Pokal-Aus in der AnalyseDer 1. FC Köln rutscht immer tiefer in die Krise

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FC-Trainer Steffen Baumgart lässt nach der Niederlage im DFB-Pokal die Schultern hängen.

FC-Trainer Steffen Baumgart lässt nach der Niederlage im DFB-Pokal die Schultern hängen.

Wieder einmal muss der 1. FC Köln den Traum von Berlin bereits frühzeitig begraben.

Auch an Halloween fand der Kölner Grusel kein Ende. Der FC bekam vom klassentieferen 1. FC Kaiserslautern erst einen riesigen Schrecken eingejagt, wachte dann nach einem 0:3-Rückstand endlich auf und wäre beinahe noch aus der Gruft gestiegen. Doch am Ende stand die Mannschaft von Trainer Steffen Baumgart wieder mit leeren Händen da und kassierte den nächsten Tiefschlag. Der Bundesligist schied nach einer 2:3-Niederlage in der zweiten Pokalrunde beim Zweitliga-Sechsten 1. FC Kaiserslautern aus. Und rutscht immer tiefer in die Krise.

Wieder einmal müssen die Kölner den Traum von Berlin bereits frühzeitig begraben. Und zum dritten Mal in Folge ist der FC in der Ära von Steffen Baumgart gegen einen klassentieferen Gegner aus dem Pokal ausgeschieden. Nach Niederlagen gegen den HSV und Regensburg verlor der FC auch beim Traditionsklub aus der Pfalz. Der chronisch klamme Verein kann sich zudem weitere Einnahmen abschreiben, 862.400 Euro hätte es nur an Prämien für den Einzug in die dritte Pokalrunde gegeben.

Steffen Baumgart: „Der Druck kommt eher von außen als von innen“

Entsprechend bedient waren die Kölner nach dem Spiel, das am Ende noch zum packenden Pokalfight wurde. „Wenn man drei Gegentore bekommt, dann ist ein Fußballspiel meistens gelaufen. Die letzten 25 Minuten haben wir mit Jan Thielmann und Mark Uth noch einmal aufgedreht, aber insgesamt gesehen sind wir in einer Scheiß-Situation. Die macht es aber auch nicht besser, wenn ich einen Scheiß erzähle“, sagte Baumgart und fügte an: „Ist doch klar, dass gerade keine Zufriedenheit da sein kann nach den letzten Monaten“, sagte der Coach. Die Rückendeckung der sportlichen Führung verspürt er allerdings: „Meine Situation hat sich nicht verändert. Wir sind klar im Umgang. Der Druck kommt eher von außen als von innen.“

„Die Hölle ist leer, alle Teufel sind hier.“ Spätestens bei der Verkündung der Aufstellung des Gastgebers hätte jeder Kölner begreifen müssen, dass ein Flutlichtspiel vor ausverkauften Rängen (49.327 Zuschauer) auf dem Betzenberg, der legendären Heimstätte, eine ganz besondere Erfahrung sind. Über neun Jahre hatte die Kölner nicht mehr beim 1. FC Kaiserslautern gespielt, letztmals war dies im März 2014 in der 2. Bundesliga der Fall.

FC-Trainer Baumgart wechselte seine Startelf nur auf einer Position

Nach dem fußballerischen Offenbarungseid beim 0:6 in Leipzig hatte Baumgart seine Mannschaft am Montagvormittag wie noch nie zuvor in seiner FC-Amtszeit in die Pflicht genommen. Baumgarts Wortmeldung war nicht nur eine klare Ansage; der Coach hatte zudem die Mentalitätsfrage gestellt, die Körpersprache seiner Spieler angeprangert.

Da war es dann doch etwas überraschend, dass der 51-Jährige seine Startelf im Vergleich zum Untergang in Sachsen nur auf einer Position veränderte. Gezwungenermaßen, denn Rasmus Carstensen hatte sich krank abgemeldet. Für ihn kehrte wieder Benno Schmitz auf seine angestammte Position hinten rechts zurück.

Die Spieler, die ihn Leipzig so bitter enttäuscht hatten, sollten also Wiedergutmachung betreiben und es richten, das war jedenfalls Baumgarts Hoffnung. Doch die erfüllte sich nicht. Der Negativlauf in der Liga hat seine Spuren bei den Kölner Spielern hinterlassen. Sie wirkten verunsichert.

Der 1. FC Köln half einem spielerisch limitierten Gegner in Spiel

Lautern überließ den Kölnern zu Beginn den Ball. Doch die machten nur selten was draus. Früh in der fünften Minute zum Beispiel: Maina holte eine Ecke raus, Paqarada trat diese – und Hübers kam unbedrängt zum Kopfball, bekam den Ball aber nicht gedrückt. Und wieder einmal half der FC dem kampfstarken Gegner.

