Sie fieberten mit, hofften bis zur letzten Minute - doch am Ende vergebens. So erlebten die Fans den siebten FC-Abstieg. Eine Fan-Reportage
Hoffnung, Frust und TränenSo erlebten die Fans das Abstiegsdrama des 1. FC Köln
Pünktlich um 15:30 Uhr sind die Blicke der dicht gedrängt stehenden Köln-Fans gespannt auf den Fernseher gerichtet. Zum Saisonfinale wurden ein letztes Mal die rot-weißen Trikots, Hüte und Schals aus dem Schrank geholt, um die spannende Entscheidung um den Klassenerhalt live zu verfolgen. Kölns Kneipen waren durchweg voll, die Stimmung weitestgehend eher gemischt. „Wenn man so will, kann noch einiges passieren heute”, Brigitte sitzt bereits weit vor Anpfiff mit ihrem Stammtisch bereit.
Seit vielen Jahren sind sie und ihre Freunde große Fans des 1. FC Köln und verfolgen jedes Spiel. Ob es am Samstag tatsächlich noch Hoffnung für den „Effzeh” gibt, sehen auch sie allerdings eher rational. „Selbst wenn wir heute gewinnen, geht’s in die Relegation gegen Düsseldorf. Da würde also noch ein gutes Stück Arbeit auf uns zukommen”, heißt es aus der Runde.
Siebter Abstieg des 1. FC Köln: „Viele falsche Entscheidungen“
Auch bei den jungen Fans bleibt man zuversichtlich. Lars und Julian sind mit der Liebe für den FC quasi auf die Welt gekommen. „Schon als wir noch ganz klein waren hatte unsere Mutter eine Dauerkarte fürs Stadion in Köln. Unser Vater ist zwar Gladbach-Fan aber bis heute muss er einfach damit leben, dass wir uns für Köln entschieden haben”, erzählt Julian. Egal, wie es für die Mannschaft ausgehen sollte, schlägt das Herz der beiden weiter für ihren Lieblings-FC. Gemeinsam mit den anderen Fans, die sich am Samstagnachmittag in der Kneipe zusammengefunden haben, stimmen sie mit ein und befeuern ihr Team: „Auf geht’s Köln, schieß ein Tor…”
Der 0:3-Rückstand der ersten Hälfte hat die Fans mächtig aufgewühlt. Ein paar wenige haben bereits nach dem ersten Tor von Heidenheim den Heimweg angetreten, während wieder andere, die Hände vor dem Gesicht zusammenschlagend, standhaft bleiben. Nicole ist mit ihren beiden Töchtern Nina und Finja bei jedem Spiel hautnah dabei.
Der schnelle Rückstand des 1. FC Köln sei zwar enttäuschend, aber nicht anders zu erwarten gewesen. „Da sind viele falsche Entscheidungen getroffen worden. Und meistens war es auch kein gutes Zeichen, wenn wir zu optimistisch in ein Spiel gegangen sind – wie dieses Mal auch”, meint Nicole, während Tochter Nina ergänzt: „Wir sind in einem Teufelskreis gefangen. Alle sechs Jahre steigen wir ab. Das letzte Mal war 2018. Der Kreislauf hat sich wiederholt”.
Als die Kellnerin vorbeikommt, bestellt die Familientruppe die nächste Runde. Den Humor ließen sie sich nicht nehmen, beteuert Nicole mit einem bleibenden Lachen im Gesicht. Ohne Optimismus und Zuversicht sei im Fußball nichts zu holen, auch wenn Niederlagen immer wieder dazugehören und die Spannung ausmachten.
Auch der Glücksbringer hilft nicht
Einen letzten Versuch startete Kneipenbesitzer Sascha mit dem Drehen des Windspiels, das er als Glücksbringer für den FC Köln über seinem Tresen angebracht hat. Läuft es nicht gut für die Mannschaft, soll die Rotation des goldenen Balls neuen Schwung ins Spiel bringen. Zusammen mit seiner Tochter, die fleißig beim Bierzapfen hilft, drückt der Wirt die Daumen für seine Herzensmannschaft und startet mit seinen Gästen zuversichtlich in die zweite Hälfte des turbulenten Spiels.
Nach dem 4:1 kurz vor der 90. Minute, hat ein großer Teil der Köln-Fans ihr Schicksal akzeptiert. Von draußen schallt es resignierende Gesänge an die Kneipentische: „Eine neue Liga ist wie ein neues Leben”, singen zwei Männerchöre im Kanon.
„Ich habe gegen Köln getippt“
Norbert ist einer der wenigen, die vielleicht mit zumindest halb gutem Gefühl aus der Niederlage des letzten Spieltags gehen können: „Ich habe gegen Köln getippt. Ich stehe bis heute auf Platz Eins und hab den Platz einfach nicht riskieren dürfen.“ Und auch, wenn sich die Enttäuschung im Allgemeinen etwas breiter macht als die anfängliche Hoffnung bringt Michael vom Stammtisch „Die Knobelböcke“ eine sehr rationale Sicht auf das Ergebnis auf den Punkt: „So wie heute gespielt wurde, hätten wir uns den Klassenerhalt gar nicht verdient. Wir sammeln jetzt Kraft und kommen bei der nächsten Chance wieder voller Energie zurück.“
Gemeinsam verabschieden die FC-Fans ihre Mannschaft mit der altbekannten Hymne von den Höhnern und strecken ein letztes Mal ihre Schals in die Höhe.