Köln – Joachim Löw hat Wort gehalten und Jonas Hector wieder in die Nationalelf berufen. Im März hatte der Bundestrainer noch auf den Kölner Kapitän verzichtet, jedoch erklärt, Hector werde weiter „im Blickfeld“ der DFB-Auswahl bleiben. Löws Hinweis, Hector habe „seine Sache immer hervorragend gemacht“ hatte allerdings den Verdacht nahe gelegt, der Bundestrainer wolle Hector zwar freundliche Worte hinterherschicken. Dass zu seinen bislang 42 Länderspielen jedoch weitere hinzukommen könnten, davon war vor zwei Monaten nicht unbedingt auszugehen.
„Keine einfache Phase“
Am Mittwoch war Hector dann aber Teil des Aufgebots für die Qualifikationsspiele am 8. Juni in Weißrussland und drei Tage später in Mainz gegen Estland (beide 20.45 Uhr/RTL), das Löw am Mittwoch bekanntgab. Hector habe beim 1. FC Köln „keine einfache Phase“ gehabt, aber „Charakter und Mentalität bewiesen und sich eine erneute Berufung verdient“, betonte Löw.
Hector hatte in Köln unter Trainer Markus Anfang auf zahlreichen Positionen gespielt, nicht aber auf der linken Abwehrseite, wo er sich am wohlsten fühlt und wo er über Jahre Stammspieler in der Nationalmannschaft war. Löw hatte deutlich darauf hingewiesen: „In Köln spielt er häufig auf anderen Positionen und ganz, ganz wenig auf der linken Seite. Das war für mich ausschlaggebend“.
Neue Situation
Mittlerweile hat sich Hectors Situation geändert. Seit Anfangs Abschied aus Köln hat der 28-Jährige ausschließlich auf der Linksverteidiger-Position gespielt; seit dem Aufstieg hat er zudem wieder als Erstliga-Profi zu gelten. Die Kölner dürfen nun wieder stolz sein auf ihren einzigen Mann in Löws Auswahl. „Das freut mich natürlich sehr für Jonas. Er ist im letzten Jahr beim FC geblieben und hat sich dafür entschieden, mit seinem Verein in die Zweite Liga zu gehen“, sagte FC-Geschäftsführer Armin Veh. „Das ist ein ungewöhnlicher Weg für einen Nationalspieler. Umso schöner ist es, dass er nach der Rückkehr in die Bundesliga wieder mit der Nominierung belohnt wird.“
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Mit dem angeschlagenen Torhüter Manuel Neuer, aber ohne den formstarken Dortmunder Mario Götze sowie die geschonten Toni Kroos und Marc-Andre ter Stegen soll die DFB-Auswahl nach dem Prestigesieg in den Niederlanden die nächsten Schritte zur EM 2020 machen. Neuer ist nach auskurierter Wadenverletzung „zunächst“ nominiert, sagte Löw: „Bei Manu werden wir abwarten, wie der Heilungsprozess voranschreitet.“ Bei optimalem Verlauf könnte Neuer am Samstag im Pokalfinale in Berlin gegen Leipzig sein Comeback geben.
Keine Chance für Götze
Für Götze dagegen ist die Saison beendet – und wohl auch die Karriere unter Löw. Der Bundestrainer verlor am Mittwoch kein Wort über den Schützen des goldenen Tores in Rio 2014. Er habe die Leistungssteigerung des Dortmunders „registriert“, hatte er zuletzt geäußert, sehe auf Götzes Position aber andere Spieler vorn. Beim Neuaufbau in der Nationalmannschaft setze er vor allem auf „Tempo und Handlungsschnelligkeit“, betonte Löw in den vergangenen Wochen mehrfach – Götze ist ihm offenbar schlicht zu langsam.
Kroos fehlt
Kroos (muskuläre Probleme) und ter Stegen (Knie) bekommen aus gesundheitlichen Gründen eine Pause. „Mir ist wichtig, dass er zum Start in die EM-Saison wieder topfit ist“, sagte Löw über Kroos. Als dritten Torhüter neben Neuer und Kevin Trapp berief Löw Arsenals Bernd Leno.
Julian Draxler, der im März verletzungsbedingt gefehlt hatte, ist wieder dabei, Antonio Rüdiger (Knie-OP) fehlt weiterhin. „Man braucht nicht lange herumzureden: Alles andere als sechs Punkte aus diesen beiden Spielen wäre eine Enttäuschung“, sagte Löw, der beim 3:2 in Amsterdam mit seiner verjüngten Elf bereits die schwerste Hürde genommen hat. „Unterschätzen werden wir unsere Gegner auf keinen Fall“, sagte Löw, der die Favoritenrolle gern annimmt: „Wir haben die höchsten Ansprüche an uns selbst. Das macht uns keinen Druck.“
Treffpunkt Berlin
Seine verjüngte Mannschaft durchlaufe „einen spannenden Prozess“, meinte Löw. Am Freitag kommt die Nationalelf in Berlin zusammen, um die zehn Tage mit der Mannschaft zu planen. Tags darauf steht der Besuch des Pokalfinales auf dem Programm, am 3. Juni trifft sich die Auswahl im niederländischen Venlo. Bevor es in Borissow gegen die Weißrussen ernst wird, findet am 5. Juni in Aachen noch ein öffentliches Trainingsspiel statt – möglicherweise auch ein weiterer Härtetest für Spielführer Neuer. (mit sid)