Davie Selke verlor ganz schwach den Ball. Lautern schaltete sofort um. Ritter spielte eine starken Pass in die Tiefe auf Richmond Tachie. Der Stürmer zog nach innen, die Kölner griffen überhaupt nicht an. Tachie zog ab, seinen Rechtsschuss fälschte Timo Hübers unhaltbar für FC-Torhüter Schwäbe ab – 1:0 für Lautern (19.).

FC-Leihgabe Nikola Soldo jubelt mit FCK-Torschütze Richmond Tachie nach dessen Tor zum 1:0.

FC-Leihgabe Nikola Soldo jubelt mit FCK-Torschütze Richmond Tachie nach dessen Tor zum 1:0.

In der „Hölle“ wurde es jetzt noch lauter. Und wieder hätten sich die Kölner fast aus dem Nichts durch einen individuellen Fehler ein weiteres Tor gefangen. Dejan Ljubicic spielte in der eigenen Hälfte einen schlimmen Pass fast in den Fuß von Lauterns Sturmtank Boyd, dem danach aber das Timing bei seinem Heber fehlte.

Fortan dominierte auf beiden Seiten weiter der Kampf, das Spiel indes war zerfahren. Der FC fand einfach keine Lösungen gegen das Defensiv-Bollwerk der Gastgeber, die durch Boyd kurz vor der Pause sogar die Chance zum 2:0 besaßen.

Köln fand lange keine Lösungen gegen FCK-Bollwerk

Das fiel dann allerdings kurz nach dem Wiederanpfiff. Erneut war es Marlon Ritter, der das Spiel perfekt auf die linke Seite verlagerte, die allerdings komplett verwaist war. Redondo hatte ungemein viel Platz, aber keinen Benno Schmitz vor sich und traf flach ins rechte Eck zum 2:0 (47.). Der FC hatte beinahe die direkte Antwort parat, doch Linton Maina traf nur die Latte.

Das war Pech, das 0:3 dann wieder Unvermögen. Hübers konnte Tachie nicht halten und nur mit einem Foul in gefährlicher Zone stoppen und war mit Gelb gut bedient. Den fälligen Freistoß verwandelte der Mann des Abends, Marlon Ritter, mit rechts in die Torwartecke (65.).

Endlich zeigte der 1. FC Köln Moral

0:3 bei einem Zweitligisten: Welch ein Debakel. Und endlich, endlich zeigten die Kölner zumindest Moral. Und es entwickelte sich noch ein packender Pokal-Abend auf dem Betze. Der soeben erst für Maina eingewechselte Jan Thielmann, der nach seiner monatelangen Verletzungspause erstmals überhaupt im Profi-Kader stand, holte erst einen Freistoß selbst heraus. Und traf dann selbst, nachdem Kainz den Ball scharf an den Pfosten gebracht hatte.

Kam, traf, aber es reichte nicht zum Sieg: Jan Thielmann jubelt nach seinem Tor zum 1:3.

Kam, traf, aber es reichte nicht zum Sieg: Jan Thielmann jubelt nach seinem Tor zum 1:3.

Und es wurde wild: Der bereits verwarnte und gerade erst ausgewechselte Martel beschwerte sich auf der Bank lautstark und sah die Ampelkarte. Doch der FC kam in Unterzahl noch einmal zurück: Schmitz setzte sich gegen zwei Lauterer durch und flankte an den Fünfer. Der ebenfalls erst gerade eingewechselte Mark Uth stieg hoch und traf per Kopf ins linke Eck. Nur noch 2:3 – es wurde hoch spannend.

Die Kölner forderten in der Nachspielzeit einen Elfmeter, nachdem der Lauterns Torwart und Ex-Kölner Julian Krahl den eingewechselten Steffen Tigges beim Nachfassen umgerissen hatte, doch der Pfiff blieb aus. Und die Kölner sind somit raus.

Viel macht nicht Hoffnung, aber deutlich wurde, dass bei den Kölnern nach der Einwechslung von Mark Uth und Jan Thielmann auf einmal viel mehr Zug und Qualität im Spiel war. Das sah auch Baumgart so: „Dass die beiden zurück sind, das macht mir wirklich Hoffnung. Hoffen wir, dass sie auch gesund bleiben und ihre Leistung stabilisieren können. Beide gehen vorneweg, sie waren der Faktor in den letzten 25 Minuten.“ Doch der hatte nicht gereicht.

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