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Interview mit FC-Vorstand Müller-Römer„Ich mache mir ein paar Sorgen"

Lesezeit 9 Minuten
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Stefan Müller-Römer ist bis zur kommenden Mitgliederversammlung im September kommissarischer Präsident des 1. FC Köln.

  1. Der 1. FC Köln spielt in der nächsten Saison wieder erste Bundesliga.
  2. Der kommissarische Klubchef Stefan Müller-Römer sieht aber noch einige Dinge im Verein kritisch.

Herr Müller-Römer, wie fällt Ihr Saison-Fazit aus?Stefan Müller-Römer: Der Aufstieg ist sehr erfreulich. Das war das Ziel, wir haben es erreicht. Spielerisch hat mich nicht alles vom Hocker gerissen. Da mache ich mir im Hinblick auf die Bundesliga ein paar Sorgen. Wir müssen schauen, dass wir unser Team so verstärken können, dass wir sicher die Klasse halten.

Haben Sie gefeiert?

Da bin ich gespalten. Ich habe mich gefreut, aber nicht jubiliert. Ich bin immer noch etwas verärgert darüber, dass wir überhaupt in der 2. Liga gespielt haben. Entscheidend ist, dass wir bald wieder dort spielen, wo wir eigentlich immer sein müssten: in der Bundesliga.

Hat der Verein das Beste aus der Saison gemacht?

Ich hätte mir gewünscht, dass wir noch überzeugender gespielt hätten.

War die Trennung jüngst von Trainer Markus Anfang alternativlos?

Das ist eine Entscheidung der sportlichen Geschäftsführung. Sie war zu diesem Zeitpunkt sicherlich ungewöhnlich. Aber genau diese Dinge muss man Armin Veh überlassen. Er hat es entschieden, und wir haben es akzeptiert.

Aber Sie sind doch ein „Vollamateur“? Meinte Armin Veh jedenfalls.

(lacht) Da kann ich mittlerweile gut drüber lachen. Armin Veh weiß, was er an mir hat. Dazu gehört auch, dass ich mit ihm als Sportchef relevante Sachverhalte diskutiere. Vor allem ist es meine Aufgabe als Vorstand, ihm die richtigen Fragen zu stellen, um dann zu entscheiden, ob mich die Antworten überzeugen.

Was muss sich ändern, damit der FC in der neuen Saison seine Ziele erreicht?

Wir müssen es vor allem schaffen, eine Mannschaft auf den Platz zu bringen. Das Binnenklima muss stimmen. Sie muss den Willen und auch die qualitativen Möglichkeiten besitzen, um sich gegen die in der Bundesliga im Vergleich zur zweiten Liga deutlich stärkeren Gegner zu behaupten, um möglichst viele Spiele zu gewinnen.

Sind die finanziellen Spielräume vorhanden, die Mannschaft ausreichend zu verstärken?

Wir sind nicht auf Rosen gebettet, das kann man schon klar sagen. Wir müssen sehr genau überlegen, wie wir das Geld einsetzen. Aber die Bereitschaft, etwas mehr Risiko zu gehen, um unbedingt die Klasse zu halten, ist in jedem Fall da. Denn ein neuerlicher Abstieg wäre aus meiner Sicht fatal.

Sie sind jetzt rund neun Wochen im Amt. Was haben Sie schon anpacken können?

Es wäre vermessen, von Weichenstellungen zu sprechen, weil wir in einer Übergangsphase sind. Aber ich werde meine Vorstandsaufgabe, also sorgfältig prüfen und klar entscheiden, mit maximalen Einsatz erfüllen und werde versuchen, in den sechs Monaten ein paar weitere Akzente zu setzen: Ich will das Verhältnis zur aktiven Fanszene verbessern.

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Die FC-Geschäftsführer Armin Veh (r.) und Alexander Wehrle

Und ich möchte, dass wir uns im Frauenfußball besser aufstellen. Wir müssen für die 1. Frauen-Bundesliga mehr finanzielle Mittel bereitstellen, weil ein neuerlicher Abstieg peinlich wäre und auch die Marke 1. FC Köln beschädigt. Und im Frauenfußball sprechen wir von sehr bescheidenen Mitteln. Das muss möglich sein.

Wie wollen Sie denn das Verhältnis zur aktiven Fanszene verbessern?

Indem wir wieder miteinander reden. Das ist immer der erste Schritt. Eintracht Frankfurt hat das auch geschafft. Dieses Beispiel zeigt, dass ein besseres Verhältnis möglich ist. In jedem Fall muss der Verein allen Fans, nicht nur der Kurve, den Eindruck vermitteln, dass er sich für sie einsetzt. Dass alle Fan-Interessen dem Kommerzgedanken untergeordnet werden, darf nicht sein.

Wie beurteilen Sie bisher die Zusammenarbeit im Vorstand und mit der Geschäftsführung?

Interessant.

Das heißt?

Langweilig wird es definitiv nicht.

Konkreter, bitte…

Ich beantworte es grundsätzlicher: Wenn wir in Zukunft dauerhaft Erfolg haben wollen, ist es essenziell, eine ausgeprägte Identität zu entwickeln und mehr Stabilität in den Klub zu bringen. Dazu gehört auch, dass Regeln und Abläufe im Klub von allen Beteiligten eingehalten werden müssen.

Gehören dazu auch Wechsel in Vorstand oder Geschäftsführung?

Ein Wechsel in Vorstand oder Geschäftsführung darf nicht dazu führen, dass gleich alles zusammenbricht. Wir müssen aufhören, in erfolgreichen Zeiten von Heiligen und in weniger erfolgreichen von Teufeln zu sprechen. Das Schwarz-Weiß-Denken im Fußball ist grotesk. Ein Wechsel sollte wie in jedem normalen Unternehmen ein normaler Vorgang sein. Es geht einzig um das Wohl und den Erfolg des Vereins, dem es im Zweifel gut tut, wenn von Zeit zu Zeit das Führungspersonal wechselt, weil das meistens neuen Schwung bringt.

Wie haben Sie den Abschied von Präsident Werner Spinner empfunden? Ist es nicht ironisch, dass gerade Sie, sein vermeintlich größter Gegenspieler der vergangenen Jahre, da gar nicht beteiligt waren?

Ich hätte ihm einen besseren Abgang gewünscht. Ich weiß, mit welchem Einsatz er sein Amt ausgefüllt hat und weiß das zu schätzen - auch wenn wir öfters anderer Meinung waren. Ich respektiere seine Leistung für unseren Verein.

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Stefan Müller-Römer mit Werner Spinner (r.), der von 2012 bis März 2019 Präsident des 1. FC Köln war.

Wir verstehen uns übrigens aktuell wieder ganz gut. Werner Spinner hat die Geschäfte sehr professionell an mich übergeben. Er hat losgelassen und ist dem Klub trotzdem nach wie vor verbunden. So sollte es immer ablaufen, wenn jemand geht.

Wir beurteilen Sie die Umstände der Trennung?

Die sehe ich nach wie vor sehr kritisch. Wenn eine vorstandsinterne Nachricht, in der es konkret um die Geschäftsführung geht, an diese durchgesteckt wird, ist ein Vertrauensbruch. Da kann ich den Ärger und die Enttäuschung von Werner Spinner verstehen.

Konsequenzen hatte es aber nur für Werner Spinner.

Richtig. Das sind die komischen Bräuche im Fußballgeschäft. In jedem anderen Unternehmen hätte das andere Konsequenzen nach sich gezogen.

Die Attacke in Richtung Spinner startete nach dem Ingolstadt-Spiel Armin Veh. Also hätte es Konsequenzen für ihn geben müssen?

Wir haben uns intern anders entschieden. Festgehalten werden muss, dass es nicht Armin Veh war, der die Nachricht weitergegeben hat.

Der Vertrag von Armin Veh läuft 2020 aus. Wie geht es da weiter?

Wir haben die spezielle Situation, dass im September ein neuer Vorstand gewählt werden soll. Der künftige Vorstand hat dann genug Zeit, sich dazu Gedanken zu machen.

Am Dienstag hat sich das vom Mitgliederrat vorgeschlagene neue Vorstands-Trio der Öffentlichkeit präsentiert. Ihre Meinung?

Das Team ist gut und überzeugt mich. Die drei Personen sind in der Lage, notwendige Reformen vorzunehmen.

Was glauben Sie, was Toni Schumacher und Markus Ritterbach vorhaben?

Das weiß ich nicht.

Beide vermitteln den Eindruck, als wären sie aus allen Wolken gefallen, dass sie dem vorgeschlagenen Team nicht mehr angehören.

Dazu hat der Mitgliederrat schon etwas gesagt. Es gab ja belegbar hinreichend Gesprächsversuche und am Ende auch Gespräche, so dass sie nicht aus allen Wolken gefallen sein können.

Ein Kritikpunkt ist, dass es angeblich im vorgeschlagenen Vorstandstrio zu wenig Sportkompetenz gibt.

Dafür soll doch ein Kompetenzteam Sport gebildet werden. Es macht Sinn, dass sich der Vorstand Rat einholt, um mit der Geschäftsführung auf Augenhöhe diskutieren zu können. Der Vorstand ist übrigens nicht dazu da, um die sportlichen Entscheidungen zu treffen, sondern er muss klassische Unternehmensführung betreiben.

Das vom Mitgliederrat vorgeschlagene Vorstandstrio hat deutlich gemacht, dass der FC auch in Zukunft keine Vereinsanteile verkaufen will. Ist das noch zeitgemäß, um konkurrenzfähig zu sein?

Das Thema kann man den ganzen Tag lang kontrovers diskutieren. Ich stehe einer Investorenbeteiligung sehr kritisch gegenüber und teile die Meinung des Trios. Es gibt da viele Negativbeispiele. Die Investoren wollen natürlich immer mitreden – was ja auch verständlich ist, wenn man viel Geld in den Verein pumpt. Dass bei einem Nein zu einer Investorenbeteiligung der Zukunftsweg verbaut ist, sehe ich nicht so. Es gibt ganz viele Faktoren, die das beeinflussen. Es kommt natürlich auch darauf an, in welche Richtung sich der Fußball insgesamt entwickelt. Ich wage es zu bezweifeln, dass die Kommerzialisierung in dem hohen Maße weiter fortschreiten kann und wird. Denn man merkt gerade, dass man dabei ist, die Fans zu verlieren. Beim FC gibt es noch eine Menge Möglichkeiten in der Unternehmenssteuerung, wo wir uns Gedanken machen können, um weitere Erlöse zu erwirtschaften. Unser Anspruch ist es, in jedem Fall konkurrenzfähig zu sein – mittelfristig auf vordere Plätze in der Bundesliga gerichtet. Wir haben hier einen sehr guten Standort und vor allem einen tollen Klub. Ergo: Wir müssen mehr daraus machen. Zweite Liga darf man mit diesem Klub eigentlich nicht mehr spielen. Um so wichtiger ist die schwierige nächste Saison.

Ist der Stadionausbau ein Kernthema, um weiter zu wachsen?

Auch da muss man gucken, wie sich das Zuschauerinteresse entwickelt. Das muss man vorsichtig betrachten. Die Situation, dass ein Stadion ausverkauft ist und es deutlich schwieriger ist, an Karten zu kommen, ist wünschenswerter als eine, in der man ganz leicht an Tickets kommt. Verknappung ist an der Stelle nicht schlecht. Wir müssen das alles sehr sorgfältig planen. Wir können das Stadion ohnehin nicht an der Stadt Köln vorbei planen, wir müssen es gemeinsam machen. Wir werden am Stadion etwas verändern müssen, das ist klar, weil es 15 Jahre alt ist.

Zu Ihnen: Früher hatten Sie den ehemaligen Präsidenten Wolfgang Overath kritisiert und herausgefordert, jetzt sind Sie selbst kommissarischer Präsident des 1. FC Köln. Fühlen Sie sich am Ziel?

Das war nie mein Ziel. Schon früher wollte ich vielmehr mithelfen, etwas im Klub so zu verändern, damit wir wieder dauerhaft mehr Erfolg haben. Wir haben dann ja auch mit dem Wechsel des Overath-Präsidiums zu dem von Werner Spinner und der neuen Satzung einen Schritt nach vorne gemacht und mehr Transparenz und Kontrolle geschaffen. Wir haben uns dann auch nach oben entwickelt, bis dann leider einiges schiefgelaufen ist. Jetzt müssen wir den nächsten Schritt machen.

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Denn ich will mich nicht damit abfinden, dass unser Verein letztmals dauerhaft erfolgreich war, als ich ein Jugendlicher war. Das tut mir tatsächlich weh und bringt mir so viel Motivation, um mich so intensiv zu engagieren. Ich möchte Erfolg und dass wir wieder eine echte Marke werden – auch international. Dafür müssen wir aber noch ein paar strukturelle Schritte gehen.

Im September kehren Sie wieder an die Spitze des Mitgliederrats zurück. Reizt es Sie denn nicht, auch mal dauerhaft Präsident des 1. FC Köln zu sein?

Ich habe keine festen Pläne. Als Funktionär ist man nur ein Diener auf Zeit. Als solcher sehe ich mich auch.

Viele Leute rund um den FC kennen Sie seit Jahren, aber seit März stehen Sie deutlich mehr im Rampenlicht. Es ist dann schwierig für Sie, wieder in die zweite Reihe zu treten?

Nein, überhaupt nicht. Es ist in der Tat im Moment sehr anstrengend, so intensiv hatte ich es mir nicht vorgestellt. Vor allem die Zeit, die man am Telefon verbringt, ist extrem. Das sind locker vier Stunden am Tag. Da fällt es mir auch schwer, meinem normalen Job als Anwalt nachzugehen. Deshalb sitze ich oft bis tief in der Nacht im Büro. Ich habe daher kein Problem, wieder einen Schritt zurück zu gehen.

Eine Frage zum Abschluss muss erlaubt sein: Die langen Haare bleiben dran?

(lacht). Die bleiben dran. So lange jedenfalls, wie es mir gefällt. Ich kann aber auch nicht leugnen: Der Zahn der Zeit nagt auch an mir, und meine Geheimratsecken werden größer – was mich ein bisschen ärgert. Wenn ich nur noch einen Irokesenstreifen auf dem Kopf habe, dann wird es kritisch. Dann muss ich neu überlegen.