Der Trainer des 1. FC Köln sieht beim 3:1-Sieg in der Veltins-Arena, wie die Mannschaft weiter zusammenwächst – und seine Spielphilosophie umsetzt.
Offensiv, hart und pragmatischDiese Statistiken zeigen Strubers Handschrift beim 1. FC Köln
Vom glorreichen FC Schalke 04 der auch jüngeren Vergangenheit mag derzeit nicht viel übrig sein. Dennoch finden die Spiele in der Veltins-Arena weiterhin vor großer Kulisse statt. Das 3:1 des 1. FC Köln vor 60.000 Zuschauern in Gelsenkirchen sah angesichts des Rahmens vielleicht größer aus, als es war. Doch war es für den Bundesliga-Absteiger die ideale Gelegenheit, die Schrecken der letzten Saison weiter abzuschütteln.
Er habe die Umstände zwar grundsätzlich ausgeblendet, sagte Damion Downs später. Zwischendurch habe er aber doch den einen oder anderen Blick auf die Ränge gewagt. „Wenn man dann hochschaut, macht das schon sehr viel Spaß“, räumte der 20-Jährige ein, der mit einem Tor und einer Vorlage seinen bislang besten Tag der Saison erlebt hatte. Der Spaß am Spiel ist zurück – auch das ist in diesen Tagen Teil der Entwicklung beim FC.
Sieg des 1. FC Köln gegen Schalke gibt den Spielverlauf wieder
Das 3:1 gab den Spielverlauf angemessen wieder. Zweimal waren knappe Abseitsentscheidungen zugunsten der Kölner ausgefallen. Ein Schalker Tor war annulliert, eines für Köln gegeben worden, jeweils zurecht. Mit Glück hatte das wenig zu tun, im Gegenteil soll der Video-Assistent in seinen besten Momenten dafür sorgen, dass Mannschaften weniger vom Faktor Glück abhängig sind, um zu ihrem Recht zu kommen.
Entsprechend selbstbewusst ging Gerhard Struber mit dem souveränen Spiel vor großer Kulisse um. Seine Mannschaft habe „in den richtigen Momenten die Balance gehabt, die Tore zu machen. Uns hat in den letzten Wochen gefehlt, aus den Umschaltsituationen den Benefit zu ziehen“, beschrieb er.
Struber: Zufrieden, aber nicht euphorisch
Der Trainer wirkte zufrieden, aber nicht euphorisch. Wie einer, dessen Plan aufgegangen war. Etwa beim vorentscheidenden dritten Treffer, dem eine atemberaubende Kombination vorausgegangen war. Struber sprach von „Abläufen, die wir viel trainieren und in die wir viel Energie geben“ und stellte fest: „Man sieht jetzt, wie die Dinge ineinandergreifen.“
Tatsächlich ist mittlerweile deutlich erkennbar, welchen Ansatz Struber verfolgt. Zunächst einmal sorgen die Kölner dafür, dass das Spiel überwiegend dort stattfindet, wo sie es haben wollen: weit weg vom eigenen Tor. Nach vier Partien ist der FC die Mannschaft mit den wenigsten Ballkontakten im eigenen Drittel des Spielfeldes – und die mit den meisten Aktionen im Angriffsdrittel. Keine Mannschaft im Unterhaus spielt mehr Pässe als die Kölner, zu deren Spielprinzip gehört, den einfachen Weg zum Tor zu suchen. Das funktioniert immer besser. Auch nach dem vierten Spieltag ist Köln die Mannschaft mit den meisten Schüssen. Der Flankenfokus der vergangenen Jahre geht weiter zurück. Die Bälle in den Strafraum kommen aus den Halb-Positionen, was ihnen eine Richtung zum Tor gibt. Das ist Gold für jeden Stürmer und eine Erklärung für die hohe Zahl an Abschlüssen.
Zwar entwickelt im Fußball jedes System eine gewisse Schönheit, wenn es konsequent und erfolgreich gespielt wird. Doch die Kölner bewerben sich bei aller Angriffswucht bislang nur bedingt um einen Schönheitspreis. Eher pflegen sie einen pragmatischen Stil und verlassen sich auf ihr Kombinationstempo.
Thielmanns brillante Vorarbeit, die nicht ganz so gewollt war
Jan Thielmann vor dem 2:0 etwa lieferte ein gutes Beispiel dafür. Sein Steilpass vom eigenen Strafraumeck leitete einen Konter ein, den Downs und letztlich Maina zu Ende spielten und der aussah wie einstudiert. Doch Thielmann selbst gab später zu, den Ball eher grob in die Richtung seiner startenden Kollegen gespielt zu haben. Auch das gehört zur Kölner Strategie: Ab nach vorn – auch auf die Gefahr hin, dass ein Ball nicht ankommt. Die Kölner Passquote liegt bei 80,6 Prozent. Ein ordentlicher, für eine Spitzenmannschaft jedoch kein herausragender Wert. Fünf Mannschaften in der zweiten Liga spielen genauer.
Allerdings ist auch nur eine Mannschaft besser als Köln, wenn es darum geht, verlorene Bälle umgehend zurückzuerobern: Der FC Magdeburg, der in vielen Statistiken erstaunlich weit vorn auftaucht. Offenbar ist der vierte Platz der Sachsen-Anhaltiner nach dem vierten Spieltag kein Zufall. Einen Punkt liegt die Mannschaft von Trainer Christian Titz derzeit vor den Kölnern. Nach der Länderspielpause erwartet die FC-Fans also ein interessantes Spiel, wenn am 14. September (Samstagabend, 20.30 Uhr) die Magdeburger in Müngersdorf gastieren.
Dass Struber und sein Team nicht für die Galerie spielen, zeigt sich auch in einer anderen Statistik: Die Kölner haben die zweitmeisten Fouls der Liga begangen, auch in der Kartenstatistik belegen sie einen vorderen Platz. Gleichzeitig schützt sie ihr enormes Kombinationstempo offenbar vor dem Zugriff des Gegners: Keine Mannschaft wurde seltener gefoult als der FC.
Nach fünf Pflichtspielen ist eine Handschrift des neuen Trainers also bereits deutlich zu erkennen. Vor allem wächst das Vertrauen der Spieler in den Plan.
Zwar erlebten die Kölner auch in der Veltins-Arena Momente, in denen sie scheinbar die Kontrolle verloren. Doch blieben sie diesmal bei sich – trotz der 60.000 im Stadion. Das fand auch Gerhard Struber. „Wir sind stabil geblieben, auch wenn wir heute sehr jung unterwegs gewesen sind. Es war ein verdienter Sieg.“