Steffen Baumgart seit dem Trainerwechsel „eine der stabilsten und besten Mannschaften“ der Liga, die sehr gut verteidigen könne und zwei Stürmer habe, die vorn „viel Feuer“ machten. Einer von ihnen läuft gerade besonders heiß: Burkardt.