Nach einem intensiven, spannenden und teilweise sogar wilden Derby haben sich Borussia Mönchengladbach und der 1. FC Köln 3:3 getrennt.
3:3 in der Derby-AnalyseWieder eine Führung verspielt – doch die Kölner Mannschaft lebt
Das Wichtigste zuerst
Das Unentschieden, und da waren sich fast alle Beteiligten einig, muss man wohl als gerecht bezeichnen. Für den 1. FC Köln war es das vierte Auswärts-Remis in Folge. Gerade einmal 19 Saisonstore hat der FC bisher erzielt, sechs davon – und das wird alle Kölner Fans besonders freuen – gegen den Erzrivalen Gladbach. Im Hinspiel hatte der FC die Borussia noch verdient 3:1 bezwungen, diesmal reichten die drei Tore, erzielt von Faride Alidou (2) und dem eingewechselten Damion Downs, allerdings nicht, da die Gäste in der Defensive gleich mehrfach patzten.
Zwei Führungen, beim 1:0 und beim 2:1, gab die Mannschaft von Trainer Timo Schultz noch her. Allerdings schlug sie nach dem 2:3 auch noch mal zu einem Zeitpunkt zurück, als viele damit nicht mehr gerechnet hatten. In den letzten Spielminuten hätten zudem beide Mannschaften noch treffen können, doch der eingewechselte Davie Selke, der nur noch einköpfen musste, wurde im letzten Moment von Ko Itakura daran gehindert. Auf der Gegenseite wäre dem ebenfalls eingewechselten Robin Hack beinahe noch sein dritter Treffer gelungen. Überhaupt war es am Samstag ein Spiel der Joker, die letzten drei Tore erzielten allesamt Einwechselspieler.
Die Tore
Der FC ging bereits nach sieben Minuten in Führung. Florian Kainz bediente den mitgelaufenen Faride Alidou am Strafraumrand. Der Kölner Außen düpierte Borussias jungen Linksverteidiger Luca Netz, der sich viel zu leicht abschütteln ließ. Aus unmöglichem Winkel fast von der Torauslinie zog Alidou ab, VfL-Keeper Nicolas gab im kurzen Eck eine schlechte Figur ab: Von seinem Oberschenkel prallte der Ball ins Tor.
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Auch beim Ausgleich half eine Mannschaft mit, diesmal der FC: Timo Hübers leistete sich im Aufbauspiel einen katastrophalen Fehlpass. Florian Neuhaus kam an den Ball, gab sofort nach rechts in den Strafraum auf Franck Honorat, der mit rechts aus rund 14 Metern draufhielt. FC-Torwart Marvin Schwäbe war noch leicht am Ball dran, kann den Einschlag aber nicht verhindern (32.).
In der 64. Minute gingen die Kölner – ein wenig aus dem Nichts – wieder in Führung: Nach einem gut getimten Freistoß von Florian Kainz von halbrechts kam der Ball in Richtung von Alidou. Der setzte sich am zweiten Pfosten im Luftduell stark mit Nico Elvedi durch und köpfte den Ball zum 2:1 für die Gäste ins Tor.
Doch dann folgte der Gladbacher Doppelschlag unter Beteiligung von drei gerade eingewechselten Spielern: Über Rocco Reitz kam der Ball zu Stefan Lainer. Der durfte ungestört flanken. Robin Hack lief ein und köpfte den Ball ins linke Toreck (71.).
Nicht einmal zwei Minuten später hatte Borussia das Spiel gedreht: Ko Itakura, ebenfalls soeben erst ins Spiel gekommen, brachte den Ball zentral in den Strafraum. Im Getümmel prallte der Ball von Jo Scallys Brust zurück zu Hack. Der schaltete erneut am schnellsten und schoss aus kurzer Distanz stramm ins linke Toreck (73.).
Doch der FC schlug zurück – und wieder fiel ein Joker-Tor! Denis Huseinbasic spielte einen klugen Pass in den Lauf von Damion Downs. Der eingewechselte Stürmer setzte sich gegen Itakura durch, zog mit flach links und äußerst platziert zum 3:3 (79.).
Das war gut
Im oft und zu Recht gescholtenen Offensivspiel präsentierte sich der FC deutlich verbessert. Und dies, obwohl die Gäste auf zahlreiche Spieler (Thielmann, Ljubicic, Waldschmidt, Uth) verzichten mussten und Selke noch nicht wieder im Vollbesitz seiner Kräfte ist. Die Kölner spielten diesmal deutlich strukturierter nach vorne, auch im Abschluss zeigten sie sich deutlich kaltschnäuziger. Der Faktor Zufall spielte bei den Kölner Offensivbemühungen am Samstag nicht die Hauptrolle.
Das war schlecht
Das 2:1 durch Alidou hätte dem FC eigentlich Sicherheit und Auftrieb geben sollen, doch das Gegenteil war der Fall. Nach den Einwechslungen von Gladbachs Robin Hack und Rocco Reitz taumelten die Gäste von einer Verlegenheit in die nächste. Die Zuteilungen stimmten überhaupt nicht mehr, die defensive Ordnung war komplett hin. Innerhalb von nicht einmal zwei Minuten kassierte der FC zwei Gegentore durch Hack.
Mann des Spiels
Aus Kölner Sicht hätten auch Alidou und Downs diese Auszeichnung verdient gehabt, aus neutraler Sicht war es wohl Robin Hack. Der 25-Jährige war nach seiner Einwechslung kaum zu bremsen.
Und man fragte sich, warum Gladbachs Trainer Gerardo Seoane ihn und Rocco Reitz nicht bereits zu Spielbeginn gebracht hatte. Aber das dürfte den Kölnern ganz recht gewesen sein. Der offensive Mittelfeldspieler Hack war bereits im Sommer 2020 das große Transferziel der Kölner, ihm lag damals ein konkretes FC-Angebot vor, doch er blieb damals beim 1. FC Nürnberg.
Moment des Spiels
Der Ausgleich zum 3:3-Endstand von Down. Diesen hatte der 19-jährige Stürmer aus spitzem Winkel und technisch äußert anspruchsvoll erzielt. Manche behaupten: Seit den Hochzeiten von Anthony Modeste hat kein Kölner Spieler mehr derart im Stile eines Torjägers getroffen. Für Downs war es das erste Bundesliga-Tor. Und für Köln – man glaubt es kaum – sogar das erste Joker-Tor der gesamten Saison.
Das sagen die Trainer
Gerardo Seoane (Borussia): „Es war ein sehr unterhaltsames Spiel mit sehr vielen Emotionen auf sehr fairem Niveau. Wir haben heute viel kreiert und sehr viele Aktionen herausgespielt, waren aber nicht sauber genug im Abschluss. Auf der anderen Seite haben wir nicht konsequent genug verteidigt und haben die Kompaktheit zwischenzeitlich verloren. Trotzdem sind wir immer wieder zurück ins Spiel gekommen und haben bis zum Schluss nach vorne gespielt. Wir sind enttäuscht, weil es uns nicht gelungen ist, den Zuschauern einen Derbysieg zu schenken. Deswegen gehen wir mit gemischten Gefühlen nach Hause.”
Timo Schultz (1. FC Köln): „Alle haben ein tolles Fußballspiel gesehen. Die meisten Zuschauer dürften glücklich nach Hause gegangen sein, weil sie ein Spektakel gesehen haben. Als Trainer wir haben aber auch einiges gesehen, was uns nicht gefallen hat. Trotzdem haben wir offensiv das beste Spiel gemacht, seit ich hier bin. Einiges haben wir richtig gut gelöst, haben drei Tore geschossen, es hätten auch noch einige mehr sein dürfen. Aber hinten haben wir zu viel zugelassen und auf den Flügeln Probleme gehabt. Das 3:3 geht in Ordnung. Es war eine Menge los, es gibt eine Menge für uns zu analysieren, was wir besser machen können – aber es war ein Schritt in die richtige Richtung und ein Punkt, den wir gerne mitnehmen.”
Das sagen wir
Es ist die ewige Frage: War es nun ein gewonnener oder ein verlorener Punkt für den 1. FC Köln? Der Gast verhinderte mit dem späten 3:3 immerhin noch die Derby-Niederlage. Die Kölner Mannschaft lebt, ihre Moral stimmt, das zeigte sie erneut. Was den Abstiegskampf angeht, konnte der FC zudem den Vorsprung auf den direkten Abstiegsplatz etwas ausbauen.
Die Kölner haben jetzt zwei Punkte mehr als Mainz. Und nicht unerheblich in der Endphase einer Saison: Mainz hat sich durch 1:8-Debakel beim FC Bayern das Torverhältnis versaut. Doch zur Wahrheit gehört auch, dass die Kölner auch mal in der Lage sein sollten, eine Führung über die Zeit zu bringen. Ob in diesem Jahr gegen Heidenheim (1:1), in Wolfsburg (1:1) oder bei der TSG Hoffenheim (1:1): Der FC gab zu oft Führungen noch aus der Hand. Die Kölner werden hoffen, dass sich das in der Endabrechnung nicht rächt